Hagen. Sebastian Greese fing als Azubi beim Wohnungsverein an. Heute ist er Vorstandsvorsitzender. Seine Geschichte und seine Pläne für das Unternehmen:
Es ist durchaus besonders, wenn jemand fast sein ganzes Berufsleben bei ein und demselben Unternehmen verbringt. Bei Sebastian Greese, 37, ist das bis jetzt so. Er arbeitete sich vom Auszubildenden im Hagener Wohnungsverein hoch zum Vorstandsvorsitzenden. Anfang des Jahres hat er das Unternehmen, das - mit 6000 Wohnungen, 2200 Garagen und Stellplätzen sowie 80 Gewerbeeinheiten - als größter Anbieter in Hagen gilt, offiziell übernommen. „Für mich war das eine tolle Chance. Der erste Arbeitstag, an dem man plötzlich als Chef ins Büro kommt, war trotzdem aufregend und ungewohnt“, erinnert er sich und lacht. „Ich kannte ja alle aus meinen vielen Jahren im Unternehmen.“
„Für mich war das eine tolle Chance. Der erste Arbeitstag, an dem man plötzlich als Chef ins Büro kommt, war trotzdem aufregend und ungewohnt.“
Sebastian Greese ist ein Hasper Junge, wohnt heute mit seiner Frau und zwei Kindern am Kuhlerkamp. Hagen zu verlassen, das sei für ihn nie eine echte Option gewesen: „Mir gefällt es hier“, sagt der 37-Jährige, der seine Karriere beim Wohnungsverein nach der Ausbildung zunächst in der Vermietung begann - an der Wohnungsfront, nah an den Menschen aus dem Vermietungsbezirk Altenhagen, Helfe und Boelerheide. „Rund 1400 Wohnungen habe ich in der Zeit betreut. Es ging um Kündigungen, Neuvermietungen, gleichzeitig war man auch Ansprechpartner bei Beschwerden“, gibt er Einblicke. Zehn Jahre lang war das sein Job. „Parallel habe ich berufsbegleitend einen Bachelor in Bochum gemacht. Im Anschluss noch einen Master in Iserlohn.“
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Wechsel ins Rechnungswesen
Zu dem Zeitpunkt sei im Unternehmen keine Entwicklungsmöglichkeit absehbar gewesen. Dann kam es doch anders: „Ich wollte mich anderweitig bewerben, dann gab es die Möglichkeit, eine Vertretungsstelle im Rechnungswesen zu übernehmen. Eigentlich - zumindest in der Schule - waren Zahlen nicht so mein Ding“, sagt er und lacht. Aber er wollte beim Wohnungsverein bleiben. Also lernte er alles von der Pike auf, machte eine Fortbildung. Finanzbuchhaltung, Rechnungswesen. Ist das nicht trocken? „Nein - vielmehr hoch spannend. Es geht darum, das Unternehmen zu steuern, es ist eine spannende Einflussgröße, die von vielen unterschätzt wird.“
Jedenfalls konnte er schon bald in der Abteilung mehr Verantwortung übernehmen, wurde Abteilungsleiter. „Ich wurde nach und nach immer stärker in Projekte eingebunden, und mein Vorgänger hat deutlich gemacht: ,Mach es gut, dann kommst du weiter.‘“ Ende 2022 fiel dann final die interne Entscheidung, dass er das Unternehmen übernehmen soll - „ich habe mich natürlich tierisch gefreut. Gleichzeitig ist das eine große Verantwortung.“ Anfang 2023 folgte die Betriebsversammlung, in der die Mitarbeiter informiert wurden. Und dann kommt man am 2. Januar 2024 plötzlich als Chef in die Firma. „Ich habe zunächst mit jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin ein Gespräch geführt, um zu schauen, wo wir stehen. Dann holt einen relativ schnell das Tagesgeschäft ein - denn der Betrieb läuft ja weiter, da gibt es keinen Pausenknopf“, sagt Greese.
„Die Anforderungen an Unternehmen werden höher, gleichzeitig wird alles teurer. Das ist ein Spagat - im Bereich Neubau pausieren wir daher komplett“
Es gibt Jahresabschlüsse. Wirtschaftsprüfer, die ins Haus kommen. Das Vermietungsgeschäft. Investitionsprojekte. Aber auch reichlich Herausforderungen. „Die Zeit ist fordernd, das gebe ich zu“, betont Sebastian Greese mit Blick auf Themen wie Inflation, steigende Baupreise oder Forderungen nach Klimaneutralität. „Die Anforderungen an Unternehmen werden höher, gleichzeitig wird alles teurer. Das ist ein Spagat - im Bereich Neubau pausieren wir daher komplett“, so Greese. Am Ende rechneten sich die immer teurer gewordenen Bauvorhaben nicht mehr mit der Miete, die man am Ende pro Quadratmeter in Hagen verlangen könne.
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16 Millionen im Jahr für Modernisierungen
Das macht sich auch bei Modernisierungsmaßnahmen bemerkbar, in die der Wohnungsverein jedes Jahr eine beträchtliche Summe von immerhin rund 18 Millionen Euro steckt. Perspektivisch die nächsten Jahre sogar noch mehr. „Jedes Jahr stehen zwei große Modernisierungsmaßnahmen an. Die Häuser werden von uns kernsaniert, es gibt Photovoltaik, teilweise neue Balkone und die Häuser werden energetisch instandgesetzt.“ Beispiele, wo das bereits umgesetzt wurde, finden sich entlang der Knüwenstraße oder aktuell „Am Bügel“. „Außerdem investieren wir davon nicht unerhebliche Beträge in Instandhaltungsmaßnahmen, neue Wärmedämmung oder Fenstererneuerungen“, so Greese weiter. Man versuche, Beeinträchtigungen für Mieter so gering wie möglich zu halten - ganz ohne geht es aber nicht.
„Sobald es wirtschaftlich wieder vertretbar wäre, würden wir gerne auch wieder in Neubauprojekte in Hagen investieren.“
Grundsätzlich sei das Unternehmen gut aufgestellt für die Zukunft. „Natürlich gibt es aber, gerade auch in unserer Branche, Unsicherheiten. Da geht es um Themen wie die Neuerungen bei der Kommunalen Wärmeplanung bis 2026, die Wahlen, Gaspreise, Baukosten, die neue Grundsteuer“, zählt der Geschäftsführer auf. „Unternehmen brauchen wieder mehr Planungssicherheit. Jeder Euro - und das sage ich auch mit Blick auf den Verbraucher bzw. Mieter - kann nur einmal ausgegeben werden, die Mieten können nicht unendlich steigen, bei all den Mehrbelastungen, die es ohnehin schon gibt.“ Diese Rahmenbedingungen schränken auch Unternehmen bei ihrer Handlungsfähigkeit ein. Das führe dazu, dass Abstriche gemacht werden müssten. „Grundsätzlich möchte ich aber betonen, dass wir als Wohnungsverein positiv in die Zukunft blicken. Sobald es wirtschaftlich wieder vertretbar wäre, würden wir gerne auch wieder in Neubauprojekte in Hagen investieren.“
Künftig möchte er auch einen Fokus darauf setzen, Engagement unter den Mietern wieder mehr zu unterstützen und zu würdigen - beispielsweise bei Mieterfesten oder gemeinsamen Aktionen. „Aus unserer Sicht ist in dieser hektischen Zeit der genossenschaftliche Gedanke wichtiger denn je. Wir brauchen wieder mehr Gemeinschaft.“