Marsberg/Brilon. Der Regionalplanentwurf HSK sieht Flächen für Windräder am Diemelsee vor. Dagegen erheben Anwohner und Kommune Einspruch. Mit deutlichen Worten.
Windräder direkt am Diemelsee - wenn es nach dem aktuellen Regionalplanentwurf der Bezirksregierung Arnsberg geht, könnte diese Vorstellung einmal Wirklichkeit werden. Auch der aktuelle Entwurf, der nach der ersten Offenlage im vergangenen Frühling stellenweise geändert wurde, weist die Hügelkuppe am Remstoß/Buttenberg, die über dem Diemelseeufer thront, weiterhin als Windpotentialfläche aus. Was das nun für den Planungsstand bedeutet, erklärt Helmut Löhring vom Amt für Planung und Liegenschaften in Marsberg.
Was geschehen ist
Unter den Windenergiebereichen, die im Regionalplanentwurf im Stadtgebiet Marsberg ursprünglich ausgewiesen wurden, lag auch ein 175 Hektar in unmittelbarer Umgebung des Diemelsees. Die Vorstellung, dass sich oberhalb des Sees inmitten von beliebten Wandergebieten einmal knapp 200 Meter hohe Windräder auftürmen und das Diemelsee-Panorama dominieren könnten, stieß bei vielen Anwohnern der Umgebung auf wenig Gegenliebe: bei einer Ortsbeiratssitzung in Helminghausen im vergangenen Sommer äußerten viele Teilnehmer ihre Bedenken. Auch die Stadt Marsberg äußerte sich damals in einer Stellungnahme zu dem Entwurf mit der dringenden Empfehlung an die Bezirksregierung, die Fläche erneut zu prüfen: Die Kommune gab zu bedenken, dass bei der Planung nicht der vorgesehene Abstand zu bedeutsamen Wanderwegen wie z.B. der Sauerlandwaldroute eingehalten wurde.
Diese Stellungnahme hat jedoch wenig Effekt gezeigt, wie Helmut Löhring von der Stadt Marsberg erklärt: In dem überarbeiteten Entwurf, der nun erneut für eine Begutachtung offengelegt wurde, ist die Fläche am Diemelsee nach wie vor gekennzeichnet - wenn auch geringfügig kleiner in dem Bereich, wo sie ins Briloner Stadtgebiet ragt. „Auch im Stadtgebiet Marsberg wurden manche Bereiche verkleinert“, erklärt Helmut Löhring. In zwei Fällen seien auch Flächen ganz entfallen: Eine Fläche nahe Borntosten sowie das Areal „Meierberg“ in Westheim.
Marsberg gibt neue Stellungnahme ab
Zu dem veränderten Entwurf der Bezirksregierung hat die Stadt Marsberg nun erneut eine Stellungnahme abgegeben und greift dort zu einem schärferen Tonfall. Zu dem Areal „Remstoß“ nahe des Diemelsees spricht die Kommune die dringende Empfehlung aus, vollständig auf den Windenergiebereich zu verzichten. Erneut betont sie die Bedeutung der Fläche, die sich inmitten des Naturparks Diemelsee befindet, als Erholungsgebiet für Touristen und Einwohner. „Die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb dieses bedeutsamen Landschaftsraumes steht den touristischen Zielen der Stadt Marsberg entgegen“, erklärt die Kommune. „Die Raumnutzungsfunktion ‚Naherholung‘ in Verbindung mit den naturschutzfachlichen Aspekten besitzt an dieser Stelle einen deutlich höheren Stellenwert als die rein wirtschaftliche Entwicklung von Windenergie.“ Es ist gleiche Empfehlung, die die Stadt auch für die Gebiete „Raumberger Weg“ und „Hessinghausen“ in der Nähe von Padberg und Helminghausen ausspricht: Auch hier liegen die ausgewiesenen Flächen inmitten von touristisch bedeutsamen Naturidyllen und Wanderparadiesen.
Wie es am Diemelsee nun weitergeht
Ob diese Stellungnahme einen Einfluss auf die Regionalplanung haben wird? Helmut Löhring verspricht sich keinen großen Erfolg: „Wir hätten noch weitere Argumente sammeln müssen.“ Es hätte zum Beispiel behördliche Gutachten gebraucht, um den Standpunkt der Kommune zu untermauern. „Doch das war in so einem knappen Zeitrahmen nicht umzusetzen.“ Auch habe ein gemeinsamer Erörterungstermin mit der Bezirksregierung gezeigt, dass die Planungsbehörde die Flächen mit Blick auf touristische Faktoren anders bewertet als von der Stadt.
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Nun müsse man den Beschluss des Regionalrats abwarten. „Die neuen Stellungnahmen werden noch einmal ausgewertet, aber es wird voraussichtlich keinen weiteren Erörterungstermin geben“, erklärt Helmut Löhring. Mit einem Beschluss rechne er ab Juni 2025. Man müsse jedoch davon ausgehen, dass vorerst weiter mit der Windenergiefläche am Diemelsee geplant werde: „Auch wenn jetzt noch keine Windkraftanlagen geplant sind, ist davon auszugehen, dass Projektierer da Pläne entwickeln. Die Stadt Marsberg kann darauf nur bedingt Einfluss nehmen.“
Kein Wildwuchs von Windrädern am Diemelsee
Es gebe jedoch im weiteren Verfahren noch die Möglichkeit, bei der Windenergieplanung am Diemelsee mitzureden. „Wenn der Regionalplan rechtskräftig ist und konkrete Planungen von Projektierern bestehen, können zum Beispiel Naturschutzverbände Einspruch erheben“, erläutert Helmut Löhring. Auch die Kommune müsse dann in konkrete Planungsverfahren einbezogen und Unterlagen zu dem Verfahren öffentlich gemacht werden. „Da kann nichts hinter unserem Rücken passieren.“
„Noch können wir nicht durchatmen.“
Und es gibt noch eine weitere Entwicklung, die den Gegnern von Windkraftanlagen möglicherweise in die Karten spielen kann: Ende Januar hat das Land Nordrhein-Westfalen eine Änderung des Landesplanungsgesetzes beschlossen. Nach diesem dürfen Windräder, die außerhalb von den festgelegten Vorranggebieten geplant werden, für einen Zeitraum von sechs Monaten nicht genehmigt werden. Damit will das Land NRW den Wildwuchs von Windrädern in der Übergangsphase verhindern, bis die neue Regionalplanung und damit die Windenergiebereiche feststehen. Welchen Einfluss die Gesetzesänderung auf das Regionalplanungsverfahren haben wird, sei jedoch nicht abzusehen, erklärt Helmut Löhring. Als planungsrechtliche Grundlage gegen den Wildwuchs von Windrädern begrüße die Stadt Marsberg diesen Vorstoß: „Wir sind froh, dass es eine Lenkungsfunktion gibt.“ Und auch bei der Regionalplanung habe die Kommune grundsätzlich Verständnis für die Ausweisung von vielen Windenergiebereichen. „Wir sind nicht mit allen Bereichen einverstanden, aber wir sind kompromissbereit.“
Was nun aus dem umstrittenen Gebiet am Diemelsee wird, bleibe jedoch abzuwarten. „Noch können wir nicht durchatmen“, sagt Helmut Löhring. Aber selbst wenn der Entwurf der Regionalplanung sich nicht mehr ändere, bedeute das nicht, dass am See in jedem Fall Windräder gebaut würden. „Wir werden dann auf jeden Fall Gelegenheit haben, näher hinzuschauen.“