Hollywood. . Der “Iron Man“-Star Robert Downey Jr. erzählt im Interview von Abstürzen und Höhenflügen, spricht über das Erlernen sozialer Kompetenz und das Verlassen der Komfortzone. Und warum gurrende Tauben ihn nicht mehr aus der Haut fahren lassen.

Er hat im Leben nichts anbrennen lassen: Früher Ruhm, Affären, Alkohol- und Drogen-Exzesse, Gefängnis, Scheidung, Totalabsturz, Comeback. Die ganze Hollywoodstar-Achterbahnfahrt-de-Luxe. Umso überraschender ist es, dass Robert Downey Jr. – der durch die Filmserien „Iron Man“ und „Sherlock Holmes“ längst zum Superstar avancierte – im Interview sehr nachdenklich und philosophisch ist. Selbst den Trachtenjanker und die Lederhosen, die er noch zur Pressekonferenz im Bayerischen Hof „zu Ehren meiner Mutter Elsie, die deutsche Vorfahren hat“, trug, hat er gegen Jeans und T-Shirt ausgetauscht.

Als Iron Man haben Sie einen Anzug, der Sie vor allen Gefahren schützt. Wie schützen Sie sich im wirklichen Leben?

Robert Downey Jr.: Ich schütze mich vor allem davor, mich vor nichts zu fürchten. Ich halte nämlich gar nichts davon, den bequemen Weg zu gehen und nur das zu machen oder zu denken, was mich nicht beunruhigt. Aber es ist doch die Seele, die vor allem Schutz braucht. Aber was bedeutet Schutz überhaupt? In „Iron Man 3“ geht es genau um diese Frage – und zwar in einem philosophischen Kontext.

„Egoismus ist für mich passé“

Das müssen Sie bitte etwas erläutern.

Downey Jr.: Regisseur Shane Black und ich haben uns gefragt, wie wir diese altbekannte Comic-Vorlage neu interpretieren können. Was bedeutet es für Iron Man, diesen Schutzanzug zu tragen? Ist das sein Kokon? Versteckt er sich darin, weil er Angst vor der Welt hat? (Lacht) Sie sehen: Auch Comics können mitunter große Fragen aufwerfen.

Wie nutzen Sie Ihre Star-Power in Hollywood?

Downey Jr.: Man kann seinen Einfluss dazu benutzen, um Dinge von sich fernzuhalten – oder um Raum für neue Begegnungen zu schaffen. Zuerst versuchen die Menschen – mich eingeschlossen – viele Jahre lang, ihre Macht dazu einzusetzen, Raum für sich selbst zu schaffen, um ihr Ego besser entfalten zu können. Aber das hat nichts mit dem echten Leben zu tun. Wirklich mitten im Leben zu stehen heißt, Raum für andere zu schaffen. Zu geben. Das gilt übrigens für den beruflichen wie für den privaten Bereich. Egoismus ist für mich passé.

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Menschen, die sich für andere einsetzen, haben aber oft das Nachsehen, finden Sie nicht?

Downey Jr.: Richtig. Leider sind sie meistens nicht so gut gestellt wie die, die sich immer alles nehmen. Ich muss gestehen, dass ich in Sachen sozialer Kompetenzen ein Spätentwickler bin. Aber immerhin versuche ich seit einiger Zeit, immer öfter das Richtige zu tun. Wissen Sie, ich denke viel über solche Dinge wie Sicherheit, Selbstschutz, Ruhm, Star-Sein oder Demut nach. Für mich sind das alles interessante Konzepte.

„Ich habe gelernt, was es heißt, verloren zu sein“

Konzepte, die Sie im Leben voranbringen?

Downey Jr.: Oh ja. In der Schule hat mir ein Lehrer mal gesagt, dass man als Schauspieler eine ästhetische Distanz zu dem haben muss, was man auf der Bühne macht. Ansonsten ist man verloren und nicht in der Lage, etwas wirklich darzustellen. Später im Leben habe ich gelernt, was es heißt, verloren zu sein – aber auch wie es ist, Dinge unter Kontrolle zu haben. Zwei Konzepte, nichts weiter. Ich habe mich schon lange für das Letztere entschieden.

Sie scheinen ein sehr intro­spektiver Mensch zu sein . . .

Downey Jr.: . . . das wundert Sie jetzt, weil man doch als Schauspieler immer sehr extrovertiert zu sein hat (lacht). Aber ich gebe gerne zu, dass ich mir immer mehr Gedanken um mich, die Meinen und die Welt mache, um so auf die Eventualitäten des Lebens vorbereitet zu sein.

Kann man das Leben tatsächlich planen?

Downey Jr.: Nein, Sie kennen bestimmt den Spruch: „Wie kriegt man Gott zum Lachen? Indem man ihm seine Pläne erzählt!“ Es ist letztlich doch alles eine Frage der Vitalität: Wie halte ich mich geistig und körperlich fit, um intuitiv auf die täglichen Herausforderungen adäquat reagieren zu können?

„Es kommt darauf an, wofür man sich entscheidet“

Wenn Sie Ihre Komfortzone verlassen, geschieht das eigentlich freiwillig – oder werden Sie hinausgeworfen?

Downey Jr.: Das ist mal so, mal so. Für mich ist es sehr wichtig, ab und zu außerhalb meiner Komfortzone zu agieren. Denn nur so kann ich mich kreativ voll und ganz entfalten. Manchmal ist der Rauswurf auch sehr profan, wie zum Beispiel heute Morgen. Da bin ich in meinem Hotelzimmer um vier Uhr früh durch gurrende Tauben auf dem Dach geweckt worden. Das hat mich unsagbar genervt. Ich stellte mir wütend vor, wie ich den Tag – total unausgeschlafen und übellaunig – überstehen müsste. Dann dachte ich: Warum stehst du nicht auf, machst ein paar Gymnastik-Übungen und bestellst dir Kaffee aufs Zimmer? Das gefiel mir eindeutig besser. So hatte ich einen wunderschönen Morgen, bei dem ich sogar den Sonnenaufgang betrachten konnte. Es kommt sehr darauf an wofür man sich entscheidet.

Was treibt Sie mehr an im Leben – Lust oder Angst?

Downey Jr.: Wenn man von Lust oder Begierde getrieben wird, ist das die Hölle. Denn dann versucht man alles, um diese Lust befriedigt zu bekommen. Und wenn es nicht klappt, ist man todunglücklich. Angst ist ähnlich schrecklich, denn da gibt es keinen echten Glauben an das, was man tut – sondern nur Panik. Was mich antreibt, ist der Glaube an mich selbst. Und dabei bin ich mir sehr wohl bewusst, dass ich nur ein winziger Teil von dem großen Ganzen bin. Ich vertraue auf das große Experiment, das Leben heißt.

Trotz all den negativen Dingen wie Drogenabstürzen, Alkoholismus, Karriere-Aus und sogar Gefängnis?

Downey Jr.: Ja, aber es ist mir auch viel Gutes passiert: Ich habe die Frau meines Lebens gefunden und mit ihr ein wunderbares Kind . . . Natürlich blitzen gewisse Versuchungen immer wieder auf. Aber ich habe gelernt, dass man nicht alles machen soll, was man machen kann. Ich übernehme mittlerweile gerne Verantwortung – auch und gerade für die Menschen, die ich liebe.