Brilon/Winterberg. Über Brilon und Winterberg ist der Himmel voller Flugrouten: Ein Zeitraffervideo zeigt, wie viele und welche Flugzeuge über den HSK fliegen.
Im Garten sitzen, in den azurblauen Himmel schauen, den lieben Gott einen braven Mann sein lassen und zwischendurch vom Urlaub in fernen Ländern träumen. Herrlich! Wenn dann noch Flugzeuge über unsere Kirchtürme ziehen, machen wir uns vermutlich gar keine Gedanken darüber, dass dort oben vielleicht gerade ein Passagier aus New York auf dem Weg in seine Heimat nach Amsterdam oder ein Urlauber aus Brilon auf dem Rückflug von Mallorca über uns ist. Vielleicht fliegt auch gerade ein Paket mit Medikamenten aus China nach Finnland oder eine Fuhre Drachenfrüchte aus Vietnam, Baumtomaten aus Kolumbien oder Limetten aus Brasilien nach Hannover?
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Wer wissen möchte, was so über einem fliegt, der kann zum Beispiel auf die App „Flightradar24“ schauen. Und er wird feststellen, dass im Luftraum über Brilon so allerhand los ist. Auf Anfrage unserer Zeitung hat „Flightradar24“ freundlicherweise den Luftraum über dem Großraum Brilon an einem Samstag 24 Stunden lang im Visier gehabt und diese 24 Stunden zu einem fünfminütigen Video komprimiert. Die kleinen gelb-stilisierten Flugzeuge huschen dabei in alle Richtungen. Wie viele Flüge das an einem Tag waren, kann das Unternehmen nicht sagen. Sie lassen sich auch nicht in einer einzigen Karte darstellen. Es wären zu viele. Aber in dem Zeitraffervideo kann man eindrucksvoll sehen, was sich wann und wo im Luftraum so abspielt.
„Die meisten der tieferen Flüge sind natürlich die, die am Flughafen Paderborn-Lippstadt gestartet bzw. den Airport zum Ziel haben. Das sind zum Beispiel der Sun-express-Flug von Paderborn nach Antalya oder die Eurowings-Verbindung von Paderborn nach Palma de Mallorca“, schreibt Chris Lomas, Aviation Content Specialist, also Spezialist für Luftfahrtinhalte, bei „Flightradar24“ auf Nachfrage unserer Zeitung. Aber auch Flüge von Bratislava nach Eindhoven oder von Porto nach Berlin-Brandenburg fliegen über das Sauerland. Am Vormittag ist eine Maschine zu sehen, die auf dem Weg von Frankfurt nach San Francisco ist und eine andere überfliegt Brilon bei ihrer Reise von Liege in Belgien nach Changsha in der Volksrepublik China. „Am Flughafen Brilon östlich der Stadt herrscht an dem Tag reger Segelfliegerbetrieb. Hauptsächlich Segelflugzeuge vom Typ ASK-21 bis 2000 Fuß“, so Lomas weiter.
Je großflächiger man im Internet die Kartenausschnitte wählt, desto mehr wimmelt und wuselt es auf dem Globus. Es ist schier unglaublich, wie viele Flugzeuge im Einsatz sind. Experten zufolge bringen jeden Tag weltweit über 200.000 Flugzeuge Passagiere und Fracht von einem Flughafen zum anderen. Und weil die Flugzeuge im Bereich der zivilen Luftfahrt ihre Daten wie Position, Höhe, Geschwindigkeit, Abflughafen, Zielflughafen oder Flugnummer unverschlüsselt senden, kann jeder, der möchte, diese Informationen legal empfangen – zum Beispiel über „Flightradar24“.
Aber gibt es eigentlich am Himmel feste Flugrouten, also Luftautobahnen oder -bundesstraßen, die für Flugzeuge ähnlich verbindlich sind wie die Straßen für Autos? Im Prinzip ja, aber es viel mehr Abweichmöglichkeiten. Die Bundesanstalt für Flugsicherung gibt auf Anfrage unserer Zeitung Auskunft. Dass im Raum Brilon/Winterberg viele Flugzeuge am Himmel zu beobachten sind, liegt vereinfacht gesagt an einigen Flugrouten (wobei die nicht fix sind), die über unseren Köpfen geplant sind.
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Die BFA spricht von sogenannten einzelnen Verfahren, die festgelegt werden. Dabei handelt es sich um eine Art Baukasten, den die Piloten bzw. Airlines für die Flugplanung nutzen. Die Abflugverfahren verbinden den Flugplatz mit dem Streckennetz. Die Streckenverfahren bilden ein Luftstraßennetz. Einflugverfahren sind optional und führen Luftfahrzeuge aus dem Streckennetz in die Nähe von Flugplätzen und Anflugverfahren schließlich führen Luftfahrzeuge aus dem Streckennetz oder dem Ende der Einflugverfahren sicher zu den Flugplätzen.
Klingt kompliziert, ist es vermutlich auch. Denn eine Flugplanung besteht typischerweise aus allen Bausteintypen zugleich. „Welcher einzelne Baustein – oder auch mehrere – gewählt wird, wird meist durch die Richtung bestimmt, in die geflogen werden soll. Zunächst ist die Startrichtung entscheidend, die häufig durch den Bodenwind vorgegeben wird, da prinzipiell mit Gegenwind gestartet und gelandet wird. Soll der Flug dann beispielsweise in Richtung Süden führen, wird regelmäßig ein Abflugverfahren gewählt, das in Richtung Süden führt. Dies ist jedoch nicht zwingend und es kann z.B. bei Luftraumsperrungen oder aus operativen Gründen Ausnahmen geben. Bei längeren Flügen gibt häufig die Windsituation in Reiseflughöhe den Ausschlag über die Routenführung, da versucht wird, Rückenwinde auszunutzen und Gegenwinden bestmöglich auszuweichen.
„Ein Abflugverfahren des Flughafens Paderborn-Lippstadt verläuft östlich an Brilon vorbei in süd-östliche Richtung in die Gegend von Korbach. Ein Einflugverfahren beginnt bei Winterberg und verläuft direkt über Brilon in nord-nord-östliche Richtung zum Flughafen Paderborn-Lippstadt. Ein Streckenverfahren verläuft knapp nördlich von Brilon in Ost-West und West-Ost-Richtung. Weiter verlaufen Einbahnstraßen nordwestlich von Brilon in südöstliche Richtung, östlich von Brilon in süd-süd-östliche Richtung und südlich von Brilon in südwestliche Richtung“, so Kerstin Weber vom Leitungsstab Presse und Öffentlichkeitsarbeit der BAF.
Puh, ganz schön viel Theorie. Wir merken uns: Viele Wege führen nach Rom, viele sogar über Brilon, es gibt festgesteckte Flugkorridore, von denen der Pilot abweichen kann und einige davon liegen über dem Sauerland. Dann doch lieber zurück in den Garten, zum blauen Himmel und zum Blick nach oben. Da fliegen sie also braungebrannt aus Mykonos nach Amsterdam, von Bergen nach Mailand über unsere Köpfe hinweg. Ob sich die Passagiere oben Tomatensaft trinkend darüber Gedanken machen, wer ihnen von unten aus Brilon gerade zuschaut?