Hochsauerlandkreis. Von drei auf 700 Brutpaare: Naturschutzmaßnahmen retten Störche in NRW. Eine bestimmte Storchenart kommt besonders oft im Sauerland vor.

Er steht für Frieden, Glück, Fruchtbarkeit, Geburt und Wiedergeburt. Wer einen Weißstorch entdeckt, der zückt im Zeitalter des Smartphones rasch die Kamera und macht einen Schnappschuss von den stattlichen Vögeln. Das haben im Laufe des Sommers auch immer wieder Leserfotos mit diesem Motiv gezeigt, die unsere Redaktion erreichten. Fast könnte man meinen, der Weißstorch sei hier wieder heimisch geworden. Doch der Schein trügt.

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„Nur weil man sie vermehrt sieht, heißt das nicht, dass die Weißstörche bei uns ansässig sind“, erklärt Robert Trappmann, wissenschaftlicher Leiter und stellvertretender Geschäftsführer der Biologischen Station des HSK in Brilon. Solche Tiere, selbst in kleinen Kolonien, seien entweder unverpaart geblieben oder hätten ihre Brut verloren und seien nur auf der Durchreise. „Der Hochsauerlandkreis ist einfach nicht der ideale Lebensraum für sie. Sie bevorzugen Tieflagen.“ Durch zahlreiche Naturschutzmaßnahmen sei aber auf das ganze Bundesland betrachtet durchaus eine Trendwende erkennbar. Trappmann: „1991 gab es landesweit nur noch drei Brutpaare, aktuell spricht man von rund 700.“

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Das deckt sich mit einem Bericht des NRW-Umweltministeriums aus dem Frühjahr:  Mit der Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzungen und der Entwässerung von Flächen sei das Storchen-Vorkommen in Nordrhein-Westfalen lange Zeit stark zurückgegangen. Durch Naturschutzmaßnahmen und das Engagement vieler Akteurinnen und Akteure sei  jedoch kurz vor dem vollständigen Verlust der Art eine Trendwende in Nordrhein-Westfalen erzielt worden. Als sogenannte Kulturfolger sei sein Vorkommen stark an bäuerliche Kulturlandschaften gebunden, wobei Weißstörche Auen und Niederungen als Lebensraum bevorzugen. Besonders viele Brutpaare wurden im Kreis Minden-Lübbecke, im Kreis Wesel und im Raum Paderborn nachgewiesen. Seit den 1990er-Jahren werden in Nordrhein-Westfalen in vielen Regionen Natur- und Artenschutzmaßnahmen umgesetzt, von denen Störche profitieren. Hierzu gehört zum Beispiel die Entwicklung von Feuchtwiesen und Auen-Lebensräumen.

Der Schwarzstorch - hier ein Jungvogel - ist im Sauerland im NRW-Vergleich sogar recht häufig vertreten.
Der Schwarzstorch - hier ein Jungvogel - ist im Sauerland im NRW-Vergleich sogar recht häufig vertreten. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Während der Weißstorch also hier nur Rast einlegt, schätzt sein naher Verwandter, der Schwarzstorch, das Sauerland sehr. Seit Anfang der 1980er Jahre taucht er wieder vermehrt hier auf. „Mit fünfzehn bis zwanzig Brutpaaren ist der Hochsauerlandkreis sogar eine der Regionen mit dem häufigsten Vorkommen in NRW“, sagt Robert Trappmann. Landesweit sollen es nur um die 80 Paare sein. Er und seine Kollegen/innen kennen die Stellen im Kreisgebiet, wo der Schwarzstorch nistet. „Bei ihren Vorlieben in puncto Lebensraum unterscheiden sich die beiden Arten sehr voneinander. Schwarzstörche sind stärker an Wasser und Feuchtigkeit gebunden als die verwandten Weißstörche. Wenn man den Schwarzstorch in Ruhe lässt und nicht stört, fühlt er sich in dichten Wäldern und in der Nähe von Bachläufen durchaus wohl.“

„Mit fünfzehn bis zwanzig Brutpaaren ist der Hochsauerlandkreis sogar eine der Regionen mit dem häufigsten Vorkommen in NRW.“

Robert Trappmann
Biologische Station des HSK

Er ernährt sich zum Beispiel von Amphibien und errichtet seinen Horst in großen, mittelalten Bäumen mit Auslegern - am liebsten in heimischen Buchen, in seltenen Fällen auch Fichten. Der Aktivitätsraum eines Brutpaars kann eine Größe von 100 bis 150 Quadratkilometern erreichen. Da, wo er lebt, fühlen sich auch Bachforelle, Stichling, Kammmolch, Wasserfrosch, Krebs, Eisvogel und Wasseramsel wohl.

Ein Schwarzstorch.
Ein Schwarzstorch. © WAZ FotoPool | DIANA ROOS

Einen dringenden Appell hat Robert Trappmann an alle Wanderer oder Hobby-Fotografen, die möglicherweise einen Schwarzstorch beobachten: „Bitte stören Sie die Tiere nicht und melden Sie die Sichtungen gern an uns oder an den Verein für Natur- und Vogelschutz.“ Im Gegensatz zum Weißstorch meidet sein schwarzer Verwandter übrigens in der Regel menschliche Siedlungen. Holzfällarbeiten oder Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad im Wald unterwegs sind, können der Grund sein, dass der Schwarzstorch sein Nest aufgibt. Deshalb sollten Menschen, die beim Waldspaziergang einem Schwarzstorch begegnen, weitergehen und keinesfalls versuchen, die Vögel zu fotografieren.

Jetzt im August machen sich die Vögel - Schwarz- oder Weißstorch - wieder auf den Weg in Richtung Afrika. Aber auch das Zugverhalten hat sich geändert. „Man kann beobachten, dass viel Tiere die Straße von Gibraltar nicht mehr überqueren, sondern schon auf der iberischen Halbinsel bleiben“, sagt Robert Trappmann. So oder so: Es gibt schlechtere Orte, um zu überwintern...