Essen. . Unruhe bei Karstadt: Berichte über Umsatz-Einbußen machen die Runde. Dass die Beschäftigten auf Lohnsteigerungen verzichten sollen, sorgt für Unmut. Karstadt-Geschäftsführer Jennings gerät unter Druck. Kritik gibt es auch an Karstadt-Eigentümer Berggruen.

Andrew Jennings ist ein Manager, der gerne Entschlossenheit demonstriert. Als der britische Manager Anfang 2011 an die Spitze des Essener Warenhauskonzerns Karstadt rückte, machte schnell sein Spitzname die Runde: „The Hurricane“ – der Wirbelsturm. „Den habe ich wohl, weil ich Dinge in der Regel schnell und gründlich umsetzen will. In dieser Hinsicht verstehe ich ,The Hurricane’ als Kompliment“, scherzte Jennings einmal. Doch jetzt bittet der Karstadt-Chef um Geduld.

Karstadt brauche Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen, sagte Jennings vor wenigen Tagen. Das Unternehmen habe zwar „die Intensivstation verlassen“, befinde sich aber „nach wie vor im Krankenhaus“. Gelegentlich vergleicht Jennings den bevorstehenden Weg von Karstadt mit einem Marathon. Immerhin seien bereits 40 Prozent des Weges geschafft.

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„Der Wind bläst uns ins Gesicht“, hatte Jennings vor Wochen eingeräumt. Es scheint, als habe die Warenhauskette auch aktuell mit Umsatzrückgängen zu kämpfen. Seit dem Beginn des laufenden Geschäftsjahres Anfang Oktober 2012 bis April 2013 sei der Umsatz um zehn Prozent auf 1,8 Milliarden Euro gefallen, berichtet das „Handelsblatt“. Ein Unternehmenssprecher wollte die Zahlen auf Anfrage nicht kommentieren.

Berggruen soll Millionen für Markenrechte von Karstadt erhalten

Doch der Druck, der auf Karstadt-Chef Jennings lastet, wird größer. Auch Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen, der den Traditionskonzern 2010 für einen symbolischen Euro aus der Insolvenz heraus gekauft hatte, gerät zunehmend in die Kritik. Angeblich lässt sich Berggruen die Rechte an der Weiterführung des Namens Karstadt, die er für fünf Millionen Euro erworben haben soll, von der Warenhauskette Jahr für Jahr mit Millionensummen bezahlen. Auch dazu hüllt sich Karstadt in Schweigen.

„Die aktuellen Umsatzzahlen deuten darauf hin, dass es Karstadt nur unzureichend gelingt, neue junge Zielgruppen zu erschießen und die ältere Stammklientel zu halten“, urteilt Thomas Roeb, Einzelhandelsexperte der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Die Gründe hierfür dürften im gesamten Marketing-Mix – das heißt Sortiment, Preispolitik, Service und Laden-Atmosphäre – liegen.“

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Die Gewerkschaft Verdi fordert von Berggruen verstärkte Anstrengungen für die Sanierung von Karstadt. „Eigentum verpflichtet“, wird bei Verdi betont. Dass Karstadt aus der Tarifbindung aussteigen wolle und die Beschäftigten auf Lohnsteigerungen verzichten sollen, sorgt für Unmut. In einer ersten Filiale, in Sulzbach bei Frankfurt, gab es Proteste von Beschäftigten.

Unruhe bei Karstadt, gute Laune bei Kaufhof

Während bei Karstadt Unruhe herrscht, präsentiert sich der Konkurrent Kaufhof bestens gelaunt. „Der Kaufhof war super“, schwärmte der Chef des Mutterkonzerns Metro, Olaf Koch, vor wenigen Tagen – und fügte hinzu: „Das Warenhaus – so wie es Galeria-Kaufhof betreibt – hat eine hervorragende Perspektive.“

Regelmäßig in der Vergangenheit hatte es Spekulationen über eine Fusion von Kaufhof und Karstadt gegeben. Das Argument lautete: Mehr als ein Warenhauskonzern in Deutschland könne kaum überleben. „Es könnte auch fünf Kaufhausketten geben, wenn sie sich stärker voneinander unterschieden, wie es zum Beispiel bei Unternehmen in Großbritannien der Fall ist“, sagt dazu Handelsexperte Roeb. „Kaufhof und Karstadt sind sich zu ähnlich. Auf Dauer sehe ich hier Probleme. Mich würde es nicht wundern, wenn über kurz oder lang die alte Diskussion über eine Fusion beider Unternehmen wieder aufleben sollte.“