Hagen. Säuglingsschwester Margot kümmerte sich im ehemaligen Kinderheim rührend um viele Babys. Unerwartet trifft sie nun eines davon in Hagen wieder.
Es sind Zufälle, die nur das Leben schreiben kann. Die Leben von zwei Menschen, die sich über viele, viele Jahre aus den Augen verloren haben. Ja, vielleicht ist es Schicksal, dass sie heute gemeinsam an diesem kleinen Tisch in der Cafeteria des Seniorenheims am Theater sitzen. „Das macht mir immer noch Gänsehaut. Sie hat mich mit großgezogen, so schließt sich der Kreis“, sagt Peter Herrmann aus Hagen und lächelt.
„Wir haben uns erst einmal feste gedrückt“
Margot Wiemann blättert im alten Fotobuch. „Das ist er“, sagt die fitte 90 Jahre alte Seniorin, die nach einem schweren Sturz vor drei Jahren in die Einrichtung gezogen ist, in der Peter Herrmann seit neun Jahren als Küchenleiter arbeitet. Das, kann man sagen, war einer dieser Zufälle. Erst vor drei Wochen dann begegneten die beiden sich, als ihr Mann Geburtstag feierte. „Irgendwie ergab es sich im Gespräch. Wir haben geplaudert, über ihren Beruf gesprochen, und irgendwas bei ihrem Namen hat Klick gemacht.“ Ein unerwartetes Wiedersehen, 60 Jahre später. „Wir haben uns erst einmal feste gedrückt“, sagt Margot Wiemann und lacht.
25 Babys auf der Station
Peter Herrmann kam damals als Baby auf die Säuglingsstation des damaligen Kinderheims in der Selbecke. Seine Mutter konnte ihn zu dieser Zeit nicht großziehen, sagt er. Und dort arbeitete Schwester Margot. „Ich war eine Schwester der ersten Stunde. Wir waren zu fünft, mit zwei Kinderpflegerinnen, und haben uns um die Babys gekümmert“, erinnert sich die Hagenerin. Bis zu 25 Babys wurden dort untergebracht und liebevoll von den Schwestern umsorgt. Auch Peter Herrmann.
„Ich habe mir Freizeit und Zeit für meine Tochter gewünscht. Vielleicht wären wir uns nie wieder begegnet, wenn ich mich nicht initiativ hier beworben hätte.“
Weitere spannende Themen aus Hagen
- Hagener Bahnhofsquartier: „Im Dunkeln traut man sich nicht alleine raus“
- Beim Umtausch gibt‘s bei C&A in Hagen kein Geld mehr zurück
- Viele Hagener haben Depressionen: Die 11 wichtigsten Fragen
- Breckerfeld: So bewegen fünf Mütter eine Stadt
- Hagen: Kriminelle Kinder sollen doch noch die Kurve kriegen
- Nach Zwischenfällen: 2. Bundesliga reagiert mit neuen Regeln
- Voll angesagt: Eisautomaten erobern jetzt auch Hagen
„Ich habe bis zu meinem 19. Lebensjahr dort gelebt. Auch wenn ich mit zwei Jahren in eine Kleinkindgruppe kam, habe ich Margot häufiger besucht, oder ihr von draußen zugewunken. Die Beziehung hat mich sehr geprägt“, erinnert sich der Küchenleiter, der einige Jahre als Koch auf Burg Altena gearbeitet hat. Dass er heute hier in Hagen arbeitet, ist auch einer dieser Zufälle. „Ich habe mir Freizeit und Zeit für meine Tochter gewünscht. Vielleicht wären wir uns nie wieder begegnet, wenn ich mich nicht initiativ bei der Einrichtung hier beworben hätte“, sagt Peter Herrmann.
Wenn sie heute gemeinsam das Fotobuch von Margot Wiemann durchblättern, kommen viele Erinnerungen hoch. „Es gab einen kleinen Vorplatz mit einem Zaun, über den ich immer drüber geklettert bin. Im Winter lag viel Schnee und wir waren viel draußen“, sagt Peter Herrmann und lächelt. Als Margot Wiemann die Einrichtung in der Selbecke verließ, weil die Säuglingsstation geschlossen wurde, sei er traurig gewesen. Und wie dann das Leben so ist: Peter Herrmann machte seine Lehre (die Umschulung zum Koch fing er erst mit 30 an), Margot Wiemann einen anderen Job.
Jetzt, hier an diesem Tisch im Seniorenzentrum, schließt sich der Kreis. „Peter hat mich jetzt schon häufiger besucht und wir trinken zusammen Kaffee“, sagt Margot Wiemann und lächelt. Letztlich haben sie es all den Zufällen des Lebens zu verdanken, dass sie heute hier gemeinsam sitzen können. Vielleicht war es Schicksal.