Hagen. Diese Nachricht überrascht: Kämmerer Christoph Gerbersmann wird im Oktober das Rathaus Hagen verlassen und nach Essen zum Ruhrverband wechseln.

Stadtkämmerer Christoph Gerbersmann verlässt Hagen. In dieser Woche wurde er vom Verbandsrat des Ruhrverbandes zum Finanzvorstand und stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden gewählt. Er wird daher zum Herbst des Jahres sein Amt als Stadtkämmerer und Erster Beigeordneter niederlegen und zum Ruhrverband wechseln. In einer persönlichen Erklärung erläutert er seine Gründe:

Persönliche Erklärung

„In dieser Woche wurde ich vom Verbandsrat des Ruhrverbandes einstimmig zum Finanzvorstand und stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des Ruhrverbandes gewählt. Diese neue Aufgabe ist für mich eine große berufliche und persönliche Chance. Der Ruhrverband übernimmt vielfältige Aufgaben im Umweltbereich rund um die Reinigung von Abwässern, die Trinkwasserversorgung, Verbesserung der Fließgewässerqualität und dem Schutz vor Hochwasser. Die Möglichkeit, meine Kenntnisse im Umweltbereich mit meiner Finanzexpertise für den Ruhrverband nutzbar zu machen, ist für mich eine ausgesprochen attraktive Herausforderung.

Wenn ich im Herbst des Jahres zum Ruhrverband wechsle, habe ich für die Stadt Hagen fast 19 Jahres als Stadtkämmerer gearbeitet, rund 10 Jahre davon auch als Erster Beigeordneter und Vertreter des Oberbürgermeisters. Ich habe die Ämter immer mit Leidenschaft und ganzer Kraft ausgeführt. Trotz aller Probleme und Herausausforderungen, die das Amt des Kämmerers in einer so mit Finanzproblemen gebeutelten Stadt mit sich bringt, hat mir die Arbeit immer Freude bereitet und ich bin froh, dass ich so viele Jahre die Chance hatte, für meine Heimatstadt zu arbeiten und vieles bewegen zu können. Zu Beginn meiner Amtszeit befand sich die Stadt Hagen in einer finanziell desaströsen Lage mit teilweise geplanten Jahresdefiziten von 150 Mio. Euro. Wesentliches Motiv für meine Bewerbung als Stadtkämmerer war, an dieser Situation etwas zu verändern.

Vermeidung von neuen Schulden

Fast 19 Jahre habe ich mit viel Unterstützung daran gearbeitet und es ist tatsächlich gelungen, trotz aller Widrigkeiten und Rückschläge diese Situation deutlich zu verbessern. So konnte die Stadt Hagen in den letzten Jahren tatsächlich wieder Haushalte mit leichten Überschüssen planen und abschließen. Dies ist das Ergebnis zahlreicher und auch einschneidender Haushaltssanierungspläne, die u.a. meine Handschrift tragen. Dabei ist der Haushaltsausgleich für mich nie Selbstzweck gewesen! Die Vermeidung von neuen Schulden ist aus meiner Sicht eine wichtige Form von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Und letztlich ist der Haushaltsausgleich notwendig, um kommunal handlungsfähig zu bleiben ohne das Diktat der Kommunalaufsicht.

Aber das wäre nicht möglich gewesen, wenn ich nicht über die Jahre die Unterstützung vieler Menschen gehabt hätte. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, drei Oberbürgermeister und die jeweiligen Kolleginnen und Kollegen im Verwaltungsvorstand haben trotz teilweise unterschiedlicher Interessenlagen am Ende immer das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes nicht aus den Augen verloren. Ich habe dort viel Unterstützung erfahren. Aber all das wäre nicht erfolgreich gewesen, wenn sich im Rat nicht immer wieder Mehrheiten gefunden hätten, die diesen Kurs unterstützt haben. Ich bin dankbar, dass ehrenamtliche Ratsmitglieder allen Kritikern zu Trotz auch unangenehme, aber notwendige Entscheidungen mehrheitlich mitgetragen haben. Dafür gehört ihnen mein großer Respekt!

Neben schlechten Ausgangsbedingungen gab es in den Jahren immer wieder Krisen und neue Herausforderungen, die massive Auswirkungen nicht nur auf die Finanzlage der Stadt hatten. Vor allem waren es immer wieder neue kostenträchtige Aufgaben, die Bund und Land wieder neu den Kommunen übertragen oder ausgeweitet haben. Daher habe ich mich mit viel Engagement als ein Sprecher im Städtebündnis zum Abbau der Altschulden für eine bessere Finanzausstattung notleidender Kommunen eingesetzt.

Wechsel eröffnet Chancen

Trotz aller Erfolge und schöner Erfahrungen im Amt möchte ich nicht verhehlen, dass die Jahre auch viel Kraft gekostet haben. Ich bin zwar nicht amtsmüde und hätte gerne weiter für die Stadt als Kämmerer gearbeitet. Aber vielleicht ist es nach so vielen Jahren auch gut und richtig, einen Wechsel herbeizuführen. In Teilen von Politik und Bürgerschaft, aber vor allem auch bei einzelnen Medien nehme ich zunehmend wahr, dass die Bereitschaft schwindet, heutige Kosten auch heute zu finanzieren. Ausgeglichene Haushalte und die Vermeidung von neuen Schulden werden dort zunehmend als Hemmnis und nicht als Chance für zukünftige Generationen gesehen. Von daher ist es vielleicht gut, wenn ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin mit neuen Argumenten, neuer Herangehensweise und neuer Tatkraft versucht, hier weiter Mehrheiten für eine solide Haushaltsführung zu finden und Bund und Land zu einer Umkehr für eine solide Finanzausstattung der Kommunen zu bewegen.

Ich habe mir die Entscheidung gewiss nicht leicht gemacht. Dazu liegt mir Hagen viel zu sehr am Herzen und hat die Arbeit alles in allem viel zu viel Freude gemacht. Ausschlaggebend war schließlich, dass ich nun noch einmal die Chance bekomme, etwas im Umweltbereich zu bewegen und dafür die notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen zu gestalten. Dies werde ich ab Herbst mit vollem Engagement und viel Freude beim Ruhrverband tun. Bis zu meinem Ausscheiden bei der Stadt Hagen werde ich mein Amt weiter mit dem von mir gewohnten Engagement ausfüllen. Es ist mir wichtig, diesen leider wieder extrem schwierigen Haushalt noch zu einer Genehmigung durch die Kommunalaufsicht zu bringen. Insofern hoffe ich auf eine Mehrheit im Rat der Stadt Hagen für das Haushaltssicherungskonzept. Dafür werde ich weiter kämpfen.

Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Seit rund 30 Jahren habe ich fast keine Ratssitzung versäumt, zunächst als Ratsmitglied und dann als Stadtkämmerer. Die Arbeit in der Hagener Politik wird mir fehlen, das weiß ich jetzt schon. Trotzdem freue ich mich sehr auf meine neue Aufgabe beim Ruhrverband. Und Hagen bleibt für mich eine Herzensangelegenheit. Daher werde ich mich weiter in der ein oder anderen Form und Funktion für meine Heimatstadt engagieren.“