Essen. . Gegen den früheren Karstadt-Quelle-Chef Thomas Middelhoff hat eine Gerichtsvollzieherin einen Haftbefehl beantragt. Damit soll der Ex-Manager offenbar zu einer Vermögensauskunft gezwungen werden. Middelhoff sagte auf Anfrage: „Ich gehe nicht davon aus, dass es einen Haftbefehl geben wird.“

Thomas Middelhoff meldet sich telefonisch. Wenige Minuten zuvor war die Nachricht am Freitag in der Welt, eine Gerichtsvollzieherin habe Haftantrag gegen ihn gestellt. Der frühere Chef des Handelskonzerns Karstadt-Quelle soll zur Abgabe einer Vermögensauskunft gezwungen werden – auch Offenbarungseid genannt.

Am Mittwoch hatte Middelhoff eine Taschenpfändung über sich ergehen lassen müssen. Ein früherer Geschäftspartner von Middelhoff, der Unternehmensberater Roland Berger, hatte eine Forderung von 6,8 Millionen Euro fällig gestellt, berichtet „Spiegel Online“. Middelhoff dementiert nicht, dass es diese Taschenpfändung gegeben hat. Aber er will den Eindruck aus der Welt räumen, er müsse zahlen oder eine Haft stehe gar kurz bevor.

Arcandor-Insolvenzverwalter fordert 3,4 Millionen Euro von Middelhoff

Klar ist: Arcandor-Insolvenzverwalter Hans Gerd Jauch fordert rund 3,4 Millionen Euro von Middelhoff. Das Landgericht Essen hatte den Manager im September 2013 in einem Zivilverfahren verurteilt, diese Summe an die Insolvenzverwaltung zu zahlen. Es geht vor allem um Boni und Abfindungen, die Middelhoff zu Unrecht erhalten haben soll.

„Ich gehe nicht davon aus, dass es einen Haftbefehl geben wird“, sagt Middelhoff im Gespräch mit dieser Zeitung. Er verfüge über eine Managerversicherung, die im Fall des Falles einspringe – zuständig sei die Allianz.

Middelhoff verweist auf den Kölner Rechtsanwalt Bastian Finkel, der für die Allianz tätig sei. Finkel wiederum erklärt auf Nachfrage, „dass mit dem Insolvenzverwalter eine Vereinbarung abgestimmt wurde, damit er von einer Zwangsvollstreckung absieht“. Und der Anwalt fügt hinzu: „Die notwendige Erklärung hierzu hat er von uns erhalten.“ Im Umfeld von Insolvenzverwalter Jauch hieß es am Freitag allerdings, es sei noch „kein belastbares Papier im Haus“.

Gericht könnte gegen Middelhoff Erzwingungshaft verhängen

Fest steht auch: Das Boni-Urteil gegen Middelhoff ist noch nicht rechtskräftig. Ob der frühere Chef von Karstadt-Quelle zahlen muss, ist noch offen. Anfang September befasst sich das Oberlandesgericht Hamm mit dem Fall.

Tätig werden konnte die Gerichtsvollzieherin allerdings schon jetzt, weil es einen sogenannten „vorläufig vollstreckbaren Titel“ gab. Das Gericht könnte also auch Erzwingungshaft verhängen, sollte Middelhoff sich gegen eine Vermögensauskunft sperren.

Auch interessant

Eine gerichtliche Prüfung nimmt aber in aller Regel einige Tage in Anspruch. Und womöglich springt die Allianz als letzte Managerversicherung des Karstadt-Quelle-Nachfolgekonzerns Arcandor ein.

Roland Berger geht auf Distanz

Middelhoff steht gleichwohl finanziell unter Druck. Auch mit seinem früheren Vermögensverwalter Josef Esch streitet sich der einstige Konzernchef über millionenschwere Forderungen. Gleichzeitig läuft gegen Middelhoff auch ein Strafprozess vor dem Landgericht Essen. Die Staatsanwaltschaft wirft Middelhoff vor, er habe private Flüge mit Chartermaschinen zu Unrecht auf Kosten des Konzerns abgerechnet. Der Manager bestreitet die Vorwürfe. Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz hat bereits als Zeugin ausgesagt. In der nächsten Woche soll Middelhoffs frühere Büroleiterin sprechen.

Und dann ist da noch die Sache mit Roland Berger. Middelhoff und Berger haben in vergangenen Zeiten gemeinsame Geschäfte gemacht – bis die Partnerschaft in die Brüche ging. Nun fordert Berger Geld von Middelhoff, viel Geld: 6,8 Millionen Euro. „Eine private Sache“ sei das, hat Middelhoff dazu gesagt. „Unsere Freundschaft wird nicht darunter leiden.“ Doch im Umfeld von Berger wird dem Eindruck widersprochen, Middelhoff und der Unternehmensberater seien „alte Kumpel“. Es habe sich um eine Geschäftsfreundschaft gehandelt, eine Duzfreundschaft habe es nie gegeben. Es wird einsam um den einstigen Starmanager.

Firmenpleiten des Jahres

Schwarzes Jahr für Arcandor: Am Dienstag, 9. Juni, musste der Essener Konzern Insolvenz beantragen. Sämtliche Rettungsbemühungen waren gescheitert. Weder Staat noch Eigentümer wollten den angeschlagenen Konzern vor der Pleite bewahren.
Schwarzes Jahr für Arcandor: Am Dienstag, 9. Juni, musste der Essener Konzern Insolvenz beantragen. Sämtliche Rettungsbemühungen waren gescheitert. Weder Staat noch Eigentümer wollten den angeschlagenen Konzern vor der Pleite bewahren. © ddp
Die Arcandor-Pleite ließ auch den zugehörigen Warenhauskonzern Karstadt in die Insolvenz rutschen. Der Insolvenzverwalter will im kommenden Jahr 13 der 133 Häuser schließen und einen Käufer für Karstadt suchen.
Die Arcandor-Pleite ließ auch den zugehörigen Warenhauskonzern Karstadt in die Insolvenz rutschen. Der Insolvenzverwalter will im kommenden Jahr 13 der 133 Häuser schließen und einen Käufer für Karstadt suchen. © AP
dem Versandhändler Quelle. Für Quelle konnte jedoch kein Investor gefunden worden. Das Versandhaus stellte Ende des Jahres das Geschäft ein. Der Konkurrent Otto kauft nur Teile von Quelle.
dem Versandhändler Quelle. Für Quelle konnte jedoch kein Investor gefunden worden. Das Versandhaus stellte Ende des Jahres das Geschäft ein. Der Konkurrent Otto kauft nur Teile von Quelle. © AP
Escada musste Mitte August Insolvenz anmelden. Länger schon steckte die ehemals größte Damenmodemarke der Welt in finanziellen Schwierigkeiten. Der indische Stahlunternehmer Lakshmi Mittal rettete das Unternehmen vor der Pleite.
Escada musste Mitte August Insolvenz anmelden. Länger schon steckte die ehemals größte Damenmodemarke der Welt in finanziellen Schwierigkeiten. Der indische Stahlunternehmer Lakshmi Mittal rettete das Unternehmen vor der Pleite. © AP
Auch der Braunschweiger Klavierhersteller Schimmel hatte Ende Juli Insolvenz beantragt. Betroffen sind 144 Mitarbeiter. Verhandlungen mit potenziellen Investoren sollen laufen.
Auch der Braunschweiger Klavierhersteller Schimmel hatte Ende Juli Insolvenz beantragt. Betroffen sind 144 Mitarbeiter. Verhandlungen mit potenziellen Investoren sollen laufen. © ddp
Der Modelleisenbahn-Hersteller Märklin fuhr Anfang Februar 2009 in die Pleite. Das Traditionsunternehmen war erst 2006 von den Investoren Kingsbridge Capital und Goldman Sachs übernommen worden.
Der Modelleisenbahn-Hersteller Märklin fuhr Anfang Februar 2009 in die Pleite. Das Traditionsunternehmen war erst 2006 von den Investoren Kingsbridge Capital und Goldman Sachs übernommen worden. © ddp
Rosenthal hatte am 9. Januar Insolvenzantrag gestellt, vier Tage nach seinem irischen Mutterkonzern Waterford Wegdwood. Der Porzellanhersteller aus dem oberfränkischen Selb wurde mittlerweile vom italienischen Küchenartikelhersteller Sambonet Paderno gekauft.
Rosenthal hatte am 9. Januar Insolvenzantrag gestellt, vier Tage nach seinem irischen Mutterkonzern Waterford Wegdwood. Der Porzellanhersteller aus dem oberfränkischen Selb wurde mittlerweile vom italienischen Küchenartikelhersteller Sambonet Paderno gekauft. © AP
Mit Schiesser traf es ein weiteres Traditionsunternehmen: Der Wäscheproduzent musste am 9. Februar 2009 Insolvenzantrag stellen. Es soll aber mehrere Interessenten geben, darunter der Designer Wolfgang Joop.
Mit Schiesser traf es ein weiteres Traditionsunternehmen: Der Wäscheproduzent musste am 9. Februar 2009 Insolvenzantrag stellen. Es soll aber mehrere Interessenten geben, darunter der Designer Wolfgang Joop. © ddp
Der Fertighaus-Hersteller Kampa mit Sitz in Minden ging Mitte März pleite.
Der Fertighaus-Hersteller Kampa mit Sitz in Minden ging Mitte März pleite. © ddp
Der Remscheider Autozulieferer Edscha hatte Anfang Februar für seine europäischen Standorte Insolvenz angemeldet. Mittlerweile wurde die Karosseriesparte von der spanischen Gestamp Automoción übernommen, die Cabrio-Sparte von Webasto.
Der Remscheider Autozulieferer Edscha hatte Anfang Februar für seine europäischen Standorte Insolvenz angemeldet. Mittlerweile wurde die Karosseriesparte von der spanischen Gestamp Automoción übernommen, die Cabrio-Sparte von Webasto. © ddp
Die angeschlagene Kaufhaus-Kette verkündete ihre Zahlungsunfähigkeit Ende Juli 2008. 2009 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Mitte August 2009 stellte Hertie den Betrieb ganz ein. Doch Hertie ist längst nicht das einzige Bekleidungsgeschäft, das in Turbulenzen geriet ...
Die angeschlagene Kaufhaus-Kette verkündete ihre Zahlungsunfähigkeit Ende Juli 2008. 2009 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Mitte August 2009 stellte Hertie den Betrieb ganz ein. Doch Hertie ist längst nicht das einzige Bekleidungsgeschäft, das in Turbulenzen geriet ... © ddp
Auch die Herrenbekleidungskette Pohland hatte Zahlungsprobleme und musste im März 2009 zum Insolvenzgericht. Der Insolvenzverwalter stellte einen Sanierungsplan auf: Vier von zwölf Filialen werden geschlossen.
Auch die Herrenbekleidungskette Pohland hatte Zahlungsprobleme und musste im März 2009 zum Insolvenzgericht. Der Insolvenzverwalter stellte einen Sanierungsplan auf: Vier von zwölf Filialen werden geschlossen. © WAZ
Woolworth Deutschland beantragte Mitte April Insolvenz. Inzwischen gibt es einen Sanierungsplan. Ein Teil der Häuser wird als Sportartikel-Discounter weitergeführt.
Woolworth Deutschland beantragte Mitte April Insolvenz. Inzwischen gibt es einen Sanierungsplan. Ein Teil der Häuser wird als Sportartikel-Discounter weitergeführt. © ddp
Die Hagener Bekleidungskette SinnLeffers - 2008 in die Insolvenz geschlittert - hat sich 2009 aus eigener Kraft saniert und konnte das Insolvenzverfahren wieder beenden. Zur Reihe der insolventen Modegeschäfte gehörte auch ...
Die Hagener Bekleidungskette SinnLeffers - 2008 in die Insolvenz geschlittert - hat sich 2009 aus eigener Kraft saniert und konnte das Insolvenzverfahren wieder beenden. Zur Reihe der insolventen Modegeschäfte gehörte auch ... © ddp
... die Einzelhandelskette Adessa Moden aus Würselen, die aber vom ehemaligen Eigentümer Saline Moden gekauft wird und so vor dem drohenden Aus gerettet wurde.
... die Einzelhandelskette Adessa Moden aus Würselen, die aber vom ehemaligen Eigentümer Saline Moden gekauft wird und so vor dem drohenden Aus gerettet wurde. © WP
Der Infineon-Tochter Qimonda ging Ende Januar das Geld aus, nachdem ein Rettungsplan fehlgeschlagen war. Für den Chiphersteller arbeiteten vor der Pleite insgesamt rund 12.200 Menschen, darunter 3200 in Dresden.
Der Infineon-Tochter Qimonda ging Ende Januar das Geld aus, nachdem ein Rettungsplan fehlgeschlagen war. Für den Chiphersteller arbeiteten vor der Pleite insgesamt rund 12.200 Menschen, darunter 3200 in Dresden. © ddp
In Zahlungsnöte geriet auch der Wattenscheider Tuning-Spezialist D&W.
In Zahlungsnöte geriet auch der Wattenscheider Tuning-Spezialist D&W. © Klaus Micke/WAZ
Im April traf es den Cabrio-Hersteller Karmann.
Im April traf es den Cabrio-Hersteller Karmann. © ddp
1/18