Brilon. Innerhalb eines Jahres sterben zwei Radfahrer auf der B 480 bei Brilon. Nun könnte der Abschnitt sicherer werden. Doch war war ein langer Kampf.

Zwei Radfahrer sterben innerhalb eines Jahres auf der B 480 zwischen Brilon und Rüthen im Bereich der Einmündung „Fünf Brücken“. Bereits nach dem ersten tödlichen Unfall im August 2023, bei dem ein Radfahrer (83) beim Queren der Straße von einem Motorrad erfasst wurde, drängte Bürgermeister Dr. Christof Bartsch darauf, die Unfallstelle zu entschärfen und die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/ h auf 70 km/ h zu begrenzen. Doch nichts geschah. Nachdem am 26. August dieses Jahres erneut ein Fahrradfahrer (73) ums Leben kam - er wurde beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst - kommt offenbar Bewegung in die Sache. Die Verkehrskommission kommt am 6. September zu einem Ortstermin in Brilon zusammen. Jetzt scheint es plötzlich möglich, dass in dem Streckenabschnitt künftig ein Höchsttempo von 70 km/ h in beide Fahrtrichtungen gilt.

Ortstermin nach dem ersten tödlichen Unfall

Die Verkehrskommission tritt erneut zusammen. Es könnte sein, dass künftig in beide Fahrtrichtungen Tempo 70 gilt.
Die Verkehrskommission tritt erneut zusammen. Es könnte sein, dass künftig in beide Fahrtrichtungen Tempo 70 gilt. © Naima Schopper | Naima Schopper

Einen Ortstermin, bei dem neben der Ordnungsbehörde der Stadt auch Vertreter von Straßen.NRW und Polizei anwesend waren, gab es bereits kurz nach dem tödlichen Unglück im August 2023. Einvernehmliches Ergebnis: Eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/ h in beide Fahrtrichtungen sei nicht erforderlich, da es sich um keine Unfallhäufungsstelle handle. Denn Vorgaben der Straßenverkehrsordnung, so die Begründung, die die Stadt Brilon auf Nachfrage der Westfalenpost vor einem Jahr gab, „lassen Geschwindigkeitsbeschränkungen nur zu, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht.“ Eine solche erhebliche Gefahrenlage sei durch die vorhandene Beschilderung und die zusätzlichen baulichen Maßnahmen nicht erkennbar, urteilte auch die Verkehrskommission.

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„Ich konnte diese Einschätzung schon damals nicht teilen.“

Dr. Christof Bartsch

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„Ich konnte diese Einschätzung schon damals nicht teilen“, sagt Bartsch. Er habe Anfang 2024 um einen erneuten Ortstermin gebeten. Sowohl Kreispolizeibehörde als auch Straßen.NRW hätten dies abgelehnt, mit dem Verweis, dass sich in der Zwischenzeit keine fachlichen Änderungen ergeben hätten, die eine Notwendigkeit für einen erneuten Termin der Verkehrskommission vor Ort rechtfertigen würden.

Schreiben an Kreispolizei und Straßen.NRW ohne Erfolg

Ende Juli 2024 unternimmt der Bürgermeister einen erneuten Versuch. Er wendet sich schriftlich an Straßen.NRW und an die Kreispolizeibehörde in Meschede. In dem Schreiben, das der Westfalenpost vorliegt, schlägt Bartsch eine „intensive Prüfung“ für den „gesamten Bereich vom Ortsausgang Brilon bis hinter den Abzweig Wülfte“ vor und fordert eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 km/ h in beiden Fahrtrichtungen. In dem Streckenabschnitt habe es bereits 2008 einen tödlichen Unfall mit einem Radfahrer gegeben. Bei objektiver Betrachtung, so Bartsch, liege ein Gefahrenbereich vor, dem mit verkehrsregelnden Maßnahmen entgegengetreten werden müsse. „Am Beispiel der Einmündung des Möhneradwegs in die B 480 lässt sich dies deutlich machen“, so Bartsch in dem Schreiben. Die Sichtweite eines Radfahrers in Richtung Rüthen betrage an dieser Stelle 150 Meter. „Das heißt, dass ein erstmalig für einen aus dem Möhnetalradweg einmündenden Radfahrer sichtbares Fahrzeug mit einer derzeit zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/ h ca. fünf Sekunden nach Erkennen an der Radwegsquerung ankommt.“ Vor allem für ältere Radfahrer und Kinder entstehe dadurch eine „das übliche Risiko deutlich übersteigende Gefahrenlage“- Ähnliches gelte für die zweite relevante Einmündung. Bartsch schlussfolgerte in dem Brief an Kreispolizei und Straßen.NRW: „Es mag sein, dass es sich bei dem infrage stehenden Streckenabschnitt nicht um eine Unfallhäufungsstelle, in dem von Ihnen verstandenen Sinne handelt. Meines Erachtens sollte diese Beurteilung jedoch nicht aus der Anzahl der tatsächlich stattgefundenen Unfälle abgeleitet werden (wenngleich diese allein ausreichen sollten), sondern aus einer wie oben geschilderten objektiven Betrachtung der Gefahrenlage.“

Verkehrskommission trifft sich jetzt noch einmal vor Ort

Das Antwortschreiben der Kreispolizei kam laut Bartsch am 9. August. Darin habe die Behörde deutlich gemacht, dass es keine rechtliche Handhabe für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/ h gebe. „Eine gleichlautende Antwort habe ich auch von Straßen.NRW erhalten“, sagte Bartsch gegenüber der Westfalenpost. Dieses Behördenschreiben erreichte das Briloner Rathaus am 23. August - drei Tage vor dem tödlichen Unfall des 73-jährigen Fahrradfahrers.

Nun tritt die Verkehrskommission erneut zusammen. „Aufgrund des tödlichen Verkehrsunfalls nördlich des Ortseingangs Brilon (Möhnestraße) im Verlauf der B 480 wird sich die Unfallkommission zeitnah beraten. Hier sollen eventuelle Maßnahmen besprochen werden, um die Verkehrssicherheit im Zuge der Radwegkreuzung zu erhöhen“, schreibt Straßen.NRW auf WP-Nachfrage. Der Ortstermin soll nach Informationen unserer Redaktion bereits am 3. September stattfinden „Es ist traurig, dass noch ein Mensch sterben musste“, sagt Bartsch. Er mache den Behörden keine Vorwürfe, sie seien in ihren Entscheidungen an die Straßenverkehrsordnung gebunden. „Ich kann auch nicht mit Sicherheit behaupten, dass der Unfall vom 23. August mit verkehrsregelnden Maßnahmen nicht passiert wäre, aber ich bin froh, dass sich nun hoffentlich etwas tut.“

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Eine Möglichkeit wäre, dass kurzfristig eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 70 in beide Fahrtrichtungen veranlasst wird. Im Anschluss könnte eine Querungshilfe für Radfahrer installiert werden. Eine solche „Insel“ in der Mitte der Fahrbahn würde automatisch eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/ h in beide Fahrtrichtungen zur Folge haben.