Hagen. Die an Trisomie 21 erkrankten Kinder spielen beim Bunten Kreis Hagen, ihre Mütter tauschen sich aus. Ein Besuch bei den lebensfrohen Wirbelwinden
Ein schöner Besuch . . . „Wir sind keine Trauerkloßgruppe, wir führen doch ein ganz normales Leben“, sagt Julia Hertrich mit völliger Selbstverständlichkeit. Ihre Tochter zupft ihre Schürze mit Tiermotiven zurecht, greift nach einem Weihnachtsplätzchen. Leni lacht, ihr schmeckt‘s. Leni hat das Down-Syndrom, genau wie die übrigen Kinder, die in einem Raum des Bunten Kreises gemeinsam spielen, Kekse naschen und sich necken.
Vom Weihnachtsmärchen begeistert
Nach ihrem Lieblingstier gefragt, muss Leni nicht lange überlegen. Die Achtjährige strahlt: „Hunde. Wau, wau, wau.“ Vor ein paar Tagen war das Mädchen gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer elfjährigen Schwester Luna im Hagener Theater und hat sich das Weihnachtsmärchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ angeschaut. Esel, Katze, Hahn und Hund haben die Achtjährige, die mit der Diagnose Trisomie 21 auf die Welt kam, begeistert. Wobei die Auftritte des Hundes von Leni mit dem lautesten Klatschen und Jauchzen begleitet wurden. Ihre Mutter nickt, „das war ein schöner Tag. Vorher haben wir noch zusammen Plätzchen gebacken. Wir sind eben eine normale Familie“.
Zum Hintergrund: Das Down-Syndrom ist eine angeborene genetische Störung. Menschen mit Down-Syndrom haben 47 statt 46 Chromosomen in jeder Körperzelle. Dadurch sind die Betroffenen geistig und/oder körperlich eingeschränkt. Die Fähigkeiten von Menschen mit Down-Syndrom weisen eine breite Spanne auf, die von leichten Einschränkungen bis hin zur schweren Behinderung geht.
Julia Hertrich behandelt ihre beiden Töchter (Luna ist gesund) nahezu gleich. „Komische Blicke“ von Fremden, die vielleicht in Lenis Richtung gehen könnten, blendet sie aus. „Ich habe diese gesunde Naivität, die dazu führt, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass hinter Lenis und meinem Rücken geredet wird. Und wenn, dann ist es mir egal.“
„Ich habe diese gesunde Naivität, die dazu führt, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass hinter Lenis und meinem Rücken geredet wird. Und wenn, dann ist es mir egal.“
Auch Bedia Kayaci, die mit ihrem Sohn Ali die Down-Syndrom-Gruppe besucht, konzentriert sich lieber auf nette Begebenheiten und ignoriert eventuelle Blicke. „Egal, wo ich mit Ali hinkomme, wird mir geholfen. Da Down-Syndrom-Kinder ihrem Gegenüber sehr aufgeschlossen sind, öffnen sie einem sofort die Türen.“
Ali ist zwölf, und als einziger Junge an diesem Nachmittag Hahn im Korb, was ihn nicht aus der Ruhe bringt. Schließlich kennt er die meisten Mädchen im Raum schon länger. Bedia Kayaci weiß ihren Sohn zu nehmen, „man sollte auch Down-Syndrom-Kinder nicht überbehüten“, sagt die patente Frau, die - genau wie etliche andere Familien - die Unterstützung des Bunten Kreises gern annimmt. Der Verein hat vor fünf Jahren die Down-Syndrom-Gruppe ins Leben gerufen; die Stadtredaktion Hagen bittet im Rahmen ihrer diesjährigen Weihnachtsaktion um Spenden für den Bunten Kreis.
Zusammen Spaß haben
Larissa Burgdorf und Daniela Pohl leiten die Gruppe, die sich einmal im Quartal trifft. „Unser Ziel bzw. Wunsch ist ganz einfach: Wir möchten mit den Familien schöne Stunden verbringen und zusammen Spaß haben“, sagen die Kinderkrankenschwestern mit einer Stimme. So hat die Truppe schon gemeinsam einen Reiterhof besucht, und auch Ausflüge in den Zoo und den Stadtgarten stehen immer mal wieder auf dem Programm.
„Und auf einen Termin freuen wir uns immer besonders“, betont Larissa Burgdorf und spielt auf den Welt-Down-Syndrom-Tag, der jährlich am 21.3. begangen wird, an. Das Datum greift symbolisch die Tatsache auf, dass bei Menschen mit Down-Syndrom das Chromosom Nummer 21 dreimal vorkommt. „An jedem 21. März ziehen wir mit einem mit Luftballons geschmückten Bollerwagen durch die Hagener Innenstadt. Wir wollen auf uns aufmerksam machen“, erläutert Daniela Pohl.
„„An jedem 21. März ziehen wir mit einem Bollerwagen durch die Innenstadt. Wir wollen auf uns aufmerksam machen.“
WP-Aktion „Starthilfe für kleine Kämpfer“
Im Rahmen ihrer diesjährigen Weihnachtsaktion berichtet die Stadtredaktion Hagen unter dem Motto „Bunter Kreis - Starthilfe für kleine Kämpfer” über Familien mit schwerstkranken Kindern und bittet Leser um finanzielle Unterstützung für die wichtige Arbeit der Organisation „Bunter Kreis Hagen“.
Etwa 150 Familien werden pro Jahr von dem 22-köpfigen Team betreut. Pro Familie werden 20 Stunden für insgesamt drei Monate von der Krankenkasse gewährt.
„Fahrzeiten, Spritkosten, Sachkosten und die ganze Organisation im Hintergrund müssen wir selbst stemmen. Die Kostendeckung des Vereins liegt bei ca. 75 Prozent, den Rest - etwa 30.000 Euro - müssen wir durch Spenden hereinholen“, erklärt Marion Keßler vom Bunten Kreis.
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Die Keksbestände auf den Tischen - es gibt Gebäck mit und ohne Zucker - neigen sich dem Ende, draußen wird es langsam dunkel. Die Familien, besonders natürlich die Kinder, freuen sich auf den Heiligen Abend, den die meisten ganz klassisch feiern. Einige Familien gehen nachmittags in die Kirche, später gibt‘s Kartoffelsalat mit Würstchen, Fisch oder Pute und Geschenke.
Über die Festtage in Texas
„Bei uns läuft es dieses Mal anders, wir sind zum ersten Mal über Weihnachten und Silvester nicht zu Hause“, sagt eine der Mütter. Ihre Familie würde nach Texas fliegen, „wir besuchen dort meine Schwester“. Für Emma Lou (10), die Trisomie 21 hat, und ihre Schwester Lotta (4) ist es die erste Fernreise, „aber warum nicht? Wir sind doch eine ganz normale Familie“.
Das Spendenkonto für die WP-Weihnachtsaktion:
Empfänger: WP-Weihnachtsaktion
Verwendungszweck: Aktion Bunter Kreis
Spendenkonto: DE71 4505 0001 0100 1800 00
Spender, die eine Quittung erhalten möchten, müssen unbedingt ihre Adresse und das Stichwort „WP-Weihnachtsaktion“ auf dem Überweisungsträger vermerken.