Marsberg. Für Schüler und Lehrer am Gymnasium Marsberg ist der Alltag aktuell eine Herausforderung, für viele nahen die Abiturprüfungen. Ein Einblick:

Für eine Doppelstunde Mathe muss Adham Jabin zum Teilstandort der Sekundarschule an der Trift pendeln, für den Musikunterricht dann wieder zum Gymnasium. „Dabei geht viel Pausenzeit verloren“, erzählt der Schüler. Für einen Großteil der Schülerinnen und Schüler des Carolus-Magnus-Gymnasiums Marsberg und die meisten Lehrenden sieht der Schulalltag aktuell genau so aus: Unterricht an verschiedenen Standorten in der Stadt, dazwischen zeitaufwendige Pendelei, kürzere Pausen, weitere Wege zu den Bushaltestellen, Unterricht in Doppelstunden und verschiedene Hausordnungen an den einzelnen Standorten.

„Am meisten fehlt der Austausch mit den anderen Stufen in den Pausen“, erklärt Adham Jabin. Er ist stellvertretender Schülersprecher und geht in die Jahrgangstufe 11, die Einführungsphase - für sie findet der meiste Unterricht am Teilstandort Trift an der Sekundarschule statt, ebenso wie für die Stufe 8 und die Klasse 9a. Die Klasse 9b und die Jahrgangstufe 10 lernen derweil am anderen Teilstandort der Sekundarschule, in der Lillers-Straße. Nur für Fächer wie z.B. Musik pendeln die Schülerinnen und Schüler von den Teilstandorten wieder zum Gymnasium, wo die jüngeren Jahrgangstufen und der Abiturjahrgang in den verbliebenen nutzbaren Räumen des Schulgebäudes unterrichtet werden. Der größte Gebäudeteil ist weiterhin gesperrt: Seit hier in den Sommerferien schwerwiegende Baumängel gefunden wurden, dürfen die Schülerinnen und Schüler ihn nicht betreten. Durch das Zusammenrücken in der Sekundarschule und die Aufteilung der Klassen auf die Teilstandorte ist der Unterricht zwar weiterhin gewährleistet. Aber die Schulgemeinschaft leide auch darunter, findet Adham Jabin: „Dass man auch die anderen Stufen treffen und sich austauschen kann. Das fehlt.“

Schule ohne Schulgebäude: Wie Schüler*innen und Lehrende des Carolus-Magnus-Gymnasiums in Marsberg ihren komplizierten Alltag erleben
Schüler und Lehrer des Carolus-Magnus-Gymnasiums in Marsberg berichten von ihrem komplizierten Alltag: (v.l.) Lehrer Ralf Pohlmeyer, die beiden Schüler Adham Jabin und Justus Dicke und Ralf Trachternach, der kommissarische Schulleiter. © WP | Rebekka Siebers

Optimismus bleibt bei Schülern und Lehrenden in Marsberg

Auch für den Abiturjahrgang Q2, der weiter am Hauptstandort unterrichtet wird, ist die Lage schwierig. Durch die Sperrung des Hauptgebäudes können z.B. die speziell ausgerüsteten Fachräume für Biologie, Physik und Chemie nicht genutzt werden. Schülersprecher Justus Dicke ist einer von jenen, die im Frühling ihr Abitur am Gymnasium machen wollen. Vor allem der Naturwissenschaftsunterricht sei unter den gegebenen Bedingungen schwierig, erklärt er: „In dieser Situation ist es schwer, sich so kurz vor dem Abitur auf die Prüfungen vorzubereiten.“ Trotzdem sei die Stimmung allgemein gut, meint Justus Dicke: „Wir sehen das als Jahrgangsstufe nicht so negativ.“ Adham Jabin pflichtet dem Schülersprecher bei: Das gelte auch für die restlichen Stufen, ob am Hauptstandort oder in den Teilstandorten: „Wir sind da alle ganz optimistisch und vor allem dankbar, dass die Sekundarschule den Unterricht für uns so möglich macht.“

Im Lehrerzimmer, das aufgrund der räumlichen Distanz zwischen den Unterrichtsorten momentan quasi nur virtuell existiert, herrsche grundsätzlich positive Stimmung. „Natürlich ist die Situation für alle eine große Herausforderung, aber wir haben einen starken Zusammenhalt“, erklärt Ralf Pohlmeyer. Er ist Lehrer für Mathematik und Biologie und pendelt für den Unterricht in den verschiedenen Jahrgangstufen zwischen den Standorten hin und her. Auch wenn in den naturwissenschaftlichen Fächern raumbedingt an manchen Stellen Abstriche gemacht werden müssten, funktioniere das behelfsmäßige Unterrichtssystem: „Je nach Fach und Thema können wir viel kompensieren. Wir machen, was geht.“ Trotzdem bedeute die Standortaufteilung und die damit verbundenen Pendelstrecken zwischen den Unterrichtsstunden für die Lehrenden mehr Stress und weniger Pausen, was für zusätzliche Belastung im Schulalltag sorge. Am meisten fehle jedoch auch hier die Vernetzung und der Austausch vor Ort, im analogen Lehrerzimmer: „Das Lehrerzimmer ist wichtig für den gegenseitigen Austausch und die Organisation unter den Lehrenden. Das funktioniert zwar auch digital, ist aber in Präsenz etwas ganz anderes.“

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Klassenraumcontainer sollen Abhilfe schaffen

Sehnsüchtig warten die Schülerinnen und Schüler und die Lehrenden auf die Klassenraumcontainer, welche die Stadt Marsberg zur Verfügung stellen will, um wieder den Unterricht für die gesamte Schulgemeinschaft an einem gemeinsamen Standort zu ermöglichen. „Der Fokus liegt vor allem auf den Fachcontainern für den Naturwissenschaftsunterricht“, erklärt Ralf Trachternach, der kommissarische Schulleiter des CMG. „Aber wir fiebern dem Zeitpunkt entgegen, an dem wir wieder alle an einem Standort sind.“ Genau das bis spätestens zu Beginn des nächsten Schuljahrs möglich zu machen, hat die Stadt Marsberg fest zugesagt. Und bis dahin wollen sich Schulleitung und Kollegium nicht zurücklehnen: Anstatt angesichts der Gebäude-Krise in Apathie zu verfallen, will man die Schulentwicklung vorantreiben. „Wir haben viele Pläne“, erzählt Ralf Trachternach. Er spricht von einem Neustart, nicht nur inhaltlich, sondern auch formal: Ein neues Leitbild für die Schule zu entwickeln, ein neues Schulprofil zu entwerfen und umzusetzen, die Betreuung und Beratung der Oberstufe zu intensivieren, die Planung von Projekttagen, engere Zusammenarbeit mit der Marsberger Wirtschaft, die Vernetzung der Schülerinnen und Schüler mit den Betrieben. „Es gibt sehr viele Ideen und viel Elan“, sagt Ralf Trachternach.

Ralf Trachternach ist seit den Sommerferien kommissarischer Schulleiter am Carolus-Magnus-Gymnasium.
Ralf Trachternach ist seit den Sommerferien kommissarischer Schulleiter am Carolus-Magnus-Gymnasium. © Privat | Privat

So unerwartet schwierig und herausfordernd sich das Schuljahr seit den Ferien für das Gymnasium entwickelt hat, so stark, zuversichtlich und ungebrochen präsentiert sich seine Schulgemeinschaft. „Uns ist wichtig, zu zeigen, dass es mit unserer Schule weitergeht“, erklärt Ralf Trachternach. Und diese Botschaft tragen sie alle nach außen, Schüler ebenso wie Lehrende: Hier herrscht kein Stillstand, hier geht es voran. Mit diesen Voraussetzungen geht die Schulgemeinschaft möglicherweise noch gestärkt aus der Gebäude-Krise hervor, sobald sie einmal überwunden ist. Die Chancen stehen gut.