Berlin. Was folgt nach dem großen Kampf gegen Regina Halmich? Hoffentlich schlägt Stefan Raab einen anderen Weg ein als seine Weggefährten.
Netto zwölf Minuten boxen, ein bisschen Show mit Funkenflug und fast zwei Stunden lang Denkmalpflege in portionierten Häppchen. Das TV-Comeback von Stefan Raab, verpackt in Show-Kampf Nummer drei gegen die frühere Box-Weltmeisterin Regina Halmich, weckt Gefühle, aber nicht unbedingt die, die man sich erhofft hatte. Ja, da ist die Freude, den Mann wiederzusehen, mit dem man aufgewachsen ist. Aber da ist auch Enttäuschung – und ein bisschen Angst.
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Enttäuschung: Das konnte Raab früher schon besser
Kommt Stefan Raab zurück und zeigt Fernseh-Deutschland, wie es geht? Bricht er mit allen TV-Regeln und zeigt eine Show, die es so noch nie gegeben hat? Die Erwartungshaltung war riesig vor dem Fight am Samstagabend in Düsseldorf. Der Spannungsaufbau in den vergangenen Monaten, gespeist vom Abtauchen Raabs in den vergangenen Jahren, war der perfekte Nährboden für allzu wilde Träume.
Als einzige Innovation des Abends geht vielleicht noch die monströse Show-Treppe durch, über die Raab – wenig subtil in der Symbolik – zu uns Erdenbürgern hinabstieg. Der Fernsehgott ist zurück, jaja, verstanden.
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Die zwei Stunden davor fühlten sich an, als hätten sich 13.000 Menschen mit einem gemeinsamen Hobby zum Youtube-Abend verabredet, um noch einmal die coolsten Clips ihres Idols anzuschauen. Mit dem einzigen Unterschied, dass diese Einspieler auch noch von irgendwelchen anderen TV- und Musik-Granden kommentiert wurden, die Raab, grob zusammengefasst, bescheinigten, ein Genie zu sein. Das steckte kreativ irgendwo zwischen der Chartshow mit Oli Geissen und einem Kaminabend im dritten Programm zum 70. Geburtstag von irgendeinem gealterten Showpferd.
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In der Halle nur Knossi statt Gottschalk
In der Halle fand man die Superstars aus den Einspielern übrigens nicht. Da gab es Knossi statt Gottschalk. Dating-Promis aus irgendwelchen RTL-Kuppelformaten durften berichten, wie sehr sie sich auf den Kampf freuten. Und zwischendurch noch ein bisschen Cross-Promo für die NFL-Sendung. Selbst in den Nuller-Jahren hätte man gesagt: Das kann Raab besser.
Warum kein Musik-Act, der direkt zum Start das Dach von der Halle pustet? So wie es Raab einst beim ESC in Düsseldorf vorgemacht hatte. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die ganze Show nur als Vehikel diente, der eigentlichen Sensation, Raabs dauerhaftem Comeback vor der Kamera mit einer neuen Show, die größtmögliche Aufmerksamkeit zu bescheren. Insofern: Auftrag erfüllt. Am Sonntag werden wir erfahren, wie viele Millionen Zuschauer sich das Spektakel angesehen haben.
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Freude: Gut schaut er aus, der Raab
Was Stefan Raab wohl so macht? Diese Frage haben sich mit Sicherheit unzählige Fans an irgendeinem Punkt in den vergangenen Jahren gestellt. Vielleicht auch aufgrund der chronischen Einfallslosigkeit im deutschen Fernsehen. Ist doch schön, ihn mal wieder zu sehen, wie bei einem Verwandten. Und gut schaut er aus. Mit 57 Jahren top in Form. Der „Best Ager“ unter den Fitness-Influencern. Das wäre doch was für die zweite Karriere gewesen.
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Vielleicht war der Fight in Düsseldorf vor allem eines: nur eine schlechte Idee. Die Boxkämpfe gegen Regina Halmich waren schon früher Spektakel, aber sicher nicht die Höhepunkte seiner Karriere. Viel spannender ist nun die Frage, was Raabs neue Show am Mittwochabend kann. Was bisher bekannt ist, klingt nach einer Mischung aus „Schlag den Raab“ und „TV Total“. Aber vielleicht funktioniert das alte Erfolgsrezept noch: Ein von Ehrgeiz zerfressener Moderator, der irgendwelchen Normalos, die vom großen Geld träumen, keinen einzigen Zentimeter schenkt. „Schlag den Star“ kam nie an das Original heran. Der Raab-Faktor fehlte.
Angst: Bitte mach‘s nicht wie Gottschalk und Schmidt
Raabs Abschied von der großen Bühne und die Konsequenz, mit der er diesen durchzog, war wohl einer der mutigsten Schritte, die ein TV-Entertainer in Deutschland je gegangen ist. Einfach aufhören, wenn man das Game durchgespielt hat. Jetzt sind die anderen dran. Hut ab!
Aber was kommt nun? Versteht Raab, dass sich die Welt weitergedreht hat, während er weg war? Dass sich Humor verändert? Dass anders über Themen gestritten wird als früher?
Nicht jeder Mann kommt gut mit Veränderung klar. Die beiden anderen großen TV-Männer der 90er-Jahre sind mahnende Beispiele. Thomas Gottschalk hat gezeigt, wie endlich der Charme der Nostalgie ist. Das erste „Wetten, dass..?“-Revival: Hach, wie schön. Die Wiederholung zwei Jahre später: unangenehm. Ein gealterter Mann, der in seinem Leben immer alles sagen durfte, bis heute, und dafür mit Geld und Anerkennung zugeschüttet wurde, bejammert vor einem Millionenpublikum, dass man ja nicht mehr alles sagen könne. Doch, kann man, aber man muss Widerspruch aushalten können.
Und Harald Schmidt, ein Rätsel für sich. Ein Mann, der sich nicht mehr im Fernsehen, dafür aber auf fragwürdigen Gartenpartys rumtreibt. Nur, weil sonst keiner mehr klatscht? Der Raab-Weg des bedingungslosen Abschieds führte an all diesen Klippen vorbei.
Selbstverkultung ist ein Warnzeichen
Die exzessive Selbstverkultung, die der 57-Jährige am Samstag praktizierte, beunruhigt daher schon ein bisschen. Daraus kann schnell Entzauberung werden. Wenn man weiß, dass man der Größte ist, oder glaubt es zu sein – muss man es dann jedem erklären?
Ausgerechnet Raab ist nun das neue Gesicht des Bohlen-Senders RTL. Früher führte er den Kölner Sender vor, jetzt kämpft er gegen seine alte Heimat ProSieben, wo immer noch „TV Total“ läuft – ohne ihn.
Vielleicht wird sich bald zeigen, was ihn antreibt. Geld, Langeweile, Rachegelüste? Oder einfach nur der Wunsch, besseres Fernsehen zu machen als andere. Schön wäre es.
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