Meschede. „Zuhören - miteinander reden“, das ist das Motto dieses Gespräch in Meschede. Es geht um Rolle von Medien. Ein ehrlicher Austausch.

Zuhören und ausreden lassen – das ist Kern auch dieses Gesprächs. Wir treffen uns mit Thorsten Hegener: geboren in Meschede, Abitur am Benediktiner-Gymnasium, Studium, Karriere als selbständiger Steuerberater. Er ist einer, der stolz auf Meschede ist und das Leben hier liebt: engagiert unter anderem im Rotary-Club Meschede-Warstein, im DRK-Kreisvorstand und früherer Schützenkönig der St.-Georgs-Bruderschaft. Die Corona-Pandemie war nicht nur für ihn ein Einschnitt: Hegener recherchiert selbst zu den Impfstoffen, wird dadurch skeptisch, lehnt ab wird deswegen unter 2G-Regelungen vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Auch seit dieser Zeit schaut er auch kritischer auf die Rolle der Medien. Ein Austausch.

Wenn wir einmal zurück auf die Corona-Zeit schauen: Welche Schulnoten würden Sie den Medien im Allgemeinen und uns vor Ort geben – und warum?

Im Allgemeinen eine 4 bis 5. Eigentlich haben alle dieselben Nachrichten übernommen, Inhalte wurden nicht reflektiert und andere Meinungen kamen kaum zu Wort. Kaum einer hat die staatlichen Maßnahmen hinterfragt, beispielsweise andere Wege wie in Schweden wurden nicht objektiv dargestellt. Vor Ort wurde versucht, es auf lokaler Ebene sachlicher zu machen.

Ludger Siepe, damaliger Bezirksbeamter der Polizei in Meschede, auf Corona-Streife in der leeren Fußgängerzone: War das alles politisch richtig? Haben die Medien kritisch begleitet?
Ludger Siepe, damaliger Bezirksbeamter der Polizei in Meschede, auf Corona-Streife in der leeren Fußgängerzone: War das alles politisch richtig? Haben die Medien kritisch begleitet? © WP | Jürgen Kortmann

Bitte führen Sie einmal folgenden Satz weiter: Das größte Defizit von Medien heutzutage ist…

...der fehlende Mut eine Berichterstattung zuzulassen, die alle Seiten umfasst. Inhaltlich meine ich damit, die Abwägung verschiedener Argumente und Sichtweisen. Ich vermisse in der Darstellung oft Argumente, wo gegen den Strom geschwommen wird, bei denen Themen von mehreren Seiten beleuchtet werden. Die Menschen sollten bei strittigen Themen anschließend selbst abwägen und sich fragen können: Welche Punkte gibt es noch? Tatsächlich ist es anders. Vielen fällt es inzwischen schwer zuzugeben, wenn jemand anders doch recht hat oder gehabt hat. Hier ist der Punkt, dass es meines Erachtens die Aufgabe der Medien ist, verschiedene Sichtweisen zu zeigen, die Meinungsbildung nicht vorzugeben, damit sich die Leser selbst Ihre Meinung bilden können.

Thorsten Hegener (links) und Oliver Eickhoff
Ein Selfie zum Abschluss: Thorsten Hegener und Oliver Eickhoff bei der Aktion „Zuhören - miteinander reden“ in Meschede. © WP | Oliver Eickhoff

Wir möchten allerdings auch wissen: Die größte Stärke von Medien ist…

Ihre Reichweite! Sie können sehr schnell wichtige Informationen verbreiten und das auf verschiedenen Kanälen für verschiedene Zielgruppen.

Menschen hören bei gegensätzlichen Meinungen oft nicht mehr zu und lassen nicht mehr ausreden. Woran liegt das?

Die Leute sind es nicht mehr gewohnt, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Das hat leider auch damit zu tun, dass oft nur die eine Meinung in Medien abgebildet wird, und es hängt auch davon ab, welche Medien sie selbst nutzen. Vor allem aber herrscht eine Angst vor der Konfrontation. Die Menschen wollen lieber zu 100 Prozent Sicherheit, und viele fühlen sich dabei sehr wohl, wenn einer für sie mitdenkt.

Händeschütteln als Symbol: Wird den anderen Menschen noch zugehört in dieser Gesellschaft?
Händeschütteln als Symbol: Wird den anderen Menschen noch zugehört in dieser Gesellschaft? © dpa | Uwe Anspach

Gibt es Sprechverbote? Was sind es für Themen, die nicht mehr jeder benennen mag und warum ist es so?

Natürlich gibt es die! Seit jeher ist schon so, dass es ein Tabu in unserer Gesellschaft ist, über Finanzen und Geld zu sprechen. Aus meiner Sicht hinzugekommen sind die Themen rund ums Klima: Es gibt Meinungen, die man besser nicht ausspricht, sonst wird man sofort in eine bestimmte Ecke gestellt. Oder in der Corona-Zeit: Wer nur sagte, mit der Maske oder mit 2G, das stimmt doch so nicht alles, der war im besten Fall noch ein „Ahnungsloser“... Und was stand nicht alles am Ende in den Protokollen des Robert-Koch-Instituts, als sie frei geklagt und veröffentlicht worden waren. Was meine Person angeht, ist es so: Ich habe es beruflich gelernt, kritisch auf Dinge zu schauen, zu reflektieren und sich dann eine Meinung zu bilden, in vielen Fällen gibt es auch Unbestimmtheit, dass Dinge einfach nicht klar sind und mehrere gegenläufige Gesichtspunkte im Raum stehen. Meine Mandanten wünschen sich Pro- und Contra-Argumente und sachliche Entscheidungshilfen frei von Emotionen.

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Was müsste sich ändern, damit sich das gesellschaftliche Klima trotz gegensätzlicher Meinung verbessert?

Respekt und Achtsamkeit sind hier die Stichworte. Es kann helfen, bestimmte Regeln für eine Diskussion festzulegen. Ein weiterer Punkt: Wenn Menschen bei den großen Themen dieser Welt unter Stress geraten, neigen sie dazu alles abzuwehren. Es wäre hier Aufgabe der Politik erstmal für Sicherheit zu sorgen und vor allem für Hoffnungen, wie wir aus Krisen kommen. Der falsche Weg ist es, wenn Menschen in Panik verfallen und unter Druck geraten. Ein Beispiel dazu: Wenn ein Mandant eine Krise in seinem Unternehmen hat und zu mir kommt, dann gehe ich doch auch nicht zur Bank und sage aufgeregt: Wir gehen unter, wir haben absolut keine Zeit mehr... Stattdessen schauen wir uns die Probleme an, wägen ab, entscheiden und versuchen die Punkte dann zu lösen. Es ist absolut wichtig, sachlich zu bleiben und nach vorn zu schauen.

Was ist mit Hass und Hetze im Netz? Wer definiert eigentlich die Grenze? Und warum gibt es diese Entwicklungen in der Gesellschaft?
Was ist mit Hass und Hetze im Netz? Wer definiert eigentlich die Grenze? Und warum gibt es diese Entwicklungen in der Gesellschaft? © dpa | Fabian Sommer

Welche Themen erfahren medial und gesellschaftlich aus Ihrer Sicht zu viel Aufmerksamkeit?

Ich möchte sie Belehrungsthemen nennen, die zu viel vorkommen. Ich erwarte, dass zu einem nachrichtlichen Thema sachlich berichtet wird und ich möchte an keiner Stelle belehrt werden.

Und welche müssten intensiver betrachtet werden?

Da gibt es natürlich unterschiedliche Vorlieben. Bei mir wären es naturwissenschaftliche und geschichtliche Themen. Beide lese ich sehr gern.

Wenn Sie einen Wunsch für die Debatten-Kultur der Zukunft hätten, dann ist es welcher?

Mehr ehrlicher Austausch - und dass manchmal besser ein bis zwei Nächte überlegt würde, bevor etwas kommentiert wird.

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Welchen Beitrag könnten Medien hier leisten, insbesondere im Lokalen und Regionalen?

Ein wertschätzender Umgang ist hier wichtig. Dass mehr abgewogen wird. Und dass Angebote auf die unterschiedlichen Generationen zugeschnitten werden, damit Medien relevant bleiben.

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Wir wollen reden. Und zwar mit Ihnen. Wir wollen Ihnen zuhören. Wir wollen Sie ausreden lassen. Wir wollen wissen, was Sie bewegt, welche Themen für Sie wichtig sind. Uns interessiert auch die Frage: Sind Sie der Meinung, dass man heute nicht mehr alles öffentlich sagen kann, was man möchte oder für wichtig erachtet? Und: Wir wollen auch gerne wissen, was Sie von uns halten, wie Sie unsere Arbeit als Medium sehen.

Kurzum: Wir wollen uns gerne bei Ihnen einladen! Nicht zu Kaffee und Kuchen, sondern zum Gespräch. Weil wir der festen Überzeugung sind, dass in Zeiten, in denen sich die Gesellschaft zu polarisieren scheint, in der ganze Gruppen nicht mehr miteinander kommunizieren, der Dialog wichtiger denn je wird.

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