Marsberg. Marsberg erhebt einheitliche Hebesätze. Das hat Nachteile für viele Hausbesitzer und Mieter, wie Steuerberater Franz Schmelter erklärt.

Ab dem 1. Januar 2025 erheben die Kommunen die Grundsteuer nach einem neuen Verfahren. Für viele Besitzer insbesondere von Wohngrundstücken in Marsberg kann das teuer werden: als einzige Kommune im Altkreis Brilon hat sich die Stadt Marsberg gegen differenzierte Hebesätze bei der Grundsteuer entschieden. Was das für Wohnhausbesitzer und Mieter in Marsberg bedeuten kann, erklärt der Steuerberater und ehemalige Finanzbeamte Franz-Josef Schmelter:

Die Einnahmen, die eine Kommune aus der Grundsteuer erzielt, setzen sich aus der Grundsteuer A (für land- oder forstwirtschaftlich genutzte Flächen und Gebäude) und der Grundsteuer B zusammen. Unter diese fallen Wohngrundstücke wie z.B. Ein- oder Mehrfamilienhäuser, aber auch Nichtwohngrundstücke wie geschäfts- oder gemischtgenutzte Flächen ebenso wie unbebaute Grundstücke. Auch nach der Reform des Grundsteuergesetzes sollen die Einnahmen, die der Stadt Marsberg aus der Grundsteuer zufließen, gleich bleiben: 3.064.449 Euro sind es im Jahr 2024. Doch mit dem neuen Verfahren verschiebt sich die Steuerlast für einzelne Grundstücksbesitzer der Steuerklasse B ab kommenden Januar zum Teil enorm. Mit der Einführung von differenzierten Hebesätzen hätte die Stadt Marsberg einen kleinen Ausgleich schaffen können, erklärt Franz Schmelter: „Da hätte es Spielraum gegeben. Aber jetzt ist es zu spät.“

Franz-Josef Schmelter ist Steuerberater und Finanzbeamter a.D. aus Marsberg.
Franz-Josef Schmelter ist Steuerberater und Finanzbeamter a.D. aus Marsberg. © WP | Rebekka Siebers

Die Gewinner und Verlierer der Grundsteuerreform

Die Reform hat dafür gesorgt, dass für viele Flächen ein neuer Grundsteuerwert in Anlehnung an die heutigen Verkehrswerte ermittelt wurde. Eine gute Nachricht für die Besitzer von älteren Wohngebäuden und solchen, die sowohl zum Wohnen als auch betrieblich genutzt werden: Bei vielen schlägt sich eine Wertminderung im Steuermessbetrag nieder - deutlicher als zuvor. Viele Grundbesitzer vor allem von Nichtwohngrundstücken müssen nur noch einen Mindestbetrag von 30 Prozent des Gebäudewerts zahlen. Auch für die Inhaber von „Nichtwohngrundstücken“, also land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen, hat sich einiges geändert. Die Hebesätze für diese Grundstücke, die unter Grundsteuer A fallen, sind vielerorts stark gesunken. Der Grund: Die Gebäude auf solchen Grundstücken, die zum Wohnen genutzt werden (wie z.B. Bauernhäuser), fallen nach dem neuen Verfahren ebenfalls unter die Grundsteuer B. Weil ein großer Teil der Gebäude bald anders versteuert werden muss, gibt es vor allem in ländlichen Gegenden nun viel weniger Grundsteuererträge aus der Land- und Forstwirtschaft. Dafür werden diese Gegenden nun stärker mit der Grundsteuer B belastet.

Was gut für die einen ist, hat für andere Nachteile: Weil sich die Höhe der Gesamteinnahmen, die eine Kommune durch die Grundsteuer erhält, nicht verändern soll, sind Hebesätze nötig, die das gesunkene Messbetragsvolumen nach oben korrigieren. Das heißt konkret: Wo die eine Gruppe von Eigentümern dank der Neubewertung der Grundstücke weniger zahlen muss, muss die andere Gruppe die fehlenden Steuereinnahmen ausgleichen. Den schwarzen Peter haben hier u.a. Besitzer von neueren Wohnhäusern auf Wohngrundstücken oder die Eigentümer großer Grundstücke gezogen. Wegen der stark einbrechenden Steuereinnahmen z.B. für Nichtwohngrundstücke müssen sie den Ausgleich stemmen. Das bedeutet: für sie steigen die Hebesätze und damit auch die Steuerlast. „Es werden nicht alle sein, die bald viel mehr bezahlen müssen, aber viele“, erklärt Franz Schmelter. „Wer neu gebaut hat, der zahlt meist drauf.“ Infolge des einheitlichen Hebesatzes würden dann auch Wohnkosten zukünftig steigen, erklärt der Steuerberater: „Das trifft auch die Mieter, weil die Hauseigentümer die höheren Steuern auf die Nebenkosten werden umlegen müssen.“

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Einheitliche Hebesätze in Marsberg

Wie viel Steuer für eine Fläche anfällt, ergibt sich aus dem Grundsteuermessbetrag multipliziert mit dem Hebesatz. Während der Messbetrag vom Finanzamt ermittelt wird, kann die Kommune einen eigenen Hebesatz festlegen, mit dem sie auf die benötigte Steuersumme kommt. Doch damit sich die Steuerlast nicht zu stark auf die Wohngrundstücke verschiebt und die Wohnkosten dadurch zu hoch werden, hat das Finanzministerium im Juli das Grundsteuerhebegesetz NRW angepasst: die Kommunen können so anstelle von einheitlichen Hebesätzen auch differenzierte, also individuell angepasste Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke festlegen. Die Stadt Marsberg hat sich jedoch dagegen entschieden und die Empfehlung des Ministeriums für einheitliche Hebesätze übernommen: der Hebesatz für Grundsteuer A wird auf 222 Prozent gesenkt und für Grundsteuer B auf 673 Prozent erhöht.

„Ein Fehler“, findet Franz-Josef Schmelter, „Für Marsberger mit Wohngrundstücken ergeben sich dadurch zum Teil große Nachteile.“ Er rechnet exemplarisch durch: Mit der Neubewertung der Grundstücke und der Umsetzung des einheitlichen Hebesatzes sinke die Grundsteuer A für Nichtwohngrundstücke in Marsberg von bisher 1.150.454 Euro auf 674.447 Euro, also seien es 476.007 Euro weniger. Für Wohngrundstücke hingegen steige die Grundsteuerhöhe von 1.774.770 auf 2.366.617 Euro, die Besitzer zahlten insgesamt 591.838 Euro mehr. Bei einem differenzierten Hebesatz, hätten die Steuersummen weniger stark geschwankt, erklärt Franz-Josef Schmelter: So hätte bei einem differenzierten Hebesatz von 550 Prozent für Wohngrundstücke die Steuerlast hier nur noch 1.934.058 Euro betragen (nur 159.288 Euro mehr). Für Nichtwohngrundstücke hätte ein differenzierte Hebesatz von 1.100 Prozent in einer Grundsteuer von 1.102.363 Euro resultiert (48.091 Euro weniger).

Franz-Josef Schmelter hat eine statistische Übersicht errechnet: So viel zahlen Grundbesitzer im Durchschnitt
Franz-Josef Schmelter hat eine statistische Übersicht errechnet: So viel zahlen Grundbesitzer im Durchschnitt

„Noch anschaulicher wird der Unterschied, wenn man sich die statistische Anzahl der Fälle anschaut“, erklärt Franz Schmelter. Dazu hat er das Messbetragsvolumen in Marsberg durch die Anzahl der Grundstücke geteilt, um die durchschnittliche Steuerhöhe zu berechnen. Sein Ergebnis: Im Durchschnitt läge die Grundsteuer bei einem Wohngrundstück (insgesamt 6.737 Fälle) in Marsberg mit dem einheitlichen Hebesatz von 673 Prozent bei rund 351 Euro, mit einem differenzierten, begrenzten Hebesatz jedoch nur bei rund 279 Euro. Bislang lag die durchschnittliche Steuer hier bei rund 275 Euro. Für ein Nichtwohngrundstück (1.618 Fälle) würde die Steuer mit einem differenzierten Hebesatz leicht ansteigen: von rund 711 Euro auf 733 Euro. Bei einem einheitlichen Hebesatz von 673 Prozent fallen jetzt dagegen nur 424, 18 Euro an. „Bei einem differenzierten Hebesatz hätte sich die Grundsteuer für alle nur leicht erhöht“, fasst Franz Schmelter zusammen. So, wie es jetzt ist, steigt die Steuerlast für die einen im Durchschnitt enorm, während sie für die anderen sinkt.

Kritik an Kommunikationsweise der Stadt

Der Steuerberater kritisiert den Umgang der Stadt Marsberg mit dem Thema Grundsteuer in der Öffentlichkeit: Für viele Bürger sei die Entscheidung der Stadt nicht nachvollziehbar und die persönlichen Auswirkungen oft nicht erkennbar, die Hintergründe für die Steuererhöhung in vielen Fällen nicht transparent genug dargestellt. Er hätte sich mehr Aufklärungsarbeit durch die Stadt gewünscht, erklärt Franz Schmelter: „Die Kommune hätte das viel enger auffangen und kommunizieren können, zumal das Finanzministerium NRW seit Juli 2024 sehr gute Argumentationshilfen und Tabellen für die erhebungsberechtigten Kommunen zur Verfügung gestellt hat.“