Essen. . Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, kritisiert die „bürokratische Papierflut“ bei der Geldanlage-Beratung. Die Protokolle, die die Angestellten ausfüllen müssten, führten dazu, dass sich die Banken ganz aus dem Beratungsgeschäft zurückziehen würden.

Der verbesserte Anlegerschutz nach der Lehman-Pleite 2008 führt dazu, dass immer mehr Banken auf eine Wertpapierberatung verzichten. „Ihnen ist das Risiko zu hoch“, sagte Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, der WAZ Mediengruppe.

Nach dem neuen Anlegerschutzgesetz, das der Bundestag 2009 verabschiedete, müssen Bankangestellte oder selbstständige Finanzvermittler Beratungsgespräche ausführlich dokumentieren. Das Protokoll ist für Kunden, die sich falsch beraten fühlen, im Streitfall ein Beleg für mögliche Schadenersatzansprüche, die zehn Jahre lang geltend gemacht werden können.

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Diese hohen Hürden führen dazu, dass sich Geldinstitute ganz aus dem Beratungsgeschäft zurückziehen. „Allein die Erstellung eines Beratungsprotokolls dauert 45 Minuten. Bei einer Marge von 75 Euro bleibt da nicht viel übrig“, sagt Bankenpräsident Schmitz. Er kritisiert die Politik, die dabei sei, „den Bankensektor in vielen Bereichen im Übermaß zu regulieren“ und die Institute mit ei­ner „bürokratischen Papierflut“ zu be­lasten. Viele Kunden, so Schmitz, seien ihrerseits im Umgang mit langen Beratungsprotokollen und vorgeschriebenen Produktinformationen überfordert.

Immer mehr Verbraucher holen sich Rat bei Verbraucherschützern

Ein Rückzug aus der Wertpapier-Beratung zeichnet sich auch bei den Volksbanken und Sparkassen ab. „Telefonaufzeichnung und Protokollierungen führen dazu, dass kleine Banken ein Problem bekommen, eine flächendeckende Beratung anzubieten“, sagt Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken. Der „enorme Aufwand“ führe dazu, dass die Anlageberatung bereits in einigen wenigen Hauptgeschäftsstellen gebündelt werde. So verfahren auch viele Sparkassen. Wertpapierberatung wird in den Filialen nicht mehr angeboten. Beim Sparkassenverband Westfalen-Lippe etwa brach der Wertpapierumsatz 2012 um ein Viertel auf 7,8 Milliarden Euro ein.

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Während die Geldinstitute unter der Mehrarbeit durch den Anlegerschutz leiden, nutzen immer mehr Verbraucher ihre Rechte und holen sich bei Schadenersatzansprüchen etwa wegen floppender Immobilien- oder Schiffsfonds Rat bei der Verbraucherzentrale NRW. Dort wurden im vergangenen Jahr 1781 sogenannte „Schadensfälle Kapitalanlage“ betreut. 2010, als das neue Gesetz gerade in Kraft getreten war, waren es erst 783 Beratungsfälle.