Siegen. Das Apollo-Theater Siegen braucht dringend Geld, ein dickes Minus zeichnet sich ab. Die Stadt soll den Zuschuss erhöhen – um bis zu 515.000 Euro.
Das Apollo-Theater will deutlich mehr Geld von der Stadt Siegen. 2025 soll der Zuschuss 266.000 Euro, ab 2026 pro Jahr 515.000 Euro über dem derzeitigen Niveau liegen. Ab 2027 soll er darüber hinaus „jährlich automatisch im Einklang mit den Erhöhungen des TVÖDs (Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst, Anmerkung der Redaktion) steigen“, wie es in einer Vorlage für den Kulturausschuss heißt. Dieser soll am Dienstag, 20. August, die Verwaltung laut Beschlussvorschlag beauftragen, eine Ergänzung des Kooperationsvertrags zwischen Stadt und Theater zu formulieren, um eine Umsetzung ab dem Haushaltsjahr 2025 zu ermöglichen. Unberührt bleibt dabei die Regelung, dass die Stadt das Gebäude am Scheinerplatz kostenlos zur Verfügung stellt und dessen Unterhaltung bezahlt. Dies geschieht bereits seit Bestehen des von einem Verein getragenen Theaters über die Zuschüsse hinaus. Wie die Verwaltung auf Anfrage mitteilt, lagen zuletzt – gemittelt auf die Jahre 2019 bis 2023 – die jährlichen Kosten der Stadt für Bauunterhaltung, Bewirtschaftung und Unterhaltung von Betriebseinrichtungen des Apollo-Theaters bei rund 321.000 Euro.
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Bisher sieht die Stadt für das Jahr 2025 eine Unterstützung in Höhe von 580.000 Euro vor, verteilt im Wesentlichen auf einen Sachkosten- und einen Personalkostenzuschuss. Diese sollen nach Wunsch des Apollo-Theaters „zu einem neuen Betriebszuschuss zusammengeführt“ werden, der 2025 insgesamt 846.000, ab 2026 dann 1.095.000 Euro jährlich betragen und den tarifvertraglichen Veränderungen gemäß in der Folge steigen soll. In den aktuell angesetzten 580.000 Euro enthalten ist ein Sonderzuschuss von 50.000 Euro, um den die Stadt ihre Beteiligung für die Jahre 2023 bis 2025 erhöht hat, um Einnahmenrückgänge im Zusammenhang mit der Pandemie abzufedern. Der Kreistag hatte einen ebensolchen Antrag erhalten, diesen jedoch abgelehnt und stattdessen für 2023 aus Mitteln der aufgestockten Kulturförderung zusätzliche 30.000 Euro überwiesen.
Siegen: Apollo-Theater geht für die Spielzeit 2025/26 von fast 500.000 Euro Minus aus
Laut Apollo reicht das Geld derzeit hinten und vorne nicht. In der Spielzeit 2024/25 werden 173.000 Euro fehlen, für 2025/26 geht die Theater-Leitung von einem Minus in Höhe von 499.000 Euro aus. Die 173.000 Euro-Unterdeckung könne noch „einmalig durch die Auflösung von Rückstellungen aus nicht eingelösten Karten und Gutscheinen aus den Pandemiejahren abgedeckt werden“, doch diese Option ist laut der mitgelieferten Übersicht zur Budgetentwicklung damit dann ausgereizt.
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Ins Gewicht fallen vor allem die Personalkosten, die in der Spielzeit 2025/26 gemäß Prognose bei knapp über 1,2 Millionen Euro liegen werden. Das sind etwa 16 Prozent mehr als 2023/24. „Theater ist ein personalintensiver Betrieb“, heißt es zur Erläuterung seitens des Apollos. Stellen ließen sich deshalb nicht ohne Weiteres streichen, Gehälter und Löhne, auch der Mindestlohn seien im Laufe der Jahre aber gestiegen. Dem gegenüber steht ein verändertes Publikumsverhalten. Die Zahlen aus der Zeit vor der Pandemie sind noch lange nicht wieder erreicht. Mit 97.292 Besucherinnen und Besuchern war die Vor-Corona-Spielzeit 2018/19 die in dieser Hinsicht vierterfolgreichste seit Eröffnung im Jahr 2007. Angeführt wird das Ranking von 2014/15 mit 104.234 Besucherinnen und Besuchern, gefolgt von 2009/10 (99.630) und 2015/16 (98.090). 2022/23 zog es allerdings nur 55.272 Menschen ins Theater, 2023/24 rund 65.000 und für 2024/25 liegt die Schätzung bei 70.000. Anzumerken ist dabei, dass das Haus ursprünglich mit einem Ziel von lediglich 45.000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr antrat.
Siegen: Pandemie und andere Krisen haben Freizeit- und Konsumverhalten deutlich verändert
Das Apollo selbst betont zwar „eine anhaltende Wiedergewinnung des Publikums“, hat aber dennoch massiv damit zu kämpfen, dass die Ticketverkäufe nicht wieder auf das Level vor den Lockdowns zurückgekehrt sind – ein Problem, das nahezu überall im Kulturbereich beklagt wird, und dessen Abebben nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit einhergehende Inflation empfindlich gebremst wurde. Einerseits senkten viele private Haushalte ihre Konsumausgaben vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten, andererseits änderte sich während der coronabedingten Schließungen und Einschränkungen das Freizeitverhalten. Viele Menschen fanden Alternativen zu den Aktivitäten außer Haus – zu denen auch der Besuch von Theatern und anderen Kulturstätten gehört – und halten an dieser Linie zumindest in Teilen fest.
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Das Theater verweist darauf, dass sich in den 17 Jahren, seit der Kooperationsvertrag mit der Stadt geschlossen wurde, „die Rahmenbedingungen radikal verändert“ hätten. Außerdem führt es an, dass „eine Analyse ähnlicher Städte mit Gastspieltheatern wie dem Apollo-Theater“ zeige, dass Siegen selbst nach einer Zuschusserhöhung unter den andernorts gezahlten Beträgen bleibe. Im Jahr 2024 seien dies demnach in Remscheid circa 1,6 Millionen Euro, in Minden fast 1,3 und in Lüdenscheid 1,2 Millionen Euro. Diese drei Häusern befinden sich allerdings jeweils in städtischer Trägerschaft. Das Apollo hingegen trägt ein Verein. Ebendiese Konstruktion ist der Grund dafür, wieso Siegen 2007 überhaupt ein Theater bekommen hat.
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