Essen. Galeria Karstadt Kaufhof will das Warenhaus in Essen schließen und die Zentrale verlagern. Überraschend schließt eine Filiale am Niederrhein.

Die neuerliche Schließungswelle des insolventen Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof trifft im Ruhrgebiet den Standort Essen: Die Filiale im innerstädtischen Einkaufszentrum Limbecker Platz werde aufgegeben, teilte das Unternehmen mit. Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus hat am Samstag die Schließungsliste präsentiert, auf der auch der Kaufhof in Wesel steht. Essen soll danach ebenfalls die Hauptverwaltung mit zuletzt 900 Arbeitsplätzen verlieren. Sie zieht zur Schadowstraße nach Düsseldorf um.

Bereits am Freitag war bekannt geworden, dass sich Galeria im dritten Insolvenzverfahren innerhalb von nur knapp vier Jahren von 16 der 92 Warenhäuser trennen will. Die Liste der betroffenen Filialen war aber unter Verschluss gehalten worden. Nach ihrer Veröffentlichung steht nun fest, dass in NRW neben Essen und Wesel auch die Kölner Karstadt-Filiale Breite Straße zum 31. August aufgegeben wird. Bundesweit sind darüber hinaus Augsburg, Berlin Tempelhof, Berlin Ringcenter, Berlin Spandau, Chemnitz, Leonberg, Mainz, Mannheim, Oldenburg, Potsdam, Regensburg, Trier und Würzburg betroffen.

1400 Galeria-Beschäftigte verlieren ihre Arbeitsplätze

Die Schließung von Warenhäusern bedeutet nicht nur für Innenstädte und Einkaufszentren tiefe Einschnitte. Einmal mehr fallen auch wieder viele Arbeitsplätze weg. Galeria nannte am Samstag die Zahl 1400, 450 allein in der Hauptverwaltung. Am 26. April sei mit dem Betriebsrat ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen worden. Es sei festgelegt worden, dass alle von Kündigung Betroffenen für acht Monate in eine Transfergesellschaft wechseln können, um sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren.

Das Sanierungskonzept für Galeria Karstadt Kaufhof steht. Sie haen daran gearbeitet: v.l. Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus, Miteigentümer Bernd Beetz und Galeria-Chef Olivier Van den Bossche.
Das Sanierungskonzept für Galeria Karstadt Kaufhof steht. Sie haen daran gearbeitet: v.l. Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus, Miteigentümer Bernd Beetz und Galeria-Chef Olivier Van den Bossche. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Vor ein paar Wochen war die Angst vor dem Szenario einer Abwicklung von Galeria noch groß. Doch jetzt gibt es nochmal eine Chance für das Warenhaus“, erklärte Gesamtbetriebsratsvorsitzender Jürgen Ettl am Samstag. Nun gelte es, die von Kündigung betroffenen Beschäftigten zu unterstützen. „Dies ist eine Herausforderung, welche wir uns stellen müssen“, so Ettl. „Trotz allem Mitgefühl, Tausende Arbeitsplätze konnten gerettet werden.“

Dortmund, Bochum, Mülheim, Duisburg, Oberhausen und Kleve gerettet

Während in Essen am Samstag große Betroffenheit zu spüren ist, herrscht an allen anderen Galeria-Standorten im Kernruhrgebiet große Erleichterung. Nach Unternehmensangaben werden die Warenhäuser in Dortmund, Bochum, Mülheim, Duisburg, Oberhausen und Kleve fortgeführt. In Essen erinnert man sich freilich daran, dass die Filiale im Limbecker Platz seit dem Jahr 2020 schon zweimal geschlossen werden sollte. Am Ende wurden dann aber immer noch Lösungen mit dem Betreiber des Einkaufscenters gefunden.

„Als Ziel haben wir einen marktüblichen Mietkorridor von sieben bis elf Prozent des Umsatzes definiert, um die jeweilige Filiale wirtschaftlich rentabel betreiben zu können“, erklärt Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus. „Wir haben für den Erhalt jeder einzelnen Filiale hart verhandelt. Nicht nur im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch im Hinblick auf lebendige Innenstädte.“

Galeria-Chef kündigt Umbau von Filialen an

Galeria-Chef Olivier Van den Bossche verbreitet Optimismus. „Wir werden alles tun, um unser Geschäft in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Dazu sehen wir nicht zuletzt durch unsere Umsatzentwicklung im laufenden Geschäftsjahr gute Voraussetzungen“, sagt er. Das Unternehmen werde seine „Strategie der lokalen Ausrichtung konsequent weiter fortführen“. Er kündigt weitere Kooperationen mit Fachhändlern an. Zuletzt war über eine mögliche Zusammenarbeit mit dem schwedischen Möbelriesen Ikea berichtet worden.

Van den Bossche kündigt zudem „weitere Investitionen in die Filialen“ an. „Bei unseren bisher zehn erfolgreich modernisierten Filialen haben wir zum einen wichtige Erkenntnisse für die Effizienzsteigerung der Umbaumaßnahmen gewonnen. Zum anderen sehen wir, dass diese zehn Häuser erheblich besser arbeiten als Vergleichsfilialen“, erklärt der Galeria-Chef. „Deshalb werden wir auch diesen Weg nach vorne weiter gehen und den Umbau unserer Filialen kontinuierlich und in einem angemessenen Tempo parallel zum Tagesgeschäft fortsetzen.“ Einzelheiten nannte er aber nicht.

Verdi fordert: Neue Eigentümer müssen investieren

Mehr Unterstützung von den neuen Gesellschaftern, zu denen auch der US-Investor Richard Baker gehört, fordert die Gewerkschaft Verdi. „Wir erwarten, dass der neue Eigentümer Bernd Beetz in das Traditionsunternehmen investiert. Ohne Investitionen wird es nicht gehen!“, sagt Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer, die den neuerlichen Arbeitsplatzabbau bei Galeria „auf das Schärfste“ kritisiert. Nicht nur die Gewerkschaft, auch Politik und Gesellschaft dürften diese Schließungspläne auf keinen Fall hinnehmen und müssten nun um Arbeitsplätze und Filialen kämpfen.

Dafür sei mit den Vermietern über „die oft überteuerten Mieten“ zu verhandeln und an Zukunftskonzepten für den Handel zu arbeiten. „Tausende Beschäftigte haben die letzten Jahre auf erhebliche Gehaltsbestandteile verzichtet, um den Konzern zu retten. Sie haben es verdient, endlich Sicherheit für ihren Arbeitsplatz zu erhalten“, erklärt Silke Zimmer, die aus Essen stammt.

Ministerin Scharrenbach setzt auch Nachverhandlungen bei Mieten

NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU), die ein Förderprogramm für die neue Nutzung leer stehender Warenhäuser aufgelegt hat, zeigt sich erleichtert, dass nun endlich Klarheit über die Zukunft von Galeria herrsche. „Das ist für die Galeria-Familie ein schmerzlicher Tag“, sagte die Politikerin unserer Redaktion.

„Für die Standorte, die jetzt in Nordrhein-Westfalen geschlossen werden sollen, könnte sich höchstens dann eine Perspektive ergeben, wenn die jeweiligen Vermieter nochmals die Mietschraube nach unten drehen. Ob es da - gerade nach zwei Insolvenzrunden - noch eine Bereitschaft gibt, muss den nächsten Wochen überlassen bleiben“, meint Scharrenbach im Hinblick auf die Schließungspläne in Essen, Wesel und Köln.

Die Ministerin fordert, dass die Beschäftigten bei der Erarbeitung des Zukunftskonzepts für die Warenhäuser einbezogen werden. „Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die ausgetretenen Pfade der Galeria-Vorbesitzer zu verlassen und mit der Galeria-Familie der Beschäftigten neue Wege zu gehen“, so Scharrenbach.

Die dritte Galeria-Insolvenz seit 2020

Galeria hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Als Grund für die schwierige Lage nannte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche damals unter anderem die Insolvenzen der Signa-Gruppe des bisherigen Eigentümers René Benko. Deren Schieflage hatte unmittelbare Auswirkungen: Finanzmittel für die Sanierung der Warenhauskette, die im Zuge der vorherigen Insolvenz von Benko zugesagt worden waren, flossen nicht mehr.

Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus machte sich auf die Suche nach neuen Eigentümern und präsentierte kurz nach den Osterferien ein Konsortium, das Galeria übernehmen will. Es handelt sich um den Mannheimer Unternehmer Bernd Beetz und die US-Investmentgesellschaft NRDC von Richard Baker. Über den Verkauf und das Sanierungskonzept für Galeria muss die Gläubigerversammlung entscheiden, die am 28. Mai in der Messe Essen zusammentreten wird.

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