Hagen. Im aktuellen Vergleich der Städte schneidet Hagen wieder einmal enttäuschend ab. Vor allem fehlt es an Entwicklungsdynamik.
Hagen gelingt es weiterhin nicht, bei bundesweiten Städtevergleichen aus dem Tabellenkeller zu klettern. So platzierte zuletzt das Institut der Deutschen Wirtschaft in einem Regionalranking der 400 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland die Volmestadt auf einem deprimierenden Rang 394 von 400 Vergleichsorten. Kaum besser sieht es beim jüngsten Städteranking des renommierten Schweizer Prognos-Instituts aus: Beim Vergleich von 71 deutschen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern reichte es in der 2024er-Untersuchung ebenfalls nur für Platz 65. „Mit dieser Platzierung kann Hagen nicht zufrieden sein“, ordnet Christopher Schmitt, Geschäftsführer der Hagener Wirtschaftsförderung, dieses Resultat durchaus selbstkritisch ein.
Abgewogen wurden dabei 28 Indikatoren aus den fünf besonders zukunftsweisenden Kategorien Ökologie (Rang: 39), Mobilität (Rang: 63), Soziales (Rang: 69), Arbeit (Rang: 42) und Digitalisierung (Rang: 64). Dies seien, so die Autoren des Prognos-Rankings, für die urbanen Räume die Schlüsselfelder, damit sie auch in Zukunft attraktiv bleiben. Schlechter als in Hagen ist die Lage in Deutschland lediglich noch in Wuppertal, Gelsenkirchen, Saarbrücken, Bottrop, Duisburg und Oberhausen.
„Mit dieser Platzierung kann Hagen nicht zufrieden sein. Gerade das schlechte Abschneiden von Hagen in der Dynamik der Veränderungen muss alle Akteure darin bestärken, die Maßnahmen engagiert umzusetzen und weiterzuentwickeln.“
Dabei erschreckt besonders, dass die Forscher der Stadt kaum eine Entwicklungsperspektive attestieren: Beim Blick auf die Daten zum aktuellen Status Quo würde Hagen zwar immerhin noch Platz 62 erreichen, doch beim Dynamikvergleich – also der Tendenz der vergangenen Jahre – reicht es lediglich noch für einen deprimierenden Platz 67. Zuletzt mahnte Schmitt daher: „Diese unter dem Strich schlechte Gesamtplatzierung prägt zugleich das Image der Stadt mit.“
Engagement eingefordert
Zugleich erinnert Hagens oberster Wirtschaftsförderer daran, dass das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos sich bei der wissenschaftlichen Begleitung des Strategieprozesses „HAGENhorizonte2035“ intensiv eingebracht und mit dem Standort Hagen auseinandergesetzt sowie eine Reihe von Maßnahmen auf Feldern wie Produktion, Arbeitskräfte, Innovation, Bildung und Tourismus mitentwickelt habe: „Die Maßnahmen wurden im letzten Herbst vorgestellt und konnten in dem neuen Ranking noch nicht berücksichtigt werden. Gerade das schlechte Abschneiden von Hagen in der Dynamik der Veränderungen muss alle Akteure darin bestärken, die Maßnahmen engagiert umzusetzen und weiterzuentwickeln“, fordert Schmitt.
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Einordnung der Hagener Daten und Zahlen
Lukas Röbke, Berater im Europäischen Zentrum für Wirtschaftsforschung und Strategieberatung der Prognos AG (Berlin), hat auf Anfrage der Stadtredaktion die Hagener Zahlen vertiefend eingeordnet: „Der Themenbereich Ökologie ist durchaus als positiv zu bewerten: Die Feinstaubbelastung konnte beispielsweise deutlich reduziert werden.“
„Im Bereich Mobilität gibt es noch Aufholpotenzial: So ist die Verbreitung von E-Autos hier noch nicht so weit fortgeschritten, wie in anderen Städten.“ Gleichzeitig zeige sich aber auch: Die Verkehrswende werde immerhin angegangen. Bei der Verbesserung des ÖPNV liege Hagen auf Rang 2 aller untersuchten Städte.
Beim Themenfeld Soziales falle vor allem auf: „Das Mietniveau in Hagen ist gering – ein großer Vorteil gegenüber anderen Städten“, so Röbke. Gleichzeitig zeigten sich Baustellen: So müsse das Angebot an Kita-Plätzen ausgebaut werden. Außerdem seien die Gehälter vergleichsweise niedrig.
Auch im Themenbereich Digitalisierung gebe es noch Möglichkeiten, sich zu verbessern. Die Abdeckung mit digitaler Infrastruktur (Gigabit-Anbindung der Haushalte und Mobilfunkabdeckung) sei zwar gut, die flächendeckende Versorgung in anderen Städten aber schon deutlich weiter vorangeschritten.
Im Themenbereich Arbeit zeige sich, so der Prognos-Berater, ebenfalls Entwicklungspotenzial: „Das Beschäftigungsniveau der ausländischen Bevölkerung kann noch gesteigert werden, gleichzeitig wird aber auch für den Fachkräftenachwuchs gesorgt, was sich an einer guten Auszubildendenquote zeigt.“ Ebenso zeichne sich ein interessanter statistischer Effekt ab: Durch die Fernuniversität habe Hagen die zweithöchste Studierendenquote aller untersuchten Städte.
„Zentrales Kriterium für die Auswahl der Indikatoren ist, dass sie kommunale Handlungsfelder spiegeln“, betonen die Prognos-Experten, dass die Städte hier selbst aktiv werden könnten, um sich in den einzelnen Themenfeldern zu verbessern. Wenn es um Herausforderungen wie Klimawandel und -anpassung, Energie- und Mobilitätswende, Wohnsituation, Integration oder auch Digitalisierung gehe, müssten die Städte dringend Antworten finden, um ein lebenswertes Zuhause für ihre Bürger zu bleiben: „Nur eine Stadt, die auch attraktiv für gut qualifizierte Menschen ist, kann sich langfristig als erfolgreicher Wirtschaftsstandort positionieren“, so die Prognos-These.
Fehlende Perspektive
Daher beschäftige sich das aktuelle Ranking mit der Schlüsselfrage: „Wie schnell reagieren die deutschen Großstädte auf die aktuellen Herausforderungen und positionieren sich damit als attraktive Lebensorte?“ Bei dieser Orientierungshilfe im Wettbewerb der deutschen Städte um Fachkräfte, Unternehmen und Investitionen fällt Hagen vor allem perspektivisch erschreckend weit ab. Selbst die Zukunftsaussichten von Tabellenschlusslicht Oberhausen (Dynamik: Platz 44) sind hier weitaus rosiger.
„Nur eine Stadt, die auch attraktiv für gut qualifizierte Menschen ist, kann sich langfristig als erfolgreicher Wirtschaftsstandort positionieren.“
Fünf Themenfelder prägen das Bild
In das Prognos-Städteranking fließen 28 Indikatoren aus fünf Themenfeldern ein. Hier ein Überblick über die einzelnen Daten:
Ökologie (Rang 39): Feinstaubbelastung, Bodenversiegelungsgrad, Wasserverbrauch der Privathaushalte, Anteil erneuerbare Heizenergie im Wohnungsneubau, Ausbaustand erneuerbarer Energien;
Mobilität (Rang 63): ÖPNV-Abfahrten, Abfahrten im Regional- und Fernverkehr, E-Autodichte, E-Ladesäulen-Infrastruktur, sichere Mobilität (Verkehrstote);
Soziales (Rang 69): Angebotsmieten, Durchschnittsverdienst, Bautätigkeit, Kindertagesstätten, integrative Kitas, Frauenanteil in Gremien, Kinderarmut;
Arbeit (Rang 42): Auszubildendenquote, Studierendenquote, Bevölkerungsentwicklung, Beschäftigtenquote der ausländischen Bevölkerung, Arbeitsplätze für die Umsetzung der Umweltziele der EU, Ärztedichte;
Digitalisierung (Rang 64): Gründungsintensität, Gigabit-Anbindung der Haushalte, 5G-Mobilfunkversorgung, digitale Impulsgeber, OZG-Umsetzungsstand (Onlinezugangsgesetz).
Das Spitzenfeld wird traditionell von den Städten in Baden-Württemberg und Bayern beherrscht (1. Ulm, 2. München, 3. Ingolstadt, 4. Erlangen, 5. Regensburg). Hier sind die aktuellen Kennzahlen einfach günstig, während Ostdeutschland mit hohen Dynamikwerten glänzt. Insgesamt sieht Prognos die kleineren Großstädte wie Hagen unterhalb der 200.000-Einwohner-Schwelle bei dem Ranking im Vorteil, weil „sich bei ihnen in der Regel weniger komplexe Strukturen vorfinden. Dies kann die Planung und den Ressourceneinsatz vereinfachen.“ Zugleich räumt Prognos ein, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt, soziale Rahmenbedingungen, hohe Kinderarmut und die Kitaplatz-Quote es den Städten in NRW – 14 liegen auf den letzten 20 Plätzen – besonders schwer mache. Positiv würden hier lediglich die relativ günstigen Mieten und der Ausbau der digitalen Infrastruktur hervorstechen.