Düsseldorf. Nach vierjähriger Amtszeit gibt Andreas Schmitz am 15. April das Amt des Präsidenten des Bundesverbands deutscher Banken turnusgemäß an Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen weiter. Im Interview spricht er über das schlechte Image seiner Branche und die Rettung Zyperns.

Herr Schmitz, Sie haben 1978 eine Banklehre bei der Deutschen Bank gemacht. Heute bauen die Banken Personal ab und haben ein schlechtes Image. Würden Sie heute wieder Bankkaufmann werden wollen?

Andreas Schmitz: Nach meiner Banklehre hatte ich mir eigentlich geschworen, dass ich nie mehr in einer Bank arbeiten werde. Jetzt bin ich seit 24 Jahren bei HSBC Trinkaus. Durch die Finanzkrise und Skandale ist leider der Eindruck entstanden, dass in der Branche offenbar vieles schief läuft. Daran müssen wir als Branche arbeiten. Vieles ist zwar schon passiert. Klar ist aber auch: Banken sind nur dann erfolgreich, wenn sie in der Mitte der Gesellschaft und kundenbezogen agieren.

Und warum kommen die Banken nicht aus ihrer Image-Krise heraus?

Schmitz: Wir können am Schalter mit dem Kunden so gut sein wie wir wollen. Ereignisse wie jetzt die Debatte um Steueroasen machen das umgehend kaputt. Der allgemeine Eindruck ist doch: Die Banker haben den Schuss nicht gehört, auch wenn die zu Grunde liegenden Ereignisse meist Jahre zurückliegen. Trotzdem ist es entscheidend, dass alle Bank-Mitarbeiter am Schalter das Richtige tun. Und ich bin davon überzeugt, dass über 95 Prozent der 650.000 Beschäftigten einen soliden Job machen.

Ist die Beratung der Banken nicht noch immer zu sehr von Provisionen getrieben?

Schmitz: Nimmt der Kunde eine kostenlose Beratung in Anspruch, weiß er, dass die Bank eine Provision erhält. Wenn ein Mitarbeiter dem Kunden ein Produkt verkauft, das er a) nicht versteht oder b) dem er nicht ansieht, dass es für den Kunden nicht geeignet ist, dann hat das zunächst nichts mit Provisionen zu tun und der Mitarbeiter ist fehl am Platz. Banken sind aber natürlich nicht altruistisch. Wir müssen auch Geld verdienen. Manche Häuser lehnen bereits Beratungen für Geldanlagen ab, weil ihnen das Risiko zu hoch ist. Allein die Erstellung des Beratungsprotokolls dauert 45 Minuten. Bei einer Marge von 75 Euro bleibt nicht viel übrig.

Haben sich die von der Politik verordneten Maßnahmen für den Anlegerschutz nicht bewährt?

Schmitz: Die Politik ist dabei, den Bankensektor in vielen Bereichen im Übermaß zu regulieren. Manche Kunden sind im Umgang mit langen Beratungsprotokollen und Produktinformationen überfordert. Verständlich, denn nicht jeder ist Jurist. Ich sage nicht, dass die neuen Regeln mit Bausch und Bogen zu verdammen sind. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht zu viel des Guten tun. Die bürokratische Papierflut überfordert den Kunden immer mehr.

Was müsste man für eine unabhängige Honorarberatung bezahlen, wenn man auf Provisionen verzichten würde?

Schmitz: Viele Banken bieten ja eine Honorarberatung an. Der Kunde zahlt aber nur ungern für etwas, das er bislang quasi umsonst bekam. Bankberatung wird als kostenfreie Dienstleistung empfunden. Honorare sind in Deutschland nur schwer umzusetzen. Im Übrigen legen wir unsere Provisionen ja klipp und klar offen.

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Warum werden die zum Teil ausufernden Dispo-Zinsen nicht begrenzt?

Schmitz: Der durchschnittliche Dispozinssatz liegt heute bei etwas über 9 Prozent auf einem 10-Jahres-Tief. Teuer wird es erst, wenn der Kunde den Dispo-Rahmen überschreitet. Für die Bank ist der Dispo dann hochgradig ausfallgefährdet, weil der Kreditrahmen ja schon überzogen ist. Das Risiko wird eingepreist.

Finden Sie als Bankenverband in Berlin genügend Gehör?

Schmitz: Banken haben in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Deshalb kann ich verstehen, dass die Politik gerade kurz nach der Finanzkrise zurückhaltend im Umgang mit Banken war. Wenn es in der Krise ernst wurde, haben Politik und Banken aber durchaus vernünftig zusammengearbeitet. Allerdings wird gerade im Wahlkampf den Banken auch gerne der Schwarze Peter zugeschoben.

Hat Finanzminister Schäuble bei Ihnen nachgefragt, bevor das Zypern-Rettungspaket geschnürt und die Sparer mit ihrem Geld herangezogen wurden?

Schmitz: Das erste Paket wurde ja in einer Nachtsitzung in Brüssel geschnürt. Im Nachhinein hat sicherlich jeder erkannt, dass es ein Fehler war Guthaben, die von der gesetzlichen Einlagensicherung geschützt sind, heranzuziehen. In Deutschland ist das zwar kein Thema. Doch Spanier oder Portugiesen, die in einer ähnlich schwierigen Situation sind wie Zypern, könnten auf die Idee kommen, ihr Geld in den sicheren Hafen Deutschland umzuschichten.

Hat es denn bereits hohe Geldzuflüsse aus dem Ausland gegeben?

Schmitz: Aus Zypern ist der Zufluss natürlich minimal. Die Staatsschuldenkrise hat aber viele Anleger in südeuropäischen Ländern verunsichert. Was sich früher über Wechselkurse austariert hat, regelt sich jetzt über Zinsen. Der portugiesische Euro ist gemessen an Zinsen viel teurer als der deutsche.

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Sie haben die Grenze von 100.000 Euro bei der Einlagensicherung in Zypern begrüßt. Ist das ein grundsätzliches Modell bei der Rettung anderer Staaten?

Schmitz: Ich hätte mir gewünscht, dass man viel früher deutlich gemacht hätte, dass Zypern ein absoluter Sonderfall und nicht mit anderen Ländern vergleichbar ist. Dort wurde Geld mit hohen Zinsen ins Land gelockt. Die Quellen waren dabei offenbar nicht so wichtig. Der Bankenapparat wurde in den letzten Jahren künstlich aufgeblasen und war überdimensioniert. Das System musste kollabieren. Der Steuerzahler darf für diese Fehler nicht eintreten.

Beobachten Sie bereits, dass Anleger ihr Geld auf verschiedene Banken verteilen?

Schmitz: Wir wissen von unseren Banken, dass es nicht so ist: Es wird null umgeschichtet. Eine Stückelung ist in Deutschland auch gar nicht notwendig, denn der freiwillige Einlagensicherungsfonds schützt Summen, die deutlich über die gesetzlichen 100.000 Euro hinausgehen.

Rechnen Sie wieder mit einer Bankenkrise?

Schmitz: Die nächste Krise kommt bestimmt. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Nur weiß niemand, wann und aus welcher Richtung sie kommt. Krisen wiederholen sich in der Regel nicht.

Zurück zur Ausgangsfrage: Würden Sie heute noch einmal eine Banklehre machen?

Schmitz: Ich würde wieder Bankkaufmann werden, mich aber auch darauf einrichten, dass ich kein leichtes Leben haben werde. Trotzdem ist es ein schöner Beruf.