Elpe. Vor zehn Jahren kollidieren zwei Flugzeuge über Olsberg-Elpe. Zwei Menschen sterben. Ein Rückblick auf den Tag, der das Sauerland erschütterte.
Der heutige Ortsvorsteher Frank Kreutzmann weiß ganz genau, was er am 23. Juni 2014 um 14.39 Uhr gemacht hat. Der Mitarbeiter von Straßen.NRW ist zwischen Siedlinghausen und Altenfeld im Dienst, als er einen ohrenbetäubenden Knall hört und eine riesige Rauchsäule am Himmel aufsteigen sieht. In Sekundenschnelle switcht er um in die Rolle des Elper Löschgruppenführers und erlebt zusammen mit 160 Einsatzkräften den wohl schlimmsten Unglücksfall in seiner Zeit als Feuerwehrmann. Direkt über seinem Heimatdorf sind zwei Flugzeuge kollidiert. Zwei Piloten kommen ums Leben. Elpe entgeht um Haaresbreite einer Katastrophe. Genau vor zehn Jahren schockierte dieses Unglück das ganze Sauerland.
- Elpe kam mit dem Schrecken davon: Ein Jahr danach
- Ergebnis zur Unglücksursache liegt vor
- Bundeswehr spricht von Absturz über „unbewohntem Gebiet“
- Anwohner fordern nach Flugzeugabsturz Erklärung von der Bundeswehr
Um 13.04 Uhr sind die beiden erfahrenen Piloten der privaten Gesellschaft für Flugzieldarstellung (GfD) an jenem Montag im schleswig-holsteinischen Hohn mit einem Learjet gestartet. Das sind kleine, zweistrahlige Flugzeuge, die oft von Geschäftsreisenden genutzt werden. Ihre Mission lautet aber: Die Abfang-Übung „Renegade“, bei der sie einem Kampfflugzeug der Bundeswehr zu Übungszwecken sehr nah kommen sollen. Zu nah, wie sich ein Jahr später herausstellt. Ein folgenschwerer Flugfehler der Jet-Piloten soll laut Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BfU) maßgeblich für die Katastrophe verantwortlich gewesen sein. Noch in der Luft muss der Lear-Jet Feuer gefangen haben. Die Identität der beiden Piloten (43 und 50 Jahre alt) kann erst später anhand der DNA eindeutig festgestellt werden.
Zwei Eurofighter der Bundeswehr sind an der Übung beteiligt. Einer weicht unbeschädigt zum Flughafen Köln-Bonn aus. Der andere ist nach dem Zusammenprall kaum noch flugtauglich, schafft es aber dank einer fliegerischen Meisterleistung des Piloten zurück zum Stützpunkt nach Nörvenich. Für ihn hält die Flugsicherung den Luftkorridor beim Rückflug von anderem Verkehr frei, damit der Eurofighter den kürzesten Weg zum Stützpunkt nehmen kann. Nicht auszudenken, wenn die Maschine auch noch abgestürzt wäre…
Viele Wochen und Monate hat das Thema die Elper beschäftigt und aufgewühlt. In einer ersten Pressemeldung bezeichnet die Bundeswehr damals mit wenig Fingerspitzengefühl die Absturzstelle „Am krummen Auwer“ als „unbewohntes Gebiet“. Streng genommen stimmt das, aber nur 90 Meter weiter stehen die ersten Häuser von Elpe. Nicht auszumalen, wenn der Zusammenprall in der Luft etwas eher stattgefunden hätte. Große Erdflächen müssen damals abgetragen werden, weil die Böden durch Kerosin und maximal markstück-große Metallteile kontaminiert sind. Einige Wrackteile sind bis zu drei Kilometer von der Unglücksstelle entfernt zu Boden gegangen. Die Politik fordert ein Ende solcher Übungen über bewohntem Gebiet. Vergeblich.
„Die fliegen hier immer noch. Und alle, die das damals erlebt haben, schauen heute bei den Motorengeräuschen anders in den Himmel als zuvor“, sagt Frank Kreutzmann. In unmittelbarer Nähe zur Absturzstelle haben die Elper eine Gedenkstätte mit einem Kreuz und einer Tafel errichtet, auf der auch die Fotos und die Namen der beiden Opfer mit ihren Geburtsdaten zu sehen sind. Der Ortsvorsteher sowie Heidi Susewind und Anita Beule sorgen daür, dass immer wieder Blumen dort sind. Jedes Jahr zum Gedenktag wird im Gottesdienst dieser Beinahe-Katastrophe gedacht. An diesem Sonntag um 17 Uhr findet eine Gedenkfeier „Am Krummen Auwer“ statt.
Lesen Sie auch
- Waschbärplage im Sauerland: Possierlicher Jäger macht Ärger
- HSK-Militärexperte ist sicher: „Wehrpflicht wird kommen“
- Naturbad Hallenberg nimmt Betrieb wieder auf
- Schützenfeste im HSK: Hier wird am Wochenende gefeiert
- Schützenfest Brilon: Das sind die Highlights in diesem Jahr
- Premiere in Hallenberg: Eine besondere Reise um die Welt
„Wir machen das aus tiefer Dankbarkeit darüber, dass nicht noch viel mehr passiert ist. Und wir machen das auch im Gedenken an die Piloten und aus Mitgefühl gegenüber ihren Familien und Freunden. Viele von uns glauben, dass sie noch in letzter Sekunde das Ruder rumgerissen und das Flugzeug in Richtung Wiese gesteuert haben“, sagt Kreutzmann. Ob es tatsächlich so war? Ganze Heerscharen von Schutzengeln müssen damals im Einsatz gewesen sein. Den Tod der beiden Männer konnten sie nicht mehr verhindern…
Die Geschäftsführung der Gesellschaft für Flugzieldarstellung werde an der Gedenkstunde teilnehmen, sagt Frank Kreutzmann. Und man habe auch versucht, die Angehörigen der verunglückten Piloten einzuladen. „Aber es ist schwierig, an die Adressen zu kommen.“ Dennoch ist sich der Ortsvorsteher sicher, dass sie diesen Ort aufsuchen: „Neulich lagen dort zwei kleine weiße Herzen mit der Aufschrift , In Liebe‘…“
Frank Kreutzmann und drei seiner Feuerwehrkameraden haben die Geschehnisse jenes 23. Junis in einer Chronik zusammengefasst. Viele Bilder, viele Zeitungsberichte, die das Unglück chronologisch dokumentieren. „Die Chronik soll als Beitrag zur Ortsgeschichte an einen denkwürdigen Tag erinnern, an dem wir ganz großes Glück hatten.“ 500 Exemplare wurden zum Selbstkostenpreis verkauft. Sie sind vergriffen.
Die WP Brilon auf Social Media
- Abonniere den Kanal WP Brilon/Winterberg - Westfalenpost auf WhatsApp.
- Immer auf dem neuesten Stand bleiben: Unsere News-App gibt es auch für Android und iPhone