Neuwied. Ein Besuch im Deutschen Flippermuseum in Neuwied: 150 Geräte können nicht nur bestaunt, sondern auch selbst ausprobiert werden. Alle Infos.

Es rattert und knattert, summt und brummt, fiept und piept, scheppert und hämmert. Überall leuchtet und blinkt es, weiße Lichtblitze zucken. Die stählerne Kugel schießt in einem irrwitzigen Tempo auf den Abgrund zu. Und eine mechanische Stimme, die aus den Lautsprechern dröhnt, gibt Anweisungen, welches Ziel als nächstes anvisiert werden muss.

Klingt nach akuter Reizüberflutung? Das ist es auch! Deswegen erfordert eine Partie an einem Flipper-Automaten auch nicht nur ein Höchstmaß an Reaktionsvermögen, sondern vor allem eine Extraportion Stresstoleranz. Wer das alles mitbringt, den erwartet auf Knopfdruck aber nicht weniger als ein himmlischer Höllenritt.

Kneipen, Pommesbuden, Spielhallen: Flipper als Standardangebot

Flipper gehörten einst zu den Standardangeboten im Unterhaltungsbetrieb. Ob in Kneipen, Bahnhofsgaststätten, Spielhallen, Pommesbuden oder Clubheimen: Fast überall platzierten die Automatenaufsteller der Republik diese leuchtenden Kästen, die – montiert auf vier stählernen Beinen – sich schnell als gefräßige Monster von Teenager-Münzgeld erwiesen. Heute sind sie in der Öffentlichkeit kaum noch anzutreffen. Es sei denn, man besucht das Mekka der Szene: das Deutsche Flippermuseum in Neuwied.

Ja, genau in jener 65.000-Einwohner-Kreisstadt, gelegen in der Nähe von Koblenz in Rheinland-Pfalz, hat diese Institution für alle Flipper-Fans ihr Zuhause gefunden. Betrieben wird das Deutsche Flippermuseum vom gleichnamigen Verein. Der wurde 2005 gegründet. „Eröffnet haben wir unser Haus dann im Jahr darauf – als zweites seiner Art weltweit“, erzählt Axel Hillenbrand, Vorsitzender und einer der Mitbegründer des Klubs.

Zum Bestaunen und Spielen: 150 Flipper im Museum in Neuwied

Rund 150 Exponate können dort nicht nur bestaunt, sondern fast allesamt auch eigenhändig ausprobiert werden. Das älteste stammt aus den 30er Jahren und ist ein hölzerner Vorläufer der heute bekannten Variante, das aktuellste ist nigelnagelneu und verfügt über Zusatzbildschirme und modernste Technik. „Wir sind ein Museum zum Anfassen“, betont Hillenbrand. „Wenn man hier nur gucken und nicht auch selbst spielen dürfte, würde die Sache nicht funktionieren.“

Rund 4000 Neugierige lockt dieses Konzept Jahr für Jahr an. Und das bei nur zwei Öffnungstagen pro Woche (siehe unten). Sie reisen laut Hillenbrand aus ganz Deutschland an, aber auch aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden.

Etwa zwei Drittel der Gäste seien über 50. „Das sind meistens die Nostalgiker, die in jungen Jahren selbst gern geflippert haben und sich nun über ein Wiedersehen mit ihrem früheren Lieblingsgerät freuen“, weiß der Vereinsvorsitzende.

„Ich hoffe und glaube fest, dass das Flippern ein zeitloses Vergnügen bleibt“, sagt Axel Hillenbrand vom Deutschen Flipper-Museum in Neuwied.
„Ich hoffe und glaube fest, dass das Flippern ein zeitloses Vergnügen bleibt“, sagt Axel Hillenbrand vom Deutschen Flipper-Museum in Neuwied. © Thomas Richter | Thomas Richter

Viele brächten aber auch ihre Kinder mit. „Neulich stand ein Vater mit seinem Jungen da vorne an dem Flipper“, sagt Hillenbrand und zeigt auf das „Fireball“-Modell. Das stammt aus den 70er-Jahren und ist bis heute eines der beliebtesten Exemplare aus dieser Epoche. Besagter Vater habe erst ganz vorsichtig die Glasscheibe getätschelt, dann die Hand auf die Schulter des Sohnes gelegt und mit schicksalsschwerer Stimme gebeichtet: „Und das ist das Gerät, an dem ich deine Mutter kennen gelernt habe.

Prägende Erinnerungen in ihren Ex-Nutzern wachzuküssen, das schaffen wahrlich viele Flipper. Bei Hillenbrand genießt etwa der „Star Trek: The Next Generation“ diesen besonderen Stellenwert. In der Diplomarbeit seines Pädagogik-Studiums beschäftigte sich der 53-Jährige intensiv mit dieser beliebten Science-Fiction-Fernsehserie. Bei den Recherchen entdeckte er, dass es auch einen gleichnamigen Flipper gab. „Und den habe ich mir dann selbst geschenkt, als ich mein Studium fertig hatte – quasi als Belohnung“, so Hillenbrand.

Von der Sammelleidenschaft zum Flippermuseum in Neuwied

Dieser Kauf war die Initialzündung für jene Sammelleidenschaft, von der der heutige Geschäftsführer eines Wohlfahrtsverbandes sofort ergriffen wurde. „Ich hatte dann fix sechs Flipper bei uns in der Wohnung stehen – und noch mal 20 im Keller.“ Wo hatte er denn, bitteschön, die alle her? „Ich habe Zeitungsannoncen geschaltet, in Kneipen und bei Aufstellern nach alten Geräten gefragt, die ausrangiert werden sollten“, so Hillenbrand. Er nahm, was er kriegen konnte.

Irgendwann hätte ihn seine Frau dann mal zur Seite genommen und gefragt, ob er nicht zur Abwechslung mal ein Gerät abgeben wolle. Die Antwort lautete „Nein“. Stattdessen gründete er mit Gleichgesinnten, die er im Freundeskreis und im Umfeld fand, den Verein. Und seine Privatsammlung sowie die der Mitstreiter bildete den Fundus an Ausstellungsstücken für die Museumsgründung.

„Damals waren Flipper noch deutlich bezahlbarer“

Habe es dafür nicht einer Giganten-Investition bedurft? „Nein“, antwortet Hillenbrand, „damals waren Flipper noch deutlich bezahlbarer“. Wer heute einen neuen erstehen will, der muss schnell zwischen 8000 und 12.000 Euro auf die Theke blättern. „Und die begehrtesten alten Geräte sind oft genauso teuer“, weiß der Experte. Das sei vergleichbar mit Neuwagen und Oldtimern für die Straße.

So ist das etwa beim Modell „The Addams Family“ aus dem Jahr 1992: Mit über 20.000 abgesetzten Exemplaren ist dies bis heute der meistverkaufte Flipper aller Zeiten. Auch in Deutschland hat er eine riesige Fangemeinde – und ist trotz der über 30 Jahren, die er auf dem Buckel hat, noch immer äußerst wertstabil. Und natürlich darf er auch im Flippermuseum nicht fehlen.

Insgesamt gibt es mehr als 6000 verschiedene Flipper-Modelle, 150 davon sind im Deutschen Flipper-Museum in Neuwied zu bestaunen.
Insgesamt gibt es mehr als 6000 verschiedene Flipper-Modelle, 150 davon sind im Deutschen Flipper-Museum in Neuwied zu bestaunen. © Thomas Richter

Mehr als 6000 verschiedene Flipper-Modelle

Laut offizieller Statistik soll es bis heute 6628 verschiedene Modelle geben. Die früheren aus den 60ern und 70ern hätten gerne Billard, Poker oder Sportarten wie Basketball als Thema gehabt. Danach bekamen auch Musiker und Bands ihren eigenen Flipper: etwa Elvis, die Beatles, die Rolling Stones, Kiss, Iron Maiden oder Guns’N’Roses.

Auch Kinofilme („Star Wars“, „Indiana Jones“, „James Bond“) und erfolgreiche TV-Serien („Game of Thrones“) dienten als Inspiration für die Erfinder, Entwickler und Erbauer von Flippern. Viele davon sind auch in der „Pinball Hall of Fame“ in Las Vegas anzutreffen – das Haus mit der breitesten Angebotspalette unter einem Dach auf diesem Planeten.

Flippermuseum Neuwied: Wiedersehen mit der D-Mark

Doch zurück ins Deutsche Flippermuseum: Das platzt aus allen Nähten. Die rund 450 Quadratmeter, die addiert auf zwei Etagen in zahlreichen Räumen zur Verfügung stehen, sind derart vollgestellt, dass den Spielern gerade noch genügend Platz bleibt, um hindurch zu schlendern. Und ausgiebig zu zocken.

Das Besondere: Die Gäste erleben im Flippermuseum nicht nur ein Wiedersehen mit lieb gewonnenen Spielgeräten. Sondern auch mit der guten, alten D-Mark! Die ist dort nämlich das offizielle Zahlungsmittel. Und wird an der Kasse im Eingangsbereich gegen Euros eingetauscht.

„Wir haben uns bewusst entschieden, dass man unsere Flipper hier nicht gratis nutzen kann. Das hätte ein Stück weit das Spiel entwertet“, erklärt der Vereins-Chef. Durch die Bezahlpflicht würden ein Extraball oder gar ein Freispiel einen deutlich höheren Stellenwert genießen. So seien alle Gäste auch stets mit einem ganz anderen Ehrgeiz und viel Feuereifer bei der Sache.

Hohe Energiepreise belasten Flippermuseum in Neuwied

Zudem helfen die so erzielten Einnahmen dabei, das Museum am Laufen zu halten. Die Stromkosten seien zuletzt bekanntlich durch die Decke geschossen. Und trotz der insgesamt nur rund 420 Öffnungsstunden pro Jahr läge der Stromverbrauch bei bis zu 15.000 Kilowattstunden, sagt Hillenbrand.

Denn auch wenn gerade mal nicht an einem Flipper gespielt wird, bleibt sein Energiehunger immens. Dafür sorgt allein schon das schön schummrige, warme Licht aus Dutzenden, manchmal auch Hunderten Lämpchen, das die markante Glasscheibe eines jeden Geräts von hinten anstrahlt. Gerade in leicht abgedunkelten Räumen entfaltet dieser so genannte „Attract Mode“, was sich am ehesten mit „Anlock-Modus“ übersetzen lässt, eine erstaunliche Wirkung. Er lockt die Spieler so unwiderstehlich an wie das Licht die Motten.

„Die Kombination aus Elektronik und Mechanik ist bis heute das Besondere der Flipper“, sagt Axel Hillebrand vom Deutschen Flipper-Museum in Neuwied.
„Die Kombination aus Elektronik und Mechanik ist bis heute das Besondere der Flipper“, sagt Axel Hillebrand vom Deutschen Flipper-Museum in Neuwied. © Martin Bergsma - stock.adobe.com | Adobe Stock

Noch ein kurzer Blick aufs Geld: Denn inzwischen stünden die Museumsmacher vor dem Problem, an genügend D-Mark-Nachschub zu kommen. Der ein oder andere Besucher schmeißt nämlich nicht jede Münze wie vorgesehen in den Einwurf, sondern nimmt sich das ein oder andere Exemplar als Erinnerungsstück mit.

„Das reißt permanent Löcher in unsere Bestände“, sagt der Vorsitzende. Da alle Geldinstitute ja schon seit langem keine D-Mark mehr ausgeben, hätten über viele Jahre Münzhändler oder Privatsammler aus der Patsche geholfen. Nun aber wird ein „Flippertaler“ eingeführt. Die ersten Exemplare dieser Extraprägung seien frisch eingetroffen, so der Verein.

„Flippern bleibt ein zeitloses Vergnügen“

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Dessen Mitglieder treffen sich immer donnerstags zum „Schrauberabend“. Denn fast alle seien nicht nur passionierte Spieler, sondern auch Bastler. Und jedes neue Exemplar, das in den Bestand wandern soll, wird vorher generalüberholt. Soll heißen: in alle seine Tausende Einzelteile zerlegt, gereinigt, bei Bedarf repariert und wieder zusammengesetzt. Und trotz dieser Sorgfalt und Pflegelust kommt es an jedem Öffnungstag des Museums zu Störfällen, fällt ein Gerät kurzfristig aus. Und wird somit zum Fall fürs nächste „Schraubertreffen“.

Bleibt zum Schluss noch die Frage nach der Motivation für all diese ehrenamtliche Arbeit. „Wir wollen nicht nur die einzelnen Geräte bewahren, sondern die gesamte Flipper-Kultur“, antwortet Hillenbrand. „Und wir wollen unseren Besuchern ein paar schöne Stunden schenken.“

Wünschenswert wäre es, wenn sich diese Begeisterung auch auf jene nachwachsende Generation übertragen würde, die eben nicht mit Flippern aufgewachsen ist. Das Potenzial dazu hätten die Geräte jedenfalls, findet der Museums-Mitbegründer. „Die Kombination aus Elektronik und Mechanik ist bis heute das Besondere. Und deshalb hoffe und glaube ich fest, dass das Flippern ein zeitloses Vergnügen bleibt.“

Alle Infos zum Flippermuseum und Flipperhotel in Neuwied

Das Deutsche Flippermuseum ist beheimatet an der Hermannstraße 9 im Herzen Neuwieds. Geöffnet: samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr. Erwachsene zahlen sechs Euro Eintritt und erhalten dafür fünf Freispiele an den Flipperautomaten. Wer mehr möchte, kann weitere Mark-Stücke kaufen. Infos im Netz: www.flippermuseum.eu.

Zum Angebot dort gehört auch das „Flipperhotel“. Es ist laut Homepage „das erste seiner Art weltweit“ und in der obersten Etage des Hauses zu finden – also unter einem Dach mit dem Flippermuseum. Es gibt drei Zimmer: die „Captain Fantastic Suite“, das „Medieval Madness Doppelzimmer“ sowie das „High Speed Zimmer“. Sie alle sind benannt nach ebenso beliebten wie berühmten Flipperautomaten. Der Clou: Die Zimmer sind sogar im Design dieser Kultgeräte gestaltet.

„Die Zimmer werden gern von Frauen gebucht, die ihrem Mann den Besuch im Flippermuseum schenken, etwa zum Hochzeitstag oder zum Geburtstag“, so Axel Hillenbrand, Vorsitzender des Vereins Deutsches Flippermuseum. Auf jedem der Zimmer steht ein Flipper, an dem gratis gespielt werden kann. Infos: www.flipperhotel.de.