Siegen. Ein Streit eskaliert am Bahnübergang Siegen-Weidenau, ein 22-Jähriger soll zugestochen, einen Mann schwer verletzt haben. Jetzt läuft der Prozess am Landgericht.
Das Messer prallte an einer Rippe ab. Wäre das nicht passiert, würde es vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Siegen nun möglicherweise nicht um versuchten Totschlag gehen, sondern um Totschlag. Ein 22-Jähriger soll im vergangenen Sommer nach einem eskalierten Streit in Weidenau drei Mal auf das Opfer eingestochen haben. Der 37-Jährige brach schließlich schwerverletzt zusammen, überlebte aber.
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Hätte die Rippe die Attacke nicht abgeleitet, hätte die Klinge die Lunge perforiert. So steht es in der Anklage, die am Dienstag, 19. November, vor Gericht verlesen wird. Mutmaßlicher Täter und Geschädigter seien beide dem Obdachlosen-Milieu zuzurechnen, hatte es kurz nach dem Vorfall geheißen, auf Fotos vom Tatort waren etliche leere Bierdosen zu sehen. Der 22-Jährige, der nach dem Angriff festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt wurde und seitdem in der Justizvollzugsanstalt in Attendorn untergebracht ist, wirkt gepflegt und ruhig, antwortet knapp, aber höflich auf die wenigen Fragen zu seiner Person, die ihm am Mittwochvormittag von der Vorsitzenden Richterin Elfriede Dreisbach gestellt werden.
Siegen: Auf eine Beleidigung folgen Schläge – und dann ein gefährlicher Angriff mit dem Messer
Mit einer Äußerung des Geschädigten soll die Auseinandersetzung in dem kleinen Grünstreifen an der Straße „Auf den Hütten“ am 18. Juni begonnen haben – irgendetwas über die Mutter des 22-Jährigen, das diesen offenbar wütend machte. Es kam zu einer Prügelei, der jüngere soll den älteren gegen den Kopf geschlagen und danach trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht von ihm abgelassen haben. Ein Zeuge sei laut Anklageschrift dazwischengegangen, um zu schlichten. Als dieser Mann sich schließlich ab wand, soll der Angeklagte zu seinem Rucksack gegangen sein, diesen auf den Boden entleert und ein Klappmesser zur Hand genommen, seinen Kontrahenten damit malträtiert haben. Der Zeuge schritt abermals ein. Er konnte die Angriffe unterbinden, doch das Opfer brach kurz darauf an einer Parkbank zusammen.
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Nach Angaben seines Verteidigers wird sich der Angeklagte zum Geschehen äußern. Ein Sachverständiger wird ebenfalls gehört. Fortgesetzt wird am Mittwoch, 20. November. Einschließlich Urteilsverkündung am 16. Dezember sind danach noch drei Fortsetzungstermine anberaumt.
Messergewalt in Siegen: Mehrere Attacken innerhalb weniger Monate
Der Fall hatte auch deshalb öffentlich viel Beachtung gefunden, weil es sich um einen von sechs Messer-Angriffen in Siegen binnen dreier Monate handelte. Messergewalt ist in der jüngeren Vergangenheit deutschlandweit zunehmend als Problem in den Fokus gerückt. Die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein beteiligt sich derzeit an der Nordrhein-Westfälischen Präventionskampagne „Besser ohne Messer“, am Hauptbahnhof Siegen gilt darüber hinaus seit dem 15. November ein Verbot zum Mitführen gefährlicher Gegenstände. Die dem zugrundeliegende Allgemeinverfügung gilt bis zum 23. Dezember an insgesamt 26 Bahnhöfen in NRW und soll mittels verstärkter Kontrollen seitens der Bundespolizei durchgesetzt werden. Dies soll insbesondere der Sicherheit auf Weihnachtsmärkten und in den bedingt durch das Weihnachtsgeschäft volleren Innenstädten dienen. Veranstaltungen mit viel Publikumsverkehr werden seit einigen Jahren von immer intensiveren Sicherheitsmaßnahmen flankiert, unter anderem Terrorsperren auf Zufahrtswegen.
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Auch im Kontext des jüngsten Siegener Stadtfestes war es zu einem Messerangriff gekommen: Eine 32-Jährige hatte in einem Bus Richtung Innenstadt sechs Menschen teils schwer verletzt.
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