Marsberg. Robert Ihde aus Marsberg ist geschockt von seinem Grundsteuerbescheid. Vielen Bürgern geht es so wie ihm. Sie machen nun ihrem ganzen Ärger Luft.
Als die ersten Grundsteuerbescheide für das Jahr 2025 zu Beginn der vergangenen Woche in den Briefkästen landeten, trauten viele Marsberger ihren Augen nicht. Der einheitliche Hebesatz von 673 Prozent für Wohngrundstücke, den die Stadt Marsberg im Herbst festgesetzt hatte, sorgt für starke Schwankungen: Während die Steuer für manche Marsberger konstant bleibt oder sinkt, müssen andere nun tief in die Tasche greifen. Vor allem bei Letzteren sorgt das in vielen Fällen für Unmut: Nicht wenige Marsberger bekunden in den Sozialen Medien ihren Frust, darunter auch Michael Loer und Robert Ihde. Und sie erhalten viel Zuspruch.
Grundsteuer sorgt für Frustration
„Es gab viele Reaktionen“, erzählt Robert Ihde. „Damit hat man einen Nerv getroffen.“ Rund 977 Euro soll er in diesem Jahr für sein Wohngrundstück plötzlich bezahlen - im vergangenen Jahr waren es rund 219 Euro. „Das ist eine Steigerung von 347 Prozent“, erklärt Robert Ihde. Darauf sei er nicht vorbereitet gewesen. Mit dem neuen Messbetrag, der im Zuge der Grundsteuerreform für sein Wohngrundstück nahe der Diemel festgesetzt worden war, hatte der Marsberger die Kosten schon einmal vorab durchgerechnet. Bereits mit dem alten Hebesatz von 484 Prozent sei das eine beachtliche Summe gewesen. Als dieser dann aber auch noch auf 673 Prozent angehoben wurde, schoss die Summe durch die Decke. „Das habe ich nicht kommen sehen“, erklärt Robert Ihde und ist schockiert: „Ich habe ja noch Glück und kann das bezahlen, aber was sollen denn die Menschen machen, die jetzt schon jeden Cent umdrehen müssen?“
„Was hat Marsberg denn für mich getan, um nun diesen Hebesatz zu rechtfertigen? Der liegt weit über dem NRW-Durchschnitt von 614 Prozent.“
Er plane, Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid zu erheben in der Hoffnung, dass der Messbetrag für sein Wohngrundstück gesenkt werde. Aber auch hier sieht er große Hürden für die Menschen, die weniger Mittel zur Verfügung haben: Die Kosten für das Prüfungsverfahren müsse der Antragsteller selbst zahlen, wenn dem Einspruch nicht stattgegeben wird. „Das kann sich nicht jeder leisten. Da werden manche Menschen von vornerein ausgeschlossen.“
Lesen Sie auch
- Busse im HSK: ÖPNV-Experte versteht Fahrplan-Frust nicht
- Hass gegen LGBTQ: „Perverses Zeug wird hier nicht verteilt“
- Start-up insolvent: Was das fürs Holocafé Winterberg heißt
- Wolf-Experte im Sauerland: „Müssen auch beim Wolf eingreifen“
- Wirt im Sauerland fürchtet: „Die Grenze ist jetzt erreicht“
- Winterberg: Influencer sind ein unkontrollierbares Problem
Kleckerbeträge und Behördenwahnsinn
Ratlosigkeit wegen seiner Grundsteuerbescheide empfindet auch Michael Loer. Der Beringhäuser hat zwei verschiedene Bescheide erhalten, einen für ein Gartengrundstück und einen für sein Wohngrundstück in dem Marsberger Ortsteil. Als er die Schriftstücke in den Händen hielt, habe er nicht schlecht gestaunt: Der Betrag, den er nun für das Wohngrundstück in dem Marsberger Ortsteil Beringhausen bezahlen soll, sei um mehr als 600 Euro gestiegen. „Ein Stück weit bin ich selbst schuld“, erklärt er, denn er habe im Vorfeld keine Grundsteuererklärung beim Finanzamt abgegeben. „Ich war davon ausgegangen, dass das umstrittene Verfahren gar nicht zum Tragen kommt und wieder gekippt wird.“ Die Schätzung, die das Finanzamt daraufhin vorgenommen habe, sei viel zu hoch gewesen – und so er habe seine Lektion gelernt.
Trotzdem sei auch er unzufrieden: Dass die Stadt Marsberg bei der Grundsteuer nun so einen stattlichen Hebesatz zugrunde legt, könne er nicht nachvollziehen: „Was hat Marsberg denn für mich getan, um nun diesen Hebesatz zu rechtfertigen? Der liegt weit über dem NRW-Durchschnitt von 614 Prozent.“ Grundsätzlich sei er bereit dazu, mehr Steuern zu bezahlen – wenn die Stadt im Gegenzug mehr Leistung für ihre Bürger erbringt. Nur den Status Quo zu erhalten, reiche ihm nicht. „Die Bürger erwarten dafür auch eine Gegenleistung.“ Zusammen mit den übrigen Abgaben und Gebühren müsse er rund 2500 Euro für das Jahr 2025 einkalkulieren. Kosten, die in der normalen Inflation gar nicht erfasst würden. „Es sind diese laufenden Kosten, die dem Bürger weh tun“, sagt Michael Loer. „Deshalb ärgert mich das sehr.“
Kritik an der Kommunikationsweise der Stadt
Darüber, wie der Hebesatz von 673 Prozent zustande gekommen ist, herrscht bei vielen Bürgern Unklarheit. Auch in der Ratssitzung am 6. Februar eröffnete ein Marsberger Anwohner das Thema und kritisierte die Kommunikationsweise der Stadt Marsberg. Die Kommunikation zu dem Grundsteuerverfahren liege in der Verantwortung der Finanzbehörden, erklärte Kämmerin Ann-Christin Kern dazu. Dementsprechend sei eine Mitteilung durch das Finanzamt mit Erläuterungen des Verfahrens erfolgt. Sie räumte jedoch ein, dass diese Mitteilung bereits einige Zeit zurückliege.
Die WP im Altkreis Brilon auf Social Media
- Abonniere den Kanal WP Brilon/Winterberg - Westfalenpost auf WhatsApp.
- Immer auf dem neuesten Stand bleiben: Unsere News-App gibt es auch für Android und iPhone
An der Kommunikationsweise der Stadt Marsberg übt auch Marsberger Robert Ihde harte Kritik: Über die Erhöhung des Hebesatzes seien die Bürger nicht angemessen informiert worden. „Bei solchen Gebührenerhebungen müssen die Bürger direkt angesprochen werden.“ Auch die Aussage der Stadt, dass sich durch den neuen Hebesatz der Steuerbetrag für einzelne Grundstückseigner zwar verschieben könne, das gesamte Steueraufkommen für die Kommune jedoch konstant bleibe, hält Robert Ihde nicht für ausreichend transparent. Wie groß die Steuerlast in der Folge für einzelne Bürger werden könne, werde dabei nicht deutlich: „Mit dieser Aussage kann ich als Betroffener nichts anfangen.“

Auch der Marsberger Steuerberater Franz-Josef Schmelter, der schon zuvor Kritik an der Vorgehensweise der Kommune bei der Festlegung der neuen Hebesätze geübt hatte, ist mit der Kommunikationsarbeit der Stadt Marsberg unzufrieden: „Es war klar abzusehen, dass jetzt viele Menschen nicht nachvollziehen können, warum sie so viel bezahlen müssen.“ Als Information über die neuen Steuersätze habe es lediglich eine Mitteilung im Amtsblatt und den Verweis darauf gegeben, dass die Kommune nach Empfehlung des Landes gehandelt habe. Das reiche jedoch nicht aus, um die Marsberger Bürger angemessen über das Verfahren und den von der Kommune festgelegten Hebesatz aufzuklären, findet Franz-Josef Schmelter. Eine solche Aufklärungsarbeit für die Bürger gehöre seiner Meinung nach klar zu den Aufgaben der Verwaltung. Der Steuerberater verweist auf die Transparenzarbeit von anderen Kommunen im Altkreis Brilon, die seiner Ansicht nach deutlich mehr Informationsarbeit geleistet hätten. „So, wie das in Marsberg gehandhabt wird, kann sich doch kein Laie informieren.“ Für jene, die sich im Nachgang intensiver mit Hintergründen zu den neuen Steuersätzen informieren wollen, empfiehlt er die Internetseite der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen: https://www.finanzverwaltung.nrw.de/Grundsteuerreform