Hochsauerlandkreis. WP-Redakteur Franz Köster über Trumps Populismus: Warum der Hochsauerlandkreis jetzt aufpassen muss – ein Kommentar.

Haben Sie, liebe Leser, auch ein Déjà-vu? Schon 2016 konnte man einen Sieg von Donald Trump kaum für möglich halten, zumindest wenn man sich auf die Berichterstattung in Deutschland verlassen hat. Dieser Mann soll Präsident werden? No way! Und jetzt ist es wieder passiert. An der Spitze des mächtigsten Landes der Welt steht erneut ein Mann, der Frauen verachtet, schamlos Lügen verbreitet und ein verurteilter Straftäter ist. Kurz: Man darf durchaus berechtigte Zweifel an seiner demokratischen Eignung haben. Trotzdem: Den Wählern in den USA konnte er offenbar ein Angebot machen, das verfing. Doch was sind die Gründe für Trumps erneuten Sieg? Und warum finden ähnliche populistische Entwicklungen auch im Hochsauerlandkreis Anklang?

„Ein Blick auf die Europawahl im Hochsauerlandkreis zeigt, dass diese Entwicklung bereits vor unserer Haustür angekommen ist: Die AfD kam dort auf über zwölf Prozent. Das ist kein Warnsignal mehr, das ist bereits eine Realität, die ernst genommen werden muss.“

Trump mag polarisieren, doch für viele verkörpert er das Versprechen einer klaren, kompromisslosen Richtung. Eine Botschaft, die anscheinend auch 2024 wieder genug Resonanz fand. Vor allem die Frustration über das Establishment und der Eindruck, dass die Politik keine Antworten auf die Herausforderungen des Alltags liefert, trieben seine Anhänger an die Wahlurnen. Dass Trump einfache Antworten auf komplexe Fragen präsentiert, scheint kein Versehen zu sein, sondern ist seine stärkste Waffe.

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Dass Kamala Harris ihre Anhänger nach stundenlangem Warten auf der offiziellen Wahlparty wortlos stehen ließ, spricht Bände über die Einstellung der Demokraten. Die Partei verpasste die Gelegenheit, ihre Basis in einem Moment der Niederlage abzuholen – ein Mangel an Instinkt, der symbolisch für das Vakuum steht, das Trump für sich zu füllen wusste.

AfD wittert vermutlich bereits Morgenluft

Trumps Rückkehr ins Weiße Haus stellt Europa vor Herausforderungen. Olaf Scholz muss sich auf eine unberechenbare US-Außenpolitik einstellen – als Kanzler mit schwacher Rückendeckung und einer zerstrittenen Ampelkoalition. Wie reagiert man auf einen Partner, der multilaterale Bündnisse ablehnt und europäische Sicherheit als Verhandlungsmasse sieht? Die fragilen Verhältnisse in der Ampelkoalition erschweren dies zusätzlich.

Und auch innenpolitisch dürfte Trumps Wahlsieg spürbare Folgen haben. Die Bundestagswahlen und die Kommunalwahlen stehen vor der Tür, und eine Polarisierung der politischen Debatte ähnlich wie in den USA scheint zumindest nicht unwahrscheinlich. Die AfD wittert vermutlich bereits Morgenluft. Für die anderen Parteien bedeutet das: Sie dürfen sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Die Wähler wollen Lösungen, keine Ausreden. Sie wollen eine Perspektive für die Zukunft, keine gegenseitigen Schuldzuweisungen.

Ein Trugschluss wäre es, die Lage als einzigartig amerikanisch abzutun. Populismus und ein tiefes Misstrauen gegenüber der Politik sind auch bei uns auf dem Vormarsch. Wer glaubt, Deutschland sei gegen eine solche Entwicklung immun, hat die Lektionen nicht gelernt. Ein Blick auf die Europawahl im Hochsauerlandkreis zeigt, dass diese Entwicklung bereits vor unserer Haustür angekommen ist: Die AfD kam dort auf über zwölf Prozent. Das ist kein Warnsignal mehr, das ist bereits eine Realität, die ernst genommen werden muss. Die etablierten Parteien dürfen nicht länger davon ausgehen, dass ihre Positionen von selbst überzeugen. Die bittere Lektion der US-Wahlen lautet: Bürgernähe ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, wenn wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt bewahren wollen.

Im HSK fühlen sich Menschen abgehängt

Wer durch den Hochsauerlandkreis fährt, versteht nämlich schnell, warum sich hier viele Menschen abgehängt fühlen könnten. Die Bundesregierung kommt mit der Wärmepumpenpflicht, während die alte Heizung in der Dorfkneipe längst kalt ist – der letzte Wirt hat aufgegeben. Die Ampel träumt von der „15-Minute-City“, während die Sauerländer 40 Minuten zum nächsten Kardiologen brauchen. Wenn er denn noch Patienten annimmt.

Es ist diese Mischung aus großstädtischer Selbstgefälligkeit und ländlicher Realität, die den Populisten in die Hände spielt. Die Message aus den Machtzentralen der Republik scheint zu sein: Euer Leben ist ein Auslaufmodell. Dass sich immer mehr Menschen im ländlichen von den selbsternannten Heilsbringern à la Trump umgarnen lassen, ist daher keine Überraschung. Es ist das logische Resultat einer Politik, die die Provinz bestenfalls als Kulisse für Sommerreisen wahrnimmt.