Siegen. Viel weniger Besucher nach Corona im Apollo, es fehlt eine enorme Summe Geld. Das Theater ruft nun um Hilfe: Ohne öffentliche Mitte geht es nicht

Das Siegener Apollo hat mit stark rückläufigen Besucherzahlen zu kämpfen: In der Spielzeit 2021/22 kamen 73.360 Personen weniger als in der Spielzeit 2018/19, vor Corona. Das entspricht einem Rückgang von 73 Prozent. Nach der Pandemie hat das Theater zudem fast ein Drittel (30 Prozent) weniger Abonnenten als vorher, (2019: 3084; 2022: 2181). In Summe ist das ein Einnahmeverlust von rund 450.000 Euro – während die Ausgaben gleich bleiben. Verluste durch Garderobeneinnahmen und Programmverkauf sind dabei noch gar nicht eingerechnet.

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Für den Wirtschaftsplan der anstehenden Spielzeit 22/23 wurde noch mit 70 Prozent Auslastung kalkuliert – vor der aktuellen Energiekrise, die sich wahrscheinlich ebenfalls weiter auf Besucherzahlen und damit die finanzielle Situation auswirken wird. Das sei derzeit noch gar nicht abschätzbar, heißt es in der Vorlage für den Siegener Kulturausschuss.

Corona und Energiekrise verunsichern das Siegener Theaterpublikum

Corona indes hat auch weiter Auswirkungen auf das Freizeitverhalten der Menschen. Zwar müssen mit dem neuen Infektionsschutzgesetz aktuell keine Corona-Regeln eingehalten werden, trotzdem bestehe eine gewisse Unsicherheit, so die Verantwortlichen: Denn das Gesetz sieht Beschränkungen bei Besucherzahlen und Abstandsregeln vor, wenn es die Infektionslage erfordert. Diese Verunsicherung sei auch bei den Besuchern deutlich spürbar: „Es herrscht Unsicherheit, ob Veranstaltungen wegen Corona ausfallen; Unsicherheit wegen der Möglichkeit einer potenziellen Ansteckung, Unsicherheit, ob das Theater beheizt sein wird.“ Das schlage sich dann in ausbleibenden Kartenverkäufen nieder.

Die Verantwortlichen rechnen nicht damit, dass sich diese Gemengelage schnell ändert. Bisher, so die Siegener Kulturabteilung, konnte das Defizit noch durch vorhandene Rücklagen ausgeglichen werden. Für die neue Spielzeit 2022/2023 sei das aber nicht mehr möglich: Für die kommende und mindestens die beiden darauf folgenden Spielzeiten wird eine Unterdeckung erwartet. Ausgleichen sollen das Stadt Siegen und Kreis Siegen-Wittgenstein zu gleichen Teilen, sowie Förderprogramme des Bundes und des Landes, Sponsoren und bürgerliches Engagement. Nach ersten Einschätzungen werde es vermutlich Jahre dauern, bis die volle Auslastung des Theaters wieder erreicht sei.

Kurzfristig kann das Siegener Apollo die Kartenverkäufe nicht steigern

Für die nächsten drei Jahre soll also das Theater trotz der massiven Einnahmeverluste sicher finanziert werden, dazu seien jährliche Zuschüsse von jeweils 50.000 Euro durch Stadt und Kreis nötig, plus Sponsoren- und Fördermittel. Stimmt die Politik zu – von Stadt und Kreis – erhielte das Apollo 300.000 Euro an öffentlichen Mitteln; 150.000 Euro müssten über Förderprogramme und Sponsoren eingeworben werden. Was zu großen Teilen schon geklappt habe: Sponsoren- und Fördergelder seien eingeworben worden, mögliche Förderungen beantragt und teilweise schon ausgezahlt. Die Stadtverwaltung spricht sich daher für die finanzielle Unterstützung des Apollo aus, möchte mit einem positiven Beschluss ein Zeichen für weitere Fördergeber und Spender setzen. Wichtig sei, dass die restliche Finanzierung durch das Theater gesichert werden könne.

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Laut Vorlage sei die Entscheidung über einen jährlichen Bezuschussung geknüpft an die von der Intendanz eingeleiteten Veränderungen: „Ohne die Bezuschussung könnte auch das Kinder- und Jugendtheater in dieser ausgeprägten Form mit den zusätzlichen Angeboten nicht stattfinden“, heißt es weiter. Erklärtes Ziel des neuen Intendanten Markus Steinwender ist es, die Altersgruppe der 30- bis 40-Jährigen mit neuen Programmformaten anzusprechen. Das Apollo verweist auf Maßnahmen wie etwa das „Apollo Magazin“, das das klassische Spielzeitheft ersetzt; Design und Logo wurden erneuert, Abonnements umstrukturiert – so gibt es etwa ein gemeinsames Abo mit dem Bruchwerk-Theater. Eine Theaterpädagogin wurde für den Apollo-Schwerpunktbereich Kinder- und Jugendtheater engagiert. Diese Neuerungen sollen zur Attraktivitätssteigerung beitragen, einen Imagewechsel herbeiführen, heißt es von den Verantwortlichen, ohne Altbewährtes dabei aus den Augen zu lassen, um schließlich Kartenverkäufe wieder steigern und so das Defizit reduzieren zu können. „Allerdings ist das nicht kurzfristig möglich.“