Hilchenbach. Die Aussichten für ein Gewerbegebiet an der Dirt-Bike-Anlage werden plötzlich gut. Ein Investor will die erforderliche Ferndorfbrücke mitbezahlen.
Wenn Hilchenbach Standorte für neue Gewerbegebiete sucht, fallen die Stichworte „Insbach“ und „Lützeler Heide“. Daran hat sich erst etwas geändert, als die Industrie- und Handelskammer (IHK) ihrerseits auf die Suche ging. Eine der Neuentdeckungen war ein 18 Hektar großer Bereich oberhalb der Rothenberger Straße, der sich vom Sportplatz aus in Richtung Brachthausen erstreckt: Der Rat lehnte im Februar mit knapper Mehrheit ab, als er über die Vorgaben für den neuen Flächennutzungsplan beschloss. Ein 2,4 Hektar kleines Gebiet im Ferndorftal, über das bis dahin niemand gesprochen hatte, rückte dagegen ins Blickfeld: der Bereich östlich der Dirt-Bike-Anlage am Mühlenweg, der sich bis nach Haarhausen erstreckt.
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Strom von Windrädern aus Kirchhundem soll in Hilchenbach eingespeist werden
„Das könnte interessant werden“, sagte Baudezernent Michael Kleber jetzt im Infrastrukturausschuss. Denn es gibt Druck von außen: Die Firma Volkswind, Betreiber von Windenenergieanlagen, möchte genau hier ihren Strom ins Netz einspeisen, der von fünf auf Kirchhundemer Gebiet geplanten Windrädern erzeugt wird. Dazu muss neben die bestehende Umspannanlage eine neue gebaut werden, auf einer Fläche von etwa 30 bis 30 Metern. Abgesehen davon, dass auch der Strom aus den neuen in Hilchenbach geplanten Windparks („Rothaarwind 2“ und irgendwann vielleicht sogar „Rothaarwind 3“) einen Weg zum Verbraucher benötigt: Der Betreiber, so Kleber, „wird sich an den Erschließungskosten nicht unerheblich beteiligen“. Und damit die Brücke über die Ferndorf mitbezahlen, ohne die das neue Gewerbegebiet nicht möglich ist – und weshalb die Stadt bisher den Standort auch nicht auf ihrer Liste hatte. Dabei, so der Baudezernent, biete sich die Fläche an: „Alles potteben.“
In der Politik war der Standort umstritten, vor allem, weil der Bestand der Dirt-Bike-Anlage gefährdet scheint. Dagegen steht die Zusage des Bürgermeisters, einen Ersatz-Standort zu finden, wenn der von mehreren Generationen Jugendlichen erkämpfte „Skaterpark“ (das war er am Anfang) nicht erhalten bleiben kann. Auch im „Steckbrief“der IHK-Suche wird „G-HIL/AL-04-.FNP“, so das von den Planern verwendete Kürzel, nur als „bedingt geeignet“ eingestuft: Der Bau der Brücke werde teuer, das Gebiet liege im Überschwemmungsbereich der Ferndorf. „Im Bereich der Dirt-Bike-Anlage sind zudem großflächige Bombardierungsbereiche bekannt, hier müsste eine entsprechende Sondierung stattfinden.“ Auch die Denkmalpflege hat sich gemeldet: An der Ferndorf stand eine Lohmühle, deren Relikte und auch etwaige Mühlengräben könnten noch vorhanden sein. Im Umweltbericht wird die Fläche mit einem „hohen Konfliktpotenzial“ bewertet. Grünland mit hohem Biotopwert („weitgehend ungestörte und schutzwürdige Böden“) werde in Anspruch genommen.
Schwere Bedenken gegen die anderen Gewerbe-Standorte
Dass die Stadt nun dennoch auf ein Gewerbegebiet am Dirt-Bike-Park setzt, liegt an den fehlenden Alternativen. Bei den Gesprächen mit der Bezirksregierung hätten die beiden anderen Standorte noch schlechter abgeschnitten, berichtet Baudezernent Michael Kleber, besonders die von der Stadt favorisierte „Insbach 2“ am Hang zur Oberbach werde als problematisch bewertet. Die Verhandlungen über neue Wohngebiete seien da einfacher gewesen: „Eine gewisse Entwicklung wird durchaus eingeräumt.“ Im einzelnen gesprochen worden sei über „weit über 200 Flächen“.
Der Flächennutzungsplan
Der Konflikt: Im aktuellen Entwurf des Hilchenbacher Flächennutzungsplans sind noch 15,8 Hektar Flächen für Wohngebiete vorgesehen, zugestanden werden der Stadt für die nächsten 15 Jahre aber nur sechs Hektar. An Gewerbeflächen wird der Stadt ein Bedarf von 5,2 Hektar eingeräumt; die drei Gebiete im Planentwurf sind aber zusammen 15,6 Hektar groß: 9,5 Hektar Insbach 2, 3,7 Hektar Lützeler Heide und 2,4 Hektar Dirt-Bike-Anlage. „Das ist noch ein bisschen zu viel“, sagt Joachim Sterl vom Büro welters+partner, das den Flächennutzungsplan im Auftrag der Stadt bearbeitet.
Einwand: Lieber in den Ortskernen statt im Grünen bauen
Udo Hoffmann (SPD) rät, nicht vorschnell auf Flächen zu verzichten. Schließlich könnten sich die Vorgaben des Landes auch wieder ändern: „Wir haben erlebt, dass die Landesplanung auch schon mal schwankend ist.“ Baudezernent Michael Kleber hebt hervor, dass die Stadt schon von sich aus viele noch im alten Plan für Wohngebiete vorgesehene Flächen; immerhin 32,9 Hektar, gestrichen habe, „weil sie effektiv nicht genutzt werden können“. In den letzten Jahren habe Hilchenbach Wohngebiete im Innenbereich der Stadt entwickelt, zum Beispiel auf der nach dem Abriss des Schülerheims frei gewordenen Fläche und in den Rothenberger Gärten. „Das sollten wir auch in Zukunft verfolgen“, sagt Kleber, der damit aber nicht den grundsätzlichen Verzicht auf Wohngebiete im Grünen verbindet: „Es wird nicht ganz ohne Außenentwicklung gehen.“
„Mir fehlt der Dahlbrucher Bahnhof.“
Ulrich Bensberg (UWG) ist da kritisch: Mit dem tatsächlichen Bevölkerungsrückgang lasse sich die neue Versiegelung von Flächen nicht vereinbaren. Wichtiger sei es, Leerstände in den Ortskernen zu vermeiden beziehungsweise wieder zu nutzen: „Darauf sollten wir mehr Energie verwenden.“ Daran hindere der Flächennutzungsplan aber auch nicht, erwidert Joachim Sterl: „Das ist ein Plan der Möglichkeiten.“ An dem im Detail noch viel gearbeitet werden wird: So wird der „Park“ verschwinden, den es in Dahlbruch angeblich am Ende des Hüttenwegs gibt – in Wirklichkeit ein Grünstreifen mit Faustballfeld. Auch die Idee für eine Kita am Schwanenweiher in Hilchenbach ist nie bis in die Tagesordnungen des Rates vorgedrungen – jetzt wird der Bedarf durch die Neubauten in Allenbach und Helberhausen gedeckt. Das womöglich schwerwiegendste Problem spricht Peter Kraus (UWG) an: „Mir fehlt der Dahlbrucher Bahnhof.“ Der erscheint nicht im Flächennutzungsplan, weil er auf dem Gebiet der Nachbarstadt Kreuztal liegt. „Er müsste aber zumindest irgendwie aufgeführt werden“, fordert Kraus. Die Suche nach einer Lösung beginnt.
Am Dienstag, 24. September, 18 Uhr, findet dazu eine Informationsveranstaltung im Ratssaal statt, anschließend wird der Plan für einen Monat zu frühzeitigen Bürgerbeteiligung offengelegt. Dann folgen die weitere Überarbeitung des Plans, eine erneute Offenlage und schließlich Ratsbeschluss und Genehmigung durch die Bezirksregierung. „Wir sind guter Dinge, dass Hilchenbach 2026 einen neuen Flächennutzungsplan hat.“ Der würde dann den Vorgänger von 1975 ablösen.
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