Emst. Personal wird krank – Betreuung fällt aus: Ein Szenario, das Hagener Eltern immer mehr verzweifeln lässt. Jetzt will die Politik sich kümmern.
„Mein Sohn hat seit zwei Jahren kaum die Kita gesehen. Ich musste meinen Job als Lehrerin vorerst an den Nagel hängen, weil die Betreuung in der Kita immer wieder ausgefallen ist und ich einspringen musste. Das kann so nicht weiter gehen.“ Svenja Otto spricht hier für viele Eltern. Eltern, deren Kinder in der städtischen Kita in der Cunostraße betreut werden.
Aber auch Eltern von anderen Einrichtungen, die zum Teil ebenfalls betroffen sind. Zum Beispiel an der Kita Maria Königin des Friedens am Kuhlerkamp – hier haben die Familien sogar eine Petition gestartet, um die Beitragssatzung in Hagen zu reformieren. Denn: Auch wenn die Betreuung immer wieder ausfällt, zahlen sie den vollen Kita-Betrag. „Und die Gebühren sind hier zusätzlich noch die höchsten weit und breit“, ärgert sich der Landtagsabgeordnete Wolfgang Jörg, der sich gemeinsam mit Vera Besten (SPD, Jugendhilfeausschuss) und Ratsherr Jörg Meier des Themas nun annehmen möchte.
Hier, am Ecktisch im Café im Quadrat, sitzen heute gleich mehrere verärgerte Eltern. Eltern, die nicht mehr weiter wissen. Und die ihre Hoffnungen in die Politik setzen. Zum Beispiel Mutter Christina Hodes: „Ich kann nicht immer ein oder zwei Kinder mit zu mir in die Apotheke nehmen, wenn die Betreuung wieder ausfällt – und ich kann die Apotheke nicht einfach zumachen. Das geht einfach nicht. Arbeit und Familie muss auch zusammen funktionieren - das tut es hier nicht.“ Auch Lisa Grobe ist verzweifelt: „Unsere Kinder sind mittlerweile insgesamt seit sieben Jahren in der Kita. So schlimm wie jetzt war es noch nie. Darunter leidet die ganze Familie, es geht echt an die Nerven.“
Keine Planungssicherheit für die Familien
Beispiel: Die Betreuerin in einer Gruppe wird krank. Insgesamt hat die Gruppe aber nur zwei Betreuungspersonen. Eine Person allein kann nicht mehr als 20 Kinder beaufsichtigen. Ergebnis: Einige Kinder müssen zuhause bleiben. Mutter Svenja Otto erzählt: „Wer zuerst da ist, malt zuerst. Wer zu spät kommt, hat keinen Platz. Da fehlt die Planungssicherheit. Und hinzu kommt, dass den Kindern dadurch wichtige Kontakte mit Spielkameraden fehlen.“
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Die SPD will das Thema nun auf die politische Ebene ziehen. „Es kann nicht sein, dass der Kitabetrieb wochen- oder monatelang nicht zuverlässig funktioniert, die Eltern aber volle Beiträge zahlen. Und es kann auch nicht sein, dass jemand deswegen seinen Job aufgeben muss. Auch aus Sicht der Kinder ist diese Situation eine Vollkatastrophe“, betont Wolfgang Jörg, dass man sich um eine Lösung bemühen will: „In der Gebührensatzung muss eine Lösung für nicht erbrachte Betreuungsleistungen her. Da gehen mir die Nackenhaare hoch, wenn man bis zu 900 Euro für die Betreuung zahlt, aber vielleicht nicht einmal die Hälfte der Leistung beanspruchen kann.“
Beitragssatzung ändern und Personal-Pool aufstocken
Parallel, betonen Vera Besten und Jörg Meier, dass man die Fachkräfte-Situation in den Fokus nehmen muss. Das ist vor allem Sache der Landesregierung, die den Personalschlüssel festlegt. Dieser Schlüssel lässt aber keine großartigen Ausfälle zu. In Hagen gibt es parallel dazu, einen sogenannten „Mitarbeiter-Pool“ mit 15 Kräften. Diese springen zum Beispiel als Schwangerschaftsvertretungen ein. Oder bei Krankheit. „Wir müssen den Pool scheinbar stärker ausstatten, um genau solche Situationen zu vermeiden“, betonte auch Vera Besten. „Schließlich sollen die Kinder in dieser Zeit ja auch auf die Grundschule vorbereitet werden.“
+++ Ein Kommentar: Für die Eltern braucht es dringend eine Lösung +++
Im Jugendhilfeausschuss, der am Mittwoch, 23. November, tagt, will die SPD nun eine Anfrage an die Stadt stellen. Parallel haben sich die Politiker bereits für einen neuen Termin mit den Eltern im Januar verabredet, um zu schauen, was sich getan hat. „Denn das ist schließlich ein Problem, für das diese Eltern nichts können – und das auf ihrem ausgetragen wird“, sagt Jörg Meier.
Schreiben an den Oberbürgermeister
Eine betroffene Mutter der Kita am Kuhlerkamp, die von ähnlichen Problemen betroffen ist, hatte den Oberbürgermeister angeschrieben. Erik O. Schulz wiederum hatte den Eltern in einem dreiseitigen Brief (liegt der Redaktion vor) geantwortet.
Dort heißt es: „Ich hätte gerne eine Situation, in der wir in unseren Kindertagesstätten immer den vollen Service bieten können und so viel Personal zur Verfügung haben, dass sogar Grippewellen und Pandemien gut zu meistern sind. Diese Situation haben wir jedoch leider nicht.“
Das Kinderbildungsgesetz NRW gebe der Stadt sowie allen Trägern die Personalschlüssel vor. „Leider berücksichtigt der Personalschlüssel für die Einrichtungen weder krankheitsbedingte Ausfälle noch Ausfälle aufgrund von Schwangerschaften, den Schulbesuch von Auszubildenden oder die Fortbildung von Mitarbeitern“, so der OB. Die Stadt habe bereits vor Jahren daher einen Aushilfspool gegründet, in dem 15 festangestellte Mitarbeiter beschäftigt sind, die derzeit alle im Einsatz seien.
Die Elternbeitragssatzung sieht eine kontinuierliche Erhebung der Elternbeiträge vor – und nur bei Arbeitskampfmaßnahmen über den 10. Streiktag hinaus eine Beitragsminderung. Letztlich entscheidet der Rat der Stadt, wie die Elternbeitragssatzung ausgestaltet ist.