Assinghausen. Anwohner in Assinghausen sind hilflos. Sie sprechen über das Leben mit dem Verkehr an der B 480 nach Winterberg. Es ist laut und gefährlich.

Tempo 30 beschäftigt aktuell zahlreiche Dörfer im Sauerland. Die Straßen von Ortschaften wie Antfeld, Wiemeringhausen, Niedersfeld oder Züschen ersticken im Verkehr. Ein Dorf, dass gegen die Belastungen ankämpft ist Assinghausen. Die B480 führt direkt durch den Ort. Auf ihr sind Autos, Lastkraftwagen und Touristen Richtung Winterberg unterwegs. Es kann vorkommen, dass hier in nur wenigen Sekunden drei oder vier LKW hintereinander durch den Ort fahren - und nicht jeder Fahrer hält sich hier an die Geschwindigkeitsvorgabe von Tempo 50. Christine und Ludwig Besse leben direkt am Ortseingang von Winterberg kommend, nur ein schmaler Bürgersteig trennt ihr Esszimmerfenster von der Hauptstraße. Bei einem Besuch wird schnell klar: Es ist laut, gefährlich, belastend.

Lärm und Verkehr belasten das Leben der Besses in Assinghausen

Es rauscht. Stetig. Auto für Auto fährt an dem Fenster des Paares Besse vorbei. Ein LKW rumpelt, wieder Rauschen. „Im Garten zu sitzen ist einfach zu laut. Das geht nur, wenn ein wichtiges Fußballspiel läuft und alle vor dem Bildschirm sitzen. Ansonsten ist es zu anstrengend, im Garten zu sitzen“, sagt Christine Besse. Im Sommer besuchen sie lieber Freunde im Ort, die nicht an der B480 leben. Der Lärm ist manchmal unerträglich für das Paar. „Ich werde oft um vier oder fünf Uhr wach, wenn einer der Transporter für den Steinbruch hier vorbeifährt und durch ein Schlagloch rasselt. Man schläft schlechter an der B480. Mit offenem Fenster geht das gar nicht“, so Ludwig Besse. Aber nicht nur der Lärm ist belastend für die beiden. Die Geschwindigkeit und die schiere Masse des Verkehrs beschränken den Alltag im Dorf. „Selbst die Post geht hier nicht mehr über die Straße. Die fährt erst rauf Richtung Niedersfeld, dann kommt sie am Nachmittag wieder runter und hält hier bei uns“, sagt Ludwig Besse. Und: „Wenn wir mal etwas ausladen müssen und an der Straße direkt vor unserem Haus parken, dann wird direkt gehupt.“

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So nah brettern die LKW am Grundstück des Ehepaares Besse vorbei. Im Garten zu sitzen ist wegen des Lärms unmöglich. © WP | Jana Naima Schopper

Ludwig Besse fordert Tempolimit für Assinghausen

„Die Dörfer bluten aus. Wir haben hier kein Dorfleben, weil es einfach zu gefährlich ist, insbesondere für Kinder.“

Christine Besse

„Die Dörfer bluten aus. Wir haben hier kein Dorfleben, weil es einfach zu gefährlich ist, insbesondere für Kinder“, sagt Christine Besse. Ludwig Besse deutet aus dem Fenster auf die gegenüberliegende Straßenseite. „Direkt gegenüber stehen Häuser leer, keine Familie will hier wohnen.“ Das Ehepaar hatte selbst überlegt, wegzuziehen. Irgendwann entschieden sie sich dagegen. Akzeptieren wollen sie die aktuelle Situation aber nicht. Es gibt eine Zählung im Ort, ein privater und inoffizieller Zähler. Der aber zeigt an, dass am Tag durchschnittlich 10.000 Fahrzeuge über die B480 durch Assinghausen fahren. 20 Prozent davon sind Schwerverkehr.“ Seit der Sperrung der Rahmedetalbrücke auf der A45 sei das sogar merklich schlimmer geworden. „Das sind Autos, die hier einfach nicht hingehören“, sagt Ludwig Besse. Am Wochenende, wenn der Transit-Verkehr nicht fahren darf, wird es in Assinghausen dennoch nicht ruhiger „Dann kommen die Touristen, auf dem Weg nach Winterberg. Wir sind die erste Ortschaft nach der Autobahn, natürlich rauschen die Autos hier schnell rein.“ Er würde sich mehr Geschwindigkeitsmessungen wünschen. „Geschwindigkeit und Lärm gehören einfach zusammen.“

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Ludwig und Christine Besse (links) sowie Ulrich Middel leben in Assinghausen mit dem belastenden Verkehr.  © WP | Jana Naima Schopper

Langfristige Lösung: Transitverkehr aus Assinghausen umleiten

Langfristig sei die einzige Lösung, den Transitverkehr nicht mehr über die B480 zu leiten, „dafür sind die Dörfer einfach nicht gemacht.“ Mittelfristig hofft Ludwig Besse, dass Assinghausen über den Lärmaktionsplan der Stadt Olsberg ein Tempolimit erreichen kann, ganz so wie in Antfeld. „In Niedersfeld ist nun Tempo 30, da rollt doch aber derselbe Verkehr durch wie bei uns“, sagt Ludwig Besse. „Von 6 bis 22 Uhr würde mir schon reichen.“ Dafür setzt er sich ein. Kurzfristig hat er nun passiven Lärmschutz bei Straßen.NRW beantragt, für die Rolladenkästen.

Lärmaktionsplan Olsberg 2029: Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen

Der nächste Lärmaktionsplan wird 2029 überprüft. Laut Stadt Olsberg werden Strecken mit jeweils einem Verkehrsaufkommen von über 3 Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr untersucht. Das LANUV hat unter diesen Vorgaben folgende Straßen(-abschnitte) kartiert: B7 von der Gemeindegrenze Bestwig bis zur Gemeindegrenze Brilon, B480 von der Gemeindegrenze Bestwig bis zur Hauptstraße, B480 von der Carlsauestraße bis zur Olsberger Straße. Das LANUV hat die B 480 in Wiemeringhausen und Assinghausen nicht für den Lärmaktionsplan kartiert und vorgesehen. Seitens der Stadt heißt es: „Die Situation in Assinghausen und Wiemeringhausen ist bekannt. Da eine Reduzierung der Geschwindigkeit nicht über den Lärmaktionsplan möglich ist, hat die Stadt Olsberg bereits Kontakt mit dem Landesbetrieb Straßen NRW aufgenommen, da die Verkehrsbelastung auf der Straßenachse der B480 auch in den Olsberger Ortsteilen Wiemeringhausen und Assinghausen mit der Belastung in den Winterberger Ortsteilen Züschen und Niedersfeld zu vergleichen ist.“ Straßen.NRW sei die zuständige Behörde.

Ulrich Middel kämpft für mehr Verkehrssicherheit in seinem Dorf

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Einer, der sich einsetzt, ist Ulrich Middel. Er lebt ebenfalls in Assinghausen. Vor Weihnachten stellt er sich auf eine Leiter und bringt am Ortseingang von Winterberg, ganz in der Nähe vom Haus der Besses, eine Geschwindigkeitsanzeige an. Sie zeigt die gefahrene Geschwindigkeit, dann folgt ein grüner oder roter Smiley, je nach Geschwindigkeit. Finanziert wurde die Anzeige durch den Dorfverein. „Das hat was gebracht, die Autos bremsen nun oft ein bisschen ab“, sagt Middel. Zufrieden ist er nicht. Er hatte sich mit einem Leserbrief an die WP gewandt, in der er die Belastung und die Bemühungen aus dem Ort schildert. So habe man sich mit langen Schriftwechseln bemüht, eine Blitzeranlage zu bekommen. Im Mai und November wurde ein mobiler Blitzer aufgestellt. In nur einer Woche wurden laut Middel Bußgelder in Höhe von 13.000 Euro eingenommen, doch eine stationäre Anlage lehnt der Kreis mit der Begründung ab, es gebe keine Gefahrenstelle – trotz extrem hoher Geschwindigkeiten von bis zu 165 km/h durch den Ort. Middel: „Da stellt man sich lieber alle vier Wochen bei Niedersfeld, Ausfahrt Eschenberg, mit einem mobilen Drei-Bein hin, da hier ja morgens um 7 Uhr richtig viel Verkehr einbiegt. Bringt wahrscheinlich richtig viel Geld in die Kasse. Zur gleichen Zeit sind in Ortschaften Kinder an den Bushaltestellen, wo teilweise mit 110 km/h vorbeigebrettert wird. Das hier noch nichts passiert ist, glänzt an ein Wunder.“

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Die Geschwindigkeitstafel des Dorfes wurde von Ulrich Middel selbst angebracht. Sie wirkt sogar, viele Autos bremsen herunter. © WP | Jana Naima Schopper

Straßen.NRW lehnt Fahrbahnverengung ab

Er habe bei Straßen.NRW nach einer Fahrbahnverengung am Ortseingang gefragt, auch, weil die Straße im Sommer ohnehin erneuert wird. Anfang Februar bekommt er die Absage. Es liege keine Unfallauffälligkeit vor, die gemessenen Geschwindigkeiten liegen bei durchschnittlich 58 km/h am Ortseingang. Einzelne, zu schnell fahrende Autos, würden für die Beurteilung nicht berücksichtigt, vielmehr gehe es darum, wie schnell 85 Prozent der gemessenen Wagen fahren würden. Straßen.NRW stellt eine Mittelinsel nur in Aussicht, wenn sich die Verkehrssicherheit in Assinghausen zukünftig verschlechtern würde. Es ist das alte Prinzip, bei dem Anwohnern stets die Frage in den Kopf kommt: „Muss denn erst etwas passieren?“

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Eine Nachbarin hat am Ortseingang Schilder angebracht, die daran erinnern sollen, vorsichtig zu fahren.  © WP | Jana Naima Schopper

Bis sich etwas tut und Straßen.NRW auf die Bemühungen der Stadt Olsberg reagiert, müssen sich die Anwohner weiter mit der Situation abfinden, auch wenn diese kaum zu ertragen ist. Sie machen es auf ihre Weise. Christine Besse sagt: „Unsere Nachbarin hat schon kleine Schilder hier aufgehängt, die sie immer in den Niederlanden kauft. Als kleine Mahnung an die Autofahrer.“

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