Marsberg. Katharina Bigge aus Marsberg leitet das Bestattungsunternehmen Busch. Es ist ihr Traumberuf, doch ihre Schwangerschaft wird zur großen Hürde.
Es ist ein wichtiger Job, ein sicherer Job und doch fragen sich viele, warum man sich dafür entscheidet: Katharina Bigge aus Marsberg ist selbstständige Bestatterin. Seit Juni 2023 führt sie das Unternehmen Bestattungen Busch weiter und in wenigen Wochen kommt ihr Kind auf die Welt. Eigentlich eine schöne Zeit, doch als Selbstständige ist sie auf sich allein gestellt.
Traumberuf Bestatterin: „Genau der Job, den ich machen möchte“
Per Zufall ist die heute 37-Jährige an ihren Beruf gekommen: Nach dem Abitur habe sie zuerst Lehramt studiert, aber schnell bemerkt, dass dieser Job nicht zu ihr passt. Das Leben hatte andere Pläne: Katharina Bigge versorgte ihren pflegebedürftigen Opa. Nach seinem Tod habe sie den Bestatterberuf mehr kennengelernt und festgestellt, was die Arbeit ausmacht.
Sie fing beim Bestattungsunternehmen Busch in Marsberg an und war sich direkt sicher: „Ich wusste vom ersten Tag an, dass das genau der Job ist, den ich machen möchte“, erzählt sie. Ihr ehemaliger Chef, Friedel Busch, habe ihr alles ermöglicht. Busch suchte nach einem Nachfolger, um in den Ruhestand zu gehen und nach kurzer Zeit stand fest, dass Katharina Bigge das Unternehmen zukünftig übernehmen wird. Fünf Jahre arbeitete sie als Angestellte in der Firma und lernte von ihrem Chef. Dazu besuchte sie auch Fortbildungen, eine Ausbildung zur Bestatterin brauchte sie nicht.
365 Tage im Jahr Rufbereitschaft
„Das Wichtigste für den Beruf kann man nicht lernen“, sagt die 37-Jährige. Denn als Bestatterin brauche man Einfühlungsvermögen, Organisationstalent und vor allem die Liebe zum Beruf. Doch was gefällt der jungen Frau so sehr an einem Beruf, der sich täglich mit Trauer und Tod beschäftigt?
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„Die Arbeit mit den Lebenden“, sagt Katharina Bigge klar. „Ich liebe es, Angehörigen unmittelbar helfen zu können, den Menschen, die sich in einer Ausnahmesituation befinden, ein bisschen von der Last zu nehmen und einen Tag, den sie nur einmal bewältigen können, ein Stück leichter zu machen.“ In ihrem Job lernt Katharina Bigge viele verschiedene Menschen kennen, auch das gefällt ihr gut. „Es zeigt, wie unterschiedlich und doch ähnlich wir uns alle sind“, sagt sie.
Einen festen Arbeitsalltag hat die 37-Jährige nicht. „Kein Tag ist wie der andere“, verrät sie. Es gebe Tage, an denen sie drei Stunden und wieder andere Tage, an denen sie 12 Stunden arbeite. „Das geht von bis.“ Die Kundschaft bestimme ihren Alltag. Dafür hat sie aber rundum Rufbereitschaft – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr.
Selbstständig und schwanger: Viel Unterstützung durch die Familie
Katharina Bigge leitet ihr Bestattungsunternehmen alleine, Unterstützung bekomme sie von ihren Eltern und ihrem Mann. Eine Hilfe, die sie vor allem jetzt während ihrer Schwangerschaft dringend benötigt. Wäre sie eine angestellte Bestatterin, dürfte sie viele der Aufgaben eigentlich nicht mehr ausüben. Zu hoch ist die Infektionsgefahr oder sie muss lange stehen und schwer heben.
Junge Gründer im HSK erzählen
Für die Serie „Junge Gründer im HSK“ sprechen wir mit den unterschiedlichsten Menschen aus dem Hochsauerlandkreis, die in ihren 20er oder 30 Jahren sind und sich selbstständig gemacht haben. Sie erzählen von ihren Erfahrungen in der Selbstständigkeit und den Herausforderungen, die eine Unternehmensgründung mit sich bringt.
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Alle Texte lesen Sie unter: www.wp.de/lokales/junge-gruender-im-hsk-unsere-sereie/
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Doch als Selbstständige hat sie diese Möglichkeit nicht, auch in den Mutterschutz werde sie nicht gehen. „Das ist das Los der Selbstständigen. Ich kann es mir nicht leisten, das Beerdigungsunternehmen für mehrere Monate zu schließen. In der Zeit kann ich den Menschen nicht helfen, die auf mich angewiesen sind“, erklärt sie.
Ihr Mann und ihre Eltern unterstützen Katharina Bigge bei den Aufgaben, die sie nicht mehr bewältigen kann. „Das geht nur, weil meine Familie, mein ganzes Umfeld mich unterstützt. Ich bin der dankbarste Mensch der Welt, dass ich meinen Traumberuf machen kann.“ Wenn das Kind da ist, werde auch ihr Mann in Elternzeit gehen.
Was sie sich wünscht
Katharina Bigge hat Glück, eine solche Unterstützung zu bekommen. „Ich wünschte mir, dass Selbstständigkeit und Familie nicht mehr als zwei Bausteine angesehen wird“, sagt sie. Es werde viel über den Wunsch nach mehr Selbstständigen gesprochen und auch viel über den Wunsch nach mehr Familien – „aber nie über die Brücke dazwischen“, betont sie. Auch jungen, selbstständigen Vätern gehe es in der Situation nicht anders.
Selbstständigkeit bedeute Engagement, Enthusiasmus und Durchhaltevermögen. Man müsse auch bereit sein, vor allem am Anfang auf vieles zu verzichten – auf Freizeit und Luxus, so die 37-Jährige weiter. „Im Endeffekt steckt man sein ganzes Leben in die Selbstständigkeit.“ Doch: „Ich würde mich nochmal so entscheiden und ich würde nicht tauschen wollen“, sagt Katharina Bigge trotz der stressigen Zeit, in der sie sich gerade befindet. „Weil es mein Beruf ist“, erklärt sie.