Essen. Essener Stromkonzern zieht Bilanz für 2022, auch 2023 läuft gut. Mit welchen Gewinnen die Städte von Duisburg bis Dortmund aussteigen können.
Nun gibt es den für die Steag außerordentlich hohen Rekordgewinn aus 2022 auch schwarz auf weiß: Die inzwischen im Internet veröffentlichte Jahresbilanz des Essener Stromkonzerns weist einen Nettoüberschuss von 1,91 Milliarden Euro aus. Davon entfallen auf die bisherigen Gesellschafter, die sechs Ruhrgebietsstadtwerke, 1,8 Milliarden. Dieser nur aufgrund der 2022 eskalierten Energiekrise so enorme Überschuss war entscheidend dafür, dass das Abenteuer der sechs Kommunen Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg, Oberhausen und Dinslaken, doch noch ein glückliches Ende gefunden hat. Ihr Versuch, gemeinsam ein Energieunternehmen zu führen, war weitgehend von Zwist und gegenseitiger Blockade geprägt.
Über den Rekordgewinn hatte unsere Zeitung bereits im Juni berichtet, bisher wollte ihn aber keines der sechs Stadtwerke bestätigen. Allein die Stadtwerke Dortmund (DSW21) taten dies indirekt, als sie ihren Anteil daran in ihrer Bilanz für 2022 mit 576 Millionen Euro bezifferten. Dortmund hält mit 36 Prozent an der kommunalen Beteiligungsgesellschaft (KSBG) den größten Anteil.
Weil die Steag mit ihren vielen Steinkohlekraftwerken finanziell besonders stark unter der Energiewende und dem geplanten Kohleausstieg gelitten hatte, sah es lange so aus, als würde sie zu einem verlustträchtigen Geschäft für die sechs Revierkommunen. Deshalb entschlossen sie sich vor zwei Jahren, das Unternehmen gemeinsam zu verkaufen.
Folgen des Krieges in der Ukraine ermöglichten hohen Steag-Gewinn
Dass dies nun sogar mit einem ordentlichen Gewinn gelang, liegt ganz entscheidend am außerordentlich hohen Gewinn aus 2022 und einem auch für das laufende Jahr erwarteten guten Ergebnis. Der spanische Infrastrukturfonds Asterion kaufte die Steag im August für 2,6 Milliarden Euro. Wirksam wird der Deal zum Jahresende. Erst dann kann die KSBG auch ihre Schlussabrechnung machen und die Überschüsse an die Städte verteilen. Weil etwa noch Schulden zu begleichen, Steuern zu zahlen und Pensionsverpflichtungen abzulösen sind, wird erwartet, dass zwischen 1,7 und 1,9 Milliarden Euro übrig bleiben.
Dortmund rechnet daher mit 600 bis 700 Millionen Euro, die letztlich aus dem Engagement bei der Steag zurück in die Westfalenmetropole fließen. Duisburg erwartet mit seinen 19 Prozent als zweitgrößter Anteilseigner mehr als 300 Millionen Euro, Bochum (18 Prozent) 250 bis 300 Millionen, Essen (15 Prozent) rund 240 Millionen, Oberhausen und Dinslaken mit je sechs Prozent hohe zweistellige Millionenbeträge. Geld, dass die Kommunen und ihre Stadtwerke angesichts der Wärme- und Verkehrswende gut gebrauchen können.
Länger laufende Steinkohlekraftwerke waren Gold wert
Die Steag hat ihren Umsatz 2022 mehr als verdoppelt – auf 5,7 Milliarden Euro. Das resultiert vor allem aus dem Verkauf von Strom aus den Steinkohlekraftwerken, von denen mehrere, etwa in Bergkamen, eigentlich hätten abgeschaltet werden sollen, aufgrund der Energiekrise aber weiter laufen durften. Da der Strom zu deutlich höheren Preisen verkauft werden konnte, blieb unterm Strich sehr viel übrig. Dies, obwohl sich auch die Kosten für die Rohstoffe, insbesondere die in den Kraftwerken verfeuerte Steinkohle, verdoppelt hatten – auf mehr als vier Milliarden Euro.
Aus dem laufenden Geschäft erzielte die Steag einen operativen Gewinn vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen (Ebitda) von 1,2 Milliarden Euro. Dass er unter dem Nettogewinn liegt, erklärt sich aus einer Besonderheit des Krisenjahres 2022: Der ungewöhnlich hohe Nettogewinn spiegelt nicht nur wider, was die Kohlekraftwerke während der Sonderkonjunktur nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine an Strom produziert und verkauft haben. Sondern auch Strommengen, die bereits 2022 für das Jahr 2023 verkauft wurden, aber zu dieser Zeit noch nicht geliefert waren. Das bestätigte ein Konzernsprecher auf Anfrage unserer Redaktion.
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Da auch in den ersten Monaten dieses Jahres noch große Mengen an Kohlestrom zu guten Preisen verkauft wurden, wird im Umfeld der Noch-Eigentümerinnen auch für dieses Jahr ein ähnlich gutes Ergebnis erwartet. Auch dieses fließt dann noch den Stadtwerken zwischen Duisburg und Dortmund zu. In die Prognose für die oben genannten Summen, die am Ende ausgeschüttet werden, ist das bereits grob eingerechnet. Wie außergewöhnlich der Rekordgewinn von 1,9 Milliarden ist, zeigt der Blick auf die Jahre davor: Noch 2020 hatte die Steag rund 170 Millionen Euro Verlust eingefahren, 2021 einen für Steag-Verhältnisse bereits sehr hohen Gewinn von 307 Millionen Euro erzielt.
Die Fernwärme dürfte deutlich wachsen
Auch für die Beschäftigten ist der versöhnliche Abschied der Kommunen von großem Vorteil, vor allem im so genannten schwarzen Teil der Steag mit ihrem konventionellen Energiegeschäft rund um die Kohle. Ohne die Sondereffekte des Ukraine-Krieges und die einmaligen Gewinnsprünge wäre es deutlich schwieriger geworden, die Steag als Ganzes zu verkaufen. Um den grünen Teil rund um die erneuerbaren Energien und die Fernwärme, die im Zuge der Wärmewende in den kommenden Jahren deutlich wachsen dürfte, musste man sich weniger Sorgen machen.
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Die Spanier bekannten sich bei der Übernahme zu beidem: Sie erklärten, massiv in den Ausbau des Geschäfts mit Erneuerbaren Energien investieren zu wollen, allein für den Ausbau der Wind- und Solaraktivitäten werde bis 2030 rund eine Milliarde Euro gebraucht, erklärte Asterion. Zugleich betonten die Spanier, auch mit dem „schwarzen“ Teil der Steag und seinen Kohlekraftwerken sehr zufrieden zu sein. Ihnen habe „sehr gefallen, was wir hier vorgefunden haben“, sagte Nicole Hildebrand, Partnerin und Energieexpertin bei Asterion. Die grüne Steag-Tochter Iqony habe eine „herausragende Basis“, um eine wichtige Rolle bei der Energie- und Wärmewende in Deutschland zu spielen. Die Kraftwerkssparte „Power“ leiste gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit.