Hagen. Hagen kommt durch seine Lage eine wichtige Rolle bei der EM 2024 zu, die Sicherheitsrisiken bergen könnte. Die Polizei ist vorbereitet.
Dem Stadtgebiet Hagens kommt aus polizeilicher Sicht während der Fußball-Europameisterschaft (14. Juni bis 14. Juli) eine Rolle zu, die höchste Sensibilität verlangt. Die Nähe zum EM-Quartier der Italiener in Iserlohn, der Hauptbahnhof als bedeutende Umsteige-Station auf dem Weg zu den Spielorten Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Köln und die Lage an drei Autobahnen schaffen gewisse Restrisiken, auf die sich die Hagener Polizei bestmöglich vorbereitet. Dazu kommt die Vielfalt der Nationalitäten in der eigenen Stadt. Und: Auch dem International Police Cooperation Center (IPCC) in Neuss kommt mit Blick auf Hagen eine wichtige Rolle zu.
„Wir haben ja noch gar kein Problem“, stellt Steffen Mielke, Chef der Direktion Gefahrenabwehr in Hagen klar. Und trotzdem wappnet sich die Hagener Polizei für alle Eventualitäten. Sämtliche Fan-Gruppierungen stehen im Fokus, zwei aber besonders: die Italiener und die Briten. Während die Italiener im Hotel „Vier Jahreszeiten“ in Iserlohn wohnen und zwei Vorrundenspiele in Dortmund und Gelsenkirchen austragen (das dritte in Leipzig), wohnen die Engländer südlich von Weimar, spielen aber ebenfalls zwei Partien der Vorrunde in Gelsenkirchen und Köln.
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Hauptbahnhof ist wichtiges Scharnier
Dortmund soll nach Informationen der Polizei als eine Art Basis für die britischen Fans gelten. „Das ist für uns erstmal unproblematisch“, sagt Steffen Mielke. Vielmehr gehe es um Dinge wie das Aufeinandertreffen von Fangruppierungen auf Parkplätzen in Hagen zum Beispiel. Oder Momente, in denen Züge am Hauptbahnhof Verspätung haben oder ausfallen und Fans sich entscheiden, noch auf ein paar Bier in den näheren Stadtbereich vorzudringen. Dem Hagener Hauptbahnhof kommt im Verkehrsnetz eine bedeutende Scharnier-Funktion zu. Schon heute gibt es hier mehr als 25.000 Reisende täglich. Bei der EM wird ein Vielfaches mehr erwartet.
Ein wachsames Auge hat die Polizei auch auf die Herbergsbetriebe, Hotels und Pensionen. Bekannt ist aktuell ein Fall, in dem jemand fünf Doppelzimmer für italienische Fans gebucht hat. Auch im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem IPCC in Neuss, darf die Polizei in diesen Fällen routinemäßig nach den Daten fragen. Genau wie bei jedem Reisebus, der angehalten wird.
600 Beamte arbeiten während der EM in Neuss. Polizei, LKA, Verfassungsschutz und internationale Verbindungsleute - geschickt von den Teilnehmerländern der EM und aufgeladen mit Informationen über ihre Landsleute, deren Kontexte und Beziehungen. Zu den Hauptaufgaben gehören die Bekämpfung gewaltbereiter Fußball-Fans, die Abwehr von möglichen Terroranschlägen und der Schutz vor Cyber-Attacken.
„Die Daten, die wir von Anreisenden erheben, sind ja nicht nur für die Polizei interessant, sondern auch für die Beherbergungsbetriebe“
Kritische Fans werden durchleuchtet
„Die Daten sind ja nicht nur für die Polizei interessant“, sagt Steffen Mielke, „sondern auch für die Herbergsbetriebe ist es wichtig zu wissen, wer da zu ihnen kommt.“ Im Allgemeinen gehe es ja nicht um Zehntausende von Fans, die friedlich feiern wollen, sondern um Störer, wie Mielke sie nennt. Einen Stresstest könnte es direkt an Tag zwei der EM geben: am Samstag, 15. Juni. In Köln spielt dann Ungarn gegen die Schweiz und in Dortmund Italien gegen Albanien.
Am selben Tag veranstaltet der rechtspopulistische Verein Pax Europa eine Kundgebung auf dem Ebert-Platz. Gemäß seiner Satzung will der Verein „das demokratische Staatswesen im Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland dadurch fördern, dass er die Öffentlichkeit wertneutral über die Ausbreitung des Islam in Europa und die damit verbundenen Folgen für das Staatswesen unterrichtet.“ Erwartet wird an diesem Tag als Gast von Pax Europa auch der politische Aktivist Michael Stürzenberger, der in seiner Heimat München vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet wird.
Autokorsos werden während der EM durch die Polizei nicht geduldet. Im Bereich des Bahnhofs, so Mielke, würden Feierlichkeiten räumlich abgesperrt und beobachtet. „Wer glaubt, durch die ganze Stadt fahren zu müssen, wird angehalten.“ Neben genannten Gruppen hat man auch andere Nationalitäten während der EM im Fokus. Die Türken beispielsweise, aber auch die Rumänen. Wobei unklar sei, wie sich die knapp 5000 Rumänen in der Stadt verhalten werden. Viele darunter sind selbst in Rumänien Teil ethnischer Minderheiten, sind bildungsfern und eher in der Unterschicht verortet. Inwiefern sie sich mit Nationalmannschaft Rumäniens identifizieren, ist ungewiss.
Urlaubssperre für die Polizei
Während der EM herrscht zudem eine Urlaubssperre für die Polizei. In Hagen wird es kein öffentliches Public Viewings geben - einige Kneipen oder Betriebe übertragen jedoch die Spiele, darunter das Strandhaus (mit Kartenverkauf), die Gastronomen auf dem Elbersgelände oder die Pelmke. Dafür soll es möglicherweise mehr Tempokontrollen geben. Denn wenn mehr Polizisten auf den Straßen sind, die nicht ausschließlich mit Geschehnissen rund um die EM beschäftigt sind, „dann soll keine Zeit vergeudet werden“, sagt Steffen Mielke.