Brilon/Warstein. Angeblich ist die Luftqualität im Sauerland aktuell viel schlechter als im Ruhrpott. Wie konkret die Gefahr durch Feinstaub wirklich ist.

Unsere Städte und Dörfer schmücken sich mit Prädikaten wie Luftkurort, Heilklimatischer Kurort oder Kneippheilbad – und dann das. Beim Scrollen auf die gängigen Wetter-Apps der Smartphones kann man auch einen Blick auf die Luftqualität werfen. Und die stand zum Beispiel gestern in der Rubrik „Feinstaub“ auf Stufe „Gelb“.  Das ist die viertschlechteste von sechs möglichen Qualitätsgraden. Generell wurde dort der Allgemeinzustand der Luft im Raum Brilon als „mäßig“ bezeichnet und von der Lage her in die Rubrik „Städtische Industrie“ eingestuft. Aber wie kann das sein?

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Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) gibt Entwarnung: Wir Hochsauerländer können alle beruhigt auf- und durchatmen. Denn so schlecht, wie in einigen Wetter-Apps dargestellt, ist die Luft gar nicht. Eher im Gegenteil. „Insgesamt haben wir 150 Mess-Stationen in ganz NRW. Dort wird zum Beispiel der Feinstaub-, Stickstoffdioxid- oder Ozongehalt in der Luft gemessen“, erklärt LANUV-Sprecherin Birgit Kaiser de Garcia. Von Brilon aus betrachtet, befindet sich die nächstgelegene Mess-Station in Warstein. Und wegen der räumlichen Nähe übernehmen die Wetter-Apps offenbar ganz einfach diese Werte auch für angrenzende Orte. Und das sorgt für einen fatalen Irrtum.

Vorab: Seit 2014, so die Sprecherin, seien an allen Mess-Stellen des Landes die Grenzwerte eingehalten worden – allerdings nicht an allen Tagen. Aber laut EU-Richtlinie dürfen es maximal 35 Tage sein, an denen zum Beispiel der Feinstaubwert einen festgelegten Tagesmittelwert überschreitet. 2006 passierte das in Warstein noch 68 Mal, aktuell gibt es dort für dieses Jahr bis einschließlich gestern lediglich fünf Ausreißer nach oben. Das ist immer noch der schlechteste Wert im ganzen Land. Und unter allen Mess-Stellen - selbst im Vergleich zu Großstädten wie Essen oder Duisburg mit viel Innenstadtverkehr - fällt die Station in Warstein beim Faktor Feinstaub immer wieder negativ aus dem Rahmen.

„Die Steinindustrie hat dort in den vergangenen Jahren unheimlich viele Maßnahmen ergriffen, um die Luft zu verbessern.“

Birgit Kaiser de Garcia
LANUV-Sprecherin
So sehen die Luftmess-Stationen aus.
So sehen die Luftmess-Stationen aus. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Das liegt an dem Staub aus den Kalksteinwerken. Die Steinindustrie hat dort in den vergangenen Jahren unheimlich viele Maßnahmen ergriffen, um die Luft zu verbessern“, sagt Birgit Kaiser de Garcia. Sie verweist auf einen Luftreinhalte-Plan, den u.a. örtliche Firmen der Kalk- und Steinindustrie, die Westfälische Landes-Eisenbahn GmbH, die IHK Arnsberg, der Landesbetrieb Straßenbau, die Stadt Warstein, der Kreis Soest, das LANUV und federführend die Bezirksregierung Arnsberg erarbeitet haben. In dieser Arbeitsgruppe wurden konkrete Maßnahmen festgelegt, um den Verkehr und die Stäube der Steinindustrie zu reduzieren. Und in der Tat verbesserte sich – mit wenigen Ausnahmen -  die Luft in den Folgejahren.

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„Aber bei extremer Trockenheit und Hitze wie in diesen Tagen, ist der Einsatz von Wasser und Sprenklern möglicherweise nicht effektiv genug. Es trocknet alles schnell wieder ab und dadurch erhöht sich der Staubgehalt in der Luft beim Verladen und beim Transport in den Kalksteinwerken“, so Birgit Kaiser de Garcia. Sie nennt noch einen weiteren Grund, warum es falsch ist, die Daten aus Warstein auf Brilon und Umgebung zu übertragen. „Warstein ist eine sogenannte Industrie-Messstation. Das heißt, sie wurde dort aufgestellt, wo die Belastung am höchsten ist. In den Großstädten sprechen wir von Verkehrsstationen, die unmittelbar an Hauptverkehrsstraßen stehen. Und dann gibt es noch die Hintergrund-Stationen, von denen sich verlässlichere Rückschlüsse auf die Luftqualität ziehen lassen.“ Eine davon, die auch ein Stück weit für die Briloner Luft „zuständig“ ist, steht zum Beispiel in Soest mitten auf einem Acker und eine andere in Netphen im Rothaargebirge.

Feinstaubbelastung ist das Problem

Die Warsteiner Station hatte gestern Morgen um 3 Uhr einen Feinstaubwert von 59 µg/m, die Station bei Soest von 15 und die im Rothaargebirge von 12. Der Grenzwert für den Jahresmittelwert liegt bei 50 µg/m³ . Die Weltgesundheitsorganisation hat übrigens beschlossen, dass die Grenzwerte bei der Luftbeschaffenheit bis 2030 weiter verschärft werden. Darauf stellt sich auch das LANUV jetzt schon ein und wird sein Mess-Netz entsprechend verfeinern und umrüsten.

Wer also genau wissen möchte, wie gut oder schlecht die Luft in seinem Umfeld ist, der ist gut beraten, sich unmittelbar auf den Seiten des LANUV oder auch auf denen des Bundesumweltamtes schlau zu machen. Und jeder sollte bei dieser Hitze einfach tief durchatmen und es etwas langsamer angehen lassen…die Luft zum Durchatmen ist jedenfalls bei Weitem nicht so schlecht wie die App es vorhersagt…