Siegen. Das Apollo-Theater gehört zu Siegen, doch der Kulturbetrieb ist im Wandel. Wie gelingt der Spagat zwischen Tradition und neuen Herausforderungen?
Es könnte der stilisierte Kopf von Hüttenmann Frieder sein, zusammengesetzt auf seiner Zange und der Hacke von Bergmann Henner. Vielleicht ist es aber auch ein Bühnenscheinwerfer, der Licht abstrahlt. Oder ein umgedrehtes Krönchen? „Das Schöne ist: Man kann spielen damit“, sagt Eva-Maria Trütschel über das neue Logo des Apollo-Theaters. „Und es hat hohen Wiedererkennungswert.“
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Die 33-Jährige ist seit Sommer für Marketing und Dramaturgie im Apollo zuständig. Im Juni stellte sie sich – gemeinsam mit dem neuen Intendanten Markus Steinwender – erstmals öffentlich vor. Ihre Aufgabe ist es, Siegens Theater regional und überregional bekannter und sichtbarer zu machen. Das neue Logo, das vor allem im Straßenbild der Unterstadt sehr präsent ist, ist ein Beitrag dazu. Es ist in Zusammenarbeit mit einer Dortmunder Agentur entstanden – aber nicht am Reißbrett und nicht im luftleeren Raum der Beliebigkeit.
Siegen: Neues Logo des Apollo-Theaters greift lokale Elemente auf
Die Fachleute „waren in der Stadt unterwegs“, erklärt Eva-Maria Trütschel. Herausgekommen ist ein Signet, das in dieser Klarheit wohl nur für ein einziges Theater weltweit passend ist. Mit dieser Entstehungsgeschichte steht es nicht nur für das Haus, sondern auch dafür, wie dieses sich marketingmäßig künftig aufstellen wird. Denn Eva-Maria Trütschel kam mit einem Plan nach Siegen, aber nicht mit vorgefassten Konzepten. „Erster Schritt: Erst einmal angekommen und die Stadt und die Menschen kennenlernen“, sagt sie.
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Aufgewachsen ist sie in Ansbach in Mittelfranken, hat in München studiert, dann in den Bereichen Regie und Dramaturgie am Theater Ansbach gearbeitet, sich danach um Presse, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing am Theater in Memmingen gekümmert. Aus Ansbach kannte sie Markus Steinwender. Dieser Kontakt war der Ausgangspunkt, dass auch sie sich für den Wechsel nach Siegen entschied. „Ich mochte die Stadt direkt“, beschreibt sie ihren ersten Besuch. „Es war Weihnachtsmarktzeit.“ Oberstadt, Unterstadt, Altstadt – und „die offene Sieg finde ich ganz toll“.
Apollo Siegen: Kultur ist immer im Wandel – und das Theater muss sich mit verändern
Das Logo und das damit verbundene Konzept großer einfarbiger Hintergründe für Plakate und sonstige Kommunikationsmittel ist die unübersehbare Neuerung. So etwas kann nach hinten losgehen. „Es gibt eine ganz große Verbundenheit vieler Menschen mit diesem Haus. Da ist jede Veränderung etwas, worauf man sich einlassen muss“, betont die Expertin. Die Neugestaltung der Corporate Identity sei „für viele ein ganz überraschendes Moment“ gewesen. Doch die Rückmeldungen seien bisher sehr positiv. Und Wandel vollzieht sich parallel auch auf allen anderen Ebenen des Apollo-Betriebs – nur eben nicht mit Holzhammer und Brechstange, sondern eher mit Feinwerkzeug.
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„Wir wissen, aus welcher Tradition wir hier kommen“, unterstreicht Eva-Maria Trütschel. „Wir wissen, dass hier etwas geschaffen wurde.“ Das Apollo entstand aus jahrelangem bürgerschaftlichen Engagement heraus. Die kulturlandschaftliche Lücke, die vor seiner Eröffnung klaffte, wurde vor allem aus der Gesellschaft heraus beseitigt. Doch Kulturbedürfnisse, -gewohnheiten und -wünsche sind in einem permanenten Wandel; tatsächlich ist Kultur grundlegend durch Wandel und Weiterentwicklung definiert. „Wenn wir etwas anders machen, heißt das nicht, dass es vorher schlecht war“, sagt Eva-Maria Trütschel. Es bedeutet vielmehr, am Puls des Lebens und der Zeit zu bleiben.
Siegen: Apollo-Theater will das treue Publikum halten – und neues dazugewinnen
Das vorhandene – und treue – Publikum soll auf jeden Fall mitgenommen werden. Gleichzeitig gelte es, neue Zielgruppen zu erschließen. Das Apollo fuhr darum bereits seine Social-Media-Aktivitäten hoch, setzt auf seinen Online-Kanälen mehr Posts ab, will Einblicke hinter die Kulissen gewähren, erklärt die Marketing-Verantwortliche. Beim Kinder- und Jugendtheater sei das Haus sehr gut aufgestellt, auch das ältere Publikum fühle sich oft angesprochen. Die mittleren Altersgruppen seien aber unterrepräsentiert. Das ist nicht nur in Siegen so: Die 30- bis 45-Jährigen sind so ziemlich überall nicht die typischen Theatergänger. Eine Erklärung: In dieser Lebensphase sind die meisten eher auf Job und Familie konzentriert. Doch auch die möchte das Apollo erreichen.
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Vernetzung mit anderen Akteurinnen und Akteuren in der Region soll dabei helfen, sagt Eva-Maria Trütschel. Außerdem stellte das Apollo die Programmgestaltung um: Statt einem Spielzeitbuch pro Jahr gibt es künftig vier Spielzeithefte, um schneller auf gesellschaftliche Entwicklungen und Trends reagieren zu können. Das Apollo soll dabei seine inhaltliche Vielfältigkeit behalten, doch die Kommunikation nach außen soll, gerade auch über die digitalen Kanäle, präziser laufen. „Man hat ganz lange die Salzstreuermethode angewendet“, sagt Eva-Maria Trütschel. „Jetzt versucht man stärker zu analysieren, wie man die Leute gezielt erreicht.“ Von Jetzt auf Gleich gehe das nicht, merkt sie an. Aber genau deshalb möchte sie Stadt und Menschen noch besser kennenlernen.
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