Hohenlimburg. Vor drei Jahren riss die Flut ein Loch in die Halle der Firma Walter Voss in Hohenlimburg. Nun gab es Fluthilfe. Doch die Chefin ist sauer:
Drei Jahre nach der Jahrhundertflut 2021 hat die Firma Walter Voss einen hohen Betrag an Fluthilfe erhalten, doch Chefin Jutta Simon ist frustriert. „Ich würde nie wieder Fluthilfe beantragen“, sagt sie und legt fünf große Aktenordner auf den Bürotisch. Die Flut riss ein Loch in die Werkshalle ihres Betriebs in der Nahmer, der hauptsächlich Drahtringe und Roste fertigt, und überschwemmte den Maschinenpark. Gesamtschaden: rund 2,1 Millionen Euro. Vor kurzem erhielt das Unternehmen einen mittleren sechsstelligen Betrag an Wiederaufbauhilfe, der knapp ein Viertel des Schadens decken kann. Dennoch gibt sich Jutta Simon ernüchtert, wenn sie auf die fünf Aktenordner vor ihr im Büro blickt.
Rechnungen eingereicht
Hunderte Rechnungen sind darin abgeheftet, vom neuen Stuhl bis zur Zange. Die Kosten des Wiederaufbaus in ihrem Betrieb. Vor rund drei Jahren hätten sie und ihre Mitarbeiter den ersten Antrag auf Wiederaufbauhilfe für die NRW.Bank ausgefüllt und abgeschickt, sagt Simon. Danach seien immer wieder Nachforderungen gekommen. „Erst hieß es, das Formular sei veraltet und wir müssten ein neues ausfüllen“, schildert die Geschäftsführerin den Prozess aus ihrer Sicht. „Dann hieß es, jede Seite aus den fünf Aktenordnern muss gestempelt werden.“ Zuletzt habe sie für jede einzelne Rechnung einen Kontoauszug nachreichen müssen, um nachzuweisen, dass das Geld auch vom Bankkonto abgebucht wurde. Eingegangen, bezahlt, gebucht.
Auch interessant
Fast drei Jahre nach der Jahrhundertflut wurde die Fluthilfe von der NRW.Bank bewilligt. „Dabei hieß es, sie kämen noch mit Rückfragen auf mich zu“, erzählt Jutta Simon erbost. Sie habe deshalb bei der Beschwerdestelle angerufen, um ihren Ärger loszuwerden. „Nach der Beschwerde dauerte es nur ein paar Tage, da waren zwei Drittel der geforderten Fluthilfe auf dem Konto.“ Das fehlende Drittel folgte wenige Wochen später.
Bank weist Vorwurf zurück
Die NRW.Bank weist den Vorwurf zurück, die Firma Voss habe drei Jahre auf Fluthilfe warten müssen. Die Anträge seien nachweislich erst am 29. Januar und am 19. April dieses Jahres eingegangen, so Sprecherin Birgit Kranzusch auf Anfrage. „Zuvor hatten mehrfach Beratungsgespräche zu dem Antrag und den einzureichenden Unterlagen stattgefunden, bei denen darauf hingewiesen wurde, dass das Geld erst nach Antragstellung bewilligt und ausgezahlt werden kann. Das ist laut Förderrichtlinie so vorgeschrieben.“
Weitere spannende Themen aus Hagen und Breckerfeld
- Kritik an der Stadt: Von 42 Gewerbeflächen wird nur eine angeboten
- Gewerbeflächen: Nachfrage ist da - aber Stadt ist zu langsam
- Im Hasper Hammer hagelt es Absagen - die Gründe
- Corona in Hagen: Krankenhaus führt wieder Maskenpflicht ein
- Zigarette löst Zimmerbrand in Hagener Seniorenheim aus
- Eventstätte im Lennetal noch immer dicht - und Weihnachtsfeiern?
- Immobilien-Hype: Alle wollen ins dörfliche Breckerfeld
- Hohenlimburg: Wie kommt die Straßenbahn in die
Lenne-Arena?
Den Antrag vom 19. April habe man am 5. Juli bewilligt und rund 75 Prozent der bewilligten Summe am 19. August ausgezahlt. „Die gemäß der Förderrichtlinie über Belege nachzuweisenden Reparaturkosten wurden mit Auszahlung vom 20. September 2024 an das Unternehmen Walter Voss ausgezahlt.“
Den Antrag des Unternehmens vom 29. Januar 2024 habe man bis heute nicht bewilligen können, da die Antragstellerin bis dato keine richtlinienkonforme Berechnung der erlittenen Einkommenseinbußen über ihren Steuerberater zur Verfügung stellen konnte. „Dies sieht die Förderrichtlinie aber vor.“ Seitens der NRW.Bank habe man zu keinem Zeitpunkt ein aktualisiertes Antragsformular angefordert, so Kranzusch weiter.
Unterlagen nachgereicht
Die Vorlage von Rechnungen für Reparaturen und deren Zahlungsnachweis zzgl. für die Gutachterkosten zu erbringenden Zahlungsnachweise werde im Rahmen einheitlicher Förderbestimmungen gefordert, sofern sie nicht bereits bei Antragstellung vorlagen, schildert die NRW.Bank die Hintergründe des Verfahrens. Zahlungsnachweise würden angefordert, um sicherzustellen, dass die finanzielle Hilfe dem Zweck entsprechend verwendet wird.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung hätten von der Firma Voss zunächst nicht alle Rechnungen vorgelegen, sondern teilweise lediglich Angebote. „Insofern werden im Rahmen gängiger Verwaltungspraxis die nachzuweisenden Reparaturen über Rechnungen erst nach der Bewilligung zusammen mit dem Mittelabruf angefordert.“ Hohe Hürden, die es Schwarzen Schafen unter den Antragstellern sicher schwer machen.
Die Firma Voss teilt die Sicht der NRW.Bank nicht. „Das war diesen Januar die vierte Version des Antrags, die wir eingereicht haben“, so Geschäftsführerin Jutta Simon. „Davor gab es immer wieder Nachforderungen. Sobald wir wussten, was wir nachreichen sollten, haben wir das auch getan.“
„Das ist eine Beschäftigungstherapie für kleine, mittelständische Unternehmen. Wir leiden unter den schwarzen Schafen.“
Drei Jahre in Vorkasse
Wegen der Fluthilfe hätten sie neben der Arbeit viele Stunden in Gutachter, Rechnungsunterlagen, Banken und rundherum investiert. „Das ist eine Beschäftigungstherapie für kleine, mittelständische Unternehmen. Wir leiden unter den schwarzen Schafen“, sagt sie. „Ich bin Gott sei Dank in der Lage und konnte drei Jahre in Vorkasse gehen. Ich hatte eine Versicherung und viel Unterstützung von unseren Mitarbeitern. Es gibt sicher Privatleute, die die Fluthilfe dringender brauchten als ich - wie sollen die so eine Bürokratie bewältigen?“