Hagen-Haspe. Über Wochen wurde die Grundschötteler Straße zwischen Haspe und Volmarstein saniert. Raum für Radfahrer ist dabei nicht entstanden.
Nach dieser opulenten Fahrbahnsanierung reiben sich nicht bloß die Hasper verwundert die Augen: Da wird von Straßen-NRW über zehn Wochen hinweg für 1,25 Millionen Euro die ehemalige Kohlenbahn – also die Grundschötteler Straße zwischen der Oedenburgstraße und der A1-Anschlussstelle Haspe/Volmarstein – saniert und am Ende entsteht kein einziger Extra-Zentimeter für den angeblich doch so förderungswürdigen Radverkehr. Die Begründung klingt ebenso simpel wie ernüchternd: kein Platz. Für den Hasper Bezirksbürgermeister Horst Wisotzki ein Unding: „Bürger haben sich bei mir schon beschwert, aber wir sind daran gar nicht beteiligt worden. Für mich ist das eine vertane Chance, von Hagen-Haspe aus über Volmarstein und Wetter endlich mal eine sichere Radwegverbindung zwischen dem Tal der Ennepe und dem Ruhrtalradweg zu schaffen.“ Das NRW-Verkehrsministerium, dessen Grüner Ressortchef Oliver Krischer eine Forcierung des Radwegeausbaus gerne betont, hat dennoch keine Störgefühle.
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„Für uns war das eine klassische Substanzerhaltungsmaßnahme“, blickt Andreas Berg, Sprecher von Straßen-NRW, auf die routinemäßigen Arbeiten der vergangenen Wochen, die die Verkehrsteilnehmer an den aufgestellten Baustellenampeln von Anfang Juni bis Mitte August über die etwa zwei Kilometer lange Strecke reichlich Nerven gekostet haben. Im Rahmen der allgemeinen Zustandserfassung der Landesstraßen, bei der der Blick auf Griffigkeit, Ebenheit und Rissbildungen gerichtet werde, sei festgestellt worden, dass die Deckschicht abgefräst und erneuert werden müsse. „Sie wurde jetzt so hergestellt, dass sie die nächsten 10 bis 15 Jahren auf jeden Fall hält.“
„Für mich ist das eine vertane Chance, von Hagen-Haspe aus über Volmarstein und Wetter endlich mal eine sichere Radwegverbindung zwischen dem Tal der Ennepe und dem Ruhrtalradweg zu schaffen.“
Bestehende Fläche zu schmal
Im Rahmen dessen, so Berg weiter, sei durchaus über eine Radweg-Lösung nachgedacht worden. Doch außerhalb geschlossener Ortschaften sei es eben nicht damit getan, lediglich einen Angebotsstreifen abzumarkieren, wie er sich beispielsweise entlang der Enneper Straße findet. Vielmehr müsse zwischen der Fahrbahn der Landstraße (L 807), auf der Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h gefahren werden, und einem gemeinsamen Geh-/Radweg (Breite: 2,5 Meter) noch ein Trennstreifen von 1,75 Metern geschaffen werden. Dieser Extra-Raum von gut vier Metern sei dort nicht an allen Stellen möglich: „An der schmalsten Stelle der Strecke fehlt hier immerhin ein guter Meter – es hätte also Grunderwerb getätigt werden müssen“, erläutert der Sprecher der Landesinstitution.
Die NRW-Straßenbauer hatten im November 2023 die Stadt Hagen über die Baumaßnahme auf der Grundschötteler Straße informiert. Dabei stand jedoch lediglich im Fokus, die Kommune mit Blick auf die geplante ABUS-Ansiedlung drauf hinzuweisen, dass nach dem Ausbau für mindestens vier Jahre auf dem Abschnitt keine Straßenaufbrüche genehmigt würden. Obwohl man im Hagener Rathaus durchaus die Bedeutung der Landstraße für das gesamtstädtische Radnetz im Blick hat und der Abschnitt im Radverkehrskonzept der Stadt als Hauptradroute hinterlegt ist, wurde die Thematik seinerzeit gar nicht erst angesprochen, räumt die Verwaltung ein.
„An der schmalsten Stelle der Strecke fehlt hier immerhin ein guter Meter – es hätte also Grunderwerb getätigt werden müssen.“
„Der Radverkehr ist wichtiger Teil einer vernetzten und nachhaltigen Mobilität im Stadtgebiet und mit dem Umland“, betont Hagen-Sprecher Michael Kaub. „Entsprechend wichtig ist eine Steigerung des Radverkehrsanteils am Umweltverbund.“ Dies werde in Hagen durch verschiedene Mosaiksteine hin zu einem stadtweiten Radnetz deutlich. Dazu gehöre grundsätzlich auch, weitere Straßenbaulastträger wie Straßen-NRW einzubinden.
Kein Platz auf RVR-Prioritätenliste
Ebenso hat sich die Landesregierung Nordrhein-Westfalens das Ziel gesetzt, den Radwegebau zu forcieren. „Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen ist gehalten, bei neuen Projekten die Möglichkeiten für geeignete Radverkehrsführungen zu prüfen“, betont Düsseldorf auf Anfrage der Stadtredaktion. „Dies gilt nicht nur bei Um-, Aus- und Neubaumaßnahmen, sondern diese Vorgabe wurde auch auf grundhafte Sanierungen ausgeweitet“, erläutert Rosali Kurtzbach, Sprecherin des NRW-Umwelt- und Verkehrsministeriums.
Allerdings bewege sich eine Deckensanierung wie an der Grundschötteler Straße ausschließlich in den Grenzen der bereits vorhandenen Straße. Weil mit der Neuanlage eines Radwegs aber meist langwierige Schritte wie Grunderwerb, Ausgleichsmaßnahmen und Planungsschritte einher gehen, sei dies bei solchen Maßnahmen nicht vorgesehen und konnte auch bei der L 807 nicht umgesetzt werden, so das Ministerium.
„Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen ist gehalten, bei neuen Projekten die Möglichkeiten für geeignete Radverkehrsführungen zu prüfen.“
„Zu beachten ist weiterhin, dass es vor Aufnahme eines Planungsbeginns durch den Landesbetrieb Straßenbau NRW einer entsprechenden Einordnung auf der Prioritätenliste des Regionalverbands Ruhr (RVR) bedarf“, weist Kurtzbach auf den korrekten Ablauf hin. „Dies ist bisher nicht erfolgt, weshalb keine planerischen Aktivitäten des Landesbetriebs Straßenbau-NRW bezüglich der Anlage dieses hier in Rede stehenden Radweges erfolgen können.“ Im Klartext: Hagen muss erst seine Hausaufgaben auf RVR-Ebene erledigen, bevor Radfahrer auf der Grundschötteler Straße auf eine sichere Wegeführung hoffen dürfen.