Hagen. Die Fachberatungsstelle der Diakonie Mark-Ruhr in Hagen bietet betroffenen jungen Frauen professionelle Hilfe an

Anlässlich des Welttages gegen Menschenhandel an diesem Dienstag machen die Mitarbeitenden der spezialisierten Fachberatungsstelle der Diakonie Mark-Ruhr in Hagen auf das alarmierende Phänomen der sogenannten „Loverboy-Methode“ aufmerksam. Die Masche, bei der junge Mädchen und Frauen durch vorgetäuschte Liebesbeziehungen in die Prostitution gezwungen werden, betrifft Personen aller gesellschaftlichen Schichten und Nationalitäten – auch in der Region in und um Hagen.

„Die Mädchen und jungen Frauen, die Opfer der ‚Loverboy-Methode‘ werden, sind in der Regel minderjährig und befinden sich oft in einer Lebenskrise“, erklärt eine Mitarbeiterin der spezialisierten Fachberatungsstelle bei der Diakonie Mark-Ruhr, die aufgrund von Übergriffen auf das Team ihren Namen nicht in der Öffentlichkeit lesen möchte. „Die ‚Loverboys‘ machen ihre Opfer emotional abhängig und zwingen sie schließlich zur Prostitution, um aus der Arbeit im Rotlichtmilieu finanziellen Nutzen zu ziehen.“ Der Kontakt zu den Opfern wird dabei mittlerweile schwerpunktmäßig über soziale Medien hergestellt, aber die Täter lauern auch in Straßencafés, in Clubs oder sogar vor Schulen.

„Die ‚Loverboys‘ machen ihre Opfer emotional abhängig und zwingen sie schließlich zur Prostitution“

Mitarbeiterin
der Beratungsstelle

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Emotionale Abhängigkeit

Loverboys manipulieren ihre Opfer, indem sie ihnen eine Liebesbeziehung vorgaukeln und ihr Vertrauen durch Aufmerksamkeit, Komplimente und Geschenke gewinnen. Die betroffenen Mädchen befinden sich relativ rasch in einer emotionalen Abhängigkeit und werden zudem oft durch Drogen und Gewalt gefügig gemacht. Ein auf den Loverboys aufbauendes, bisher relativ unbekanntes Phänomen ist zudem das der Lovergirls. Junge Mädchen, die bereits als Prostituierte für einen Loverboy arbeiten, spielen den Köder, suchen als „Freundin“ den Kontakt zu einem ihnen unbekannten Mädchen und knüpfen dann Kontakte zum Loverboy.

Die Loverboy-Methode ist sicherlich ein Phänomen, von dem viele Eltern glauben, dass ihre Kinder davor geschützt sind. Die Mädchen wachsen in einem behüteten Haus auf, haben ihren Freundeskreis, bringen die erwarteten schulischen Leistungen und sind auch in der Freizeit aktiv. Eine echte Gefahr scheint nicht zu bestehen. Die Praxis zeigt aber, so die Beratungsstelle, dass dies mitnichten der Fall ist. Irgendwann im Teenageralter ändern sich die Interessen. Die ersten Liebeleien kommen. Trete dann ein Loverboy in Aktion, könne sich von einem Tag auf den anderen alles ändern. Die Mädchen werden in den Bann ihrer Liebhaber gezogen. Nicht selten haben die Opfer – also die jungen Mädchen – ihre ersten, sexuellen Erfahrungen mit ihrem Loverboy.

Sie gaukeln ihren jungen Opfern Liebe vor, und lotsen sie anschließend ins Rotlichtmilieu: Loverboys sind für manche Frauen eine Liebesfalle.
Sie gaukeln ihren jungen Opfern Liebe vor, und lotsen sie anschließend ins Rotlichtmilieu: Loverboys sind für manche Frauen eine Liebesfalle. © dpa | Alexander Körner

Die Kriminalstatistiken zeigen, dass die Opfer aus allen Gesellschaftsschichten kommen. Richtig ist lediglich, dass die Mädchen aus zerrüttenden Familien-Verhältnissen für die Loverboys einfacher zu ködern sind. Auf die Tricks und die Masche der Liebhaber fallen aber auch Kinder „aus gutem Hause“ herein.

Der Hammer kommt für die Opfer dann meist aus heiterem Himmel. Der bis dahin großzügige Liebhaber, der im Geld zu schwimmen scheint, kommt in finanzielle Nöte. Er muss schnell Schulden begleichen, um großen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Den Mädchen wird eingeredet, dass sie helfen können – indem sie nur einmal Sex mit einem anderen Mann haben. Meist handelt es sich hierbei noch nicht um richtige Kunden, sondern ebenfalls um zwielichtige Gestalten aus dem Rotlichtmilieu. 

Psychische und physische Gewalt

Einmal in das Netz der „Loverboys“ geraten, ist es für die Mädchen und jungen Frauen schwierig, sich ohne fachliche Hilfe zu befreien. Sie werden durch psychische und physische Gewalt in der Abhängigkeit gehalten. „Unsere Fachberatungsstelle bietet anonymisierte Beratung für Betroffene, Angehörige und Menschen im direkten Umfeld an“, so die Mitarbeiterin der Diakonie Mark-Ruhr. „Wir unterstützen dabei, die ersten Schritte aus der Abhängigkeit zu wagen und bieten umfassende Hilfe an.“

„Wir unterstützen dabei, die ersten Schritte aus der Abhängigkeit zu wagen und bieten umfassende Hilfe an“

Mitarbeiterin
der Diakonie Mark-Ruhr

Erfolgreiche Präventionsarbeit leistet die Fachberatungsstelle unter anderem auch durch Aufklärungsarbeit in Schulen. So fand im Frühjahr ein Präventionsvortrag am Märkischen Gymnasium Schwelm statt, bei dem gemeinsam mit dem Opferschutz der örtlichen Kreispolizeibehörde rund 100 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 8 über die „Loverboy-Methode“ informiert wurden. Mit Komplimenten und Zuwendungen, häufig über Social Media, gelinge es den ‚Loverboys‘ oft, Zugang zu ihren Opfern zu bekommen. Der Rat der Experten an die Schülerinnen und Schüler: Es ist wichtig, die Signale zu erkennen und schnell zu handeln.

Die Diakonie Mark-Ruhr appelliert daher eindringlich an alle Betroffenen und deren Umfeld: „Schaut hin und meldet euch bei Verdachtsfällen – bei uns oder bei der Polizei“, betont die Fachberatungsstelle gegen Menschenhandel. „Ihr seid nicht allein. Wir helfen euch, aus dieser Situation herauszukommen.“ Für weitere Informationen und anonyme Beratung können Interessierte und Betroffene die Fachberatungsstelle der Diakonie Mark-Ruhr unter 02331/304642034 kontaktieren.