Hagen. Eine Frau (53) hat in einem Leihhaus in Hagen einen falschen Diamanten vorgelegt. Vor Gericht kommt sie trotzdem straffrei davon. Das hat Gründe.

Sie (53) gehört zu einer Großfamilie, deren Mitglieder schon mal in Pfandhäusern auftauchen und versuchen, Schmuck teuer zu beleihen. Mal wird eine gefälschte Uhr vorgelegt, mal ein gefälschter Ring. Das ergibt sich aus Telefonaten, die von der Kripo im Rahmen von Geldwäsche-Ermittlungen abgehört wurden. Denn die Familienangehörigen sind auch in undurchsichtigen Immobiliengeschäften aktiv, weshalb die Abteilung „Organisierte Kriminalität“ der Staatsanwaltschaft tätig wurde, in diesem Fall erfolglos. Die attraktive Frau hat 15 Vorstrafen, überwiegend wegen Diebstahls und Betrugs. Jetzt stand sie erneut vor dem Amtsgericht.

Die ihr vorgeworfene Tat: Am 28. Juni 2022 erschien sie in einem Pfandleihhaus am Graf-von-Galen-Ring in Hagen - mit einem angeblichen Diamantring von mehr als einem Karat. Der funkelnde Stein hätte, wäre er echt gewesen, einen Wert von gut 9000 Euro gehabt. Die unbekannte Kundin wollte ihn für 3000 Euro beleihen lassen. Nun arbeiten in einem Pfandleihhaus in der Regel Profis. Der übergebene Goldring mit Brillanten wurde deshalb einer strengen Prüfung unterzogen. Bei der Messung der Wärmeleitfähigkeit fiel noch nichts auf, denn der künstliche Stein bestand aus einer speziellen Masse. Dieses Material, das der Beschaffenheit eines echten Diamanten sehr ähnlich ist, täuscht dem Messgerät elektrische Leitfähigkeit vor. Erst beim Echtheitstest unter ultraviolettem Licht flog die Fälschung auf: Der angebliche Diamant hatte keine Fluoreszenz und leuchtete auch nicht blau. 

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Eine Frau (53) hat in einem Leihhaus in Hagen einen falschen Diamanten vorgelegt.
Der im Hagener Pfandhaus vorgelegte Ring hatte einen Wert von allenfalls 70 bis 90 Euro: Die 53-jährige Kundin wollte ihn für 3000 Euro beleihen lassen.  © privat | Privat

Richter ordnet Untersuchungshaft an

Aus dem erhofften Geschäft - „Bargeld sofort, gegen Pfand“ - wurde nichts. Als der Leihhaus-Mitarbeiter die elegante Kundin auf den möglichen Betrugsversuch ansprach, reagierte diese völlig aufgebracht. Sie forderte sofort den Ring zurück und rief lautstark nach ihrem Lebensgefährten, der bis zu diesem Zeitpunkt noch unauffällig vor dem Schaufenster gewartet hatte. Der 57-Jährige stürmte herein, machte richtig Rambazamba und beleidigte den Leihhaus-Mann. Das hätte er besser gelassen, zumal er zu dem Zeitpunkt noch unter Bewährung stand: Das Landgericht Köln hatte ihn wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Es war seine 13. Vorstrafe. So kam es, dass nach dem aggressiven Auftritt im Pfandleihhaus ein Richter Untersuchungshaft anordnete. „18 Tage, erst dann kam er zurück auf freien Fuß“, erläutert sein Verteidiger Andreas Trode (Iserlohn).

„Mit einem Angeklagten, der nicht sprechen kann, kann ich nicht verhandeln.“

Albrecht Bogumil
Richter

Das war am 18. Juli 2022. Zwischenzeitlich ist der vorgelegte Diamantring von einem Sachverständigen in Antwerpen geprüft worden: Der Stein sei synthetisch, der Ring selbst aus dünnem 585-er Gold und hätte einen Wert von allenfalls 70 bis 90 Euro. „Das ist ein Ring, wie sie von Betrügern gerne an arglose Touristen verkauft werden“, befand der Experte. Gewerbsmäßiger Betrug lautet deshalb jetzt, mehr als zwei Jahre später, der Vorwurf vor dem Schöffengericht gegen die Frau und ihren Lebensgefährten. Der sitzt schweigend in einem Rollstuhl und lässt erklären, er könnte nicht mehr sprechen. Nach der Tat hätte ihn ein schwerer Schlaganfall getroffen. „Mit einem Angeklagten, der nicht sprechen kann, kann ich nicht verhandeln“, zeigt sich Richter Albrecht Bogumil ratlos und stellt mit Zustimmung des Oberstaatsanwalts das Verfahren gegen den 57-Jährigen ein.

Diamant wird eingezogen

Auch die Frau wird nicht verurteilt: Schließlich hätte sie den falschen Diamanten später gegen Bargeld ja wieder auslösen können. Eine Schädigungsabsicht gegenüber dem Pfandleihhaus sei deshalb nicht nachweisbar. Auch ihr Verfahren wurde eingestellt, allerdings muss sie vorher einen Geldbetrag von 1500 Euro an die Landeskasse zahlen. Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli stimmte zu: „Unter der Bedingung, dass der falsche Diamant amtlich eingezogen werden kann.“