Düsseldorf. Nach den erneuten Durchsuchungen beim Stahlkonzern ThyssenKrupp hat Konzernchef Heinrich Hiesinger am Donnerstag angekündigt, hart gegen Kartellsünder vorzugehen. Hiesinger erklärte, er wolle das “Privilegien-System“ im Unternehmen abschaffen und eine “klare Ansprache“ an die Beschäftigten richten.
ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger will mit aller Härte gegen Kartellsünder in den eigenen Reihen vorgehen. Wenn ein Mitarbeiter gegen die Wettbewerbsgesetze verstoße, werde er gefeuert, sagte Hiesinger vor Journalisten der "Wirtschaftspublizistischen Vereinigung" in Düsseldorf - nur wenige Stunden, nachdem erneut ein Kartellverdacht gegen ThyssenKrupp bekannt geworden war. Er setze auf eine "klare Ansprache" an die Beschäftigten, betonte Hiesinger: "Denken Sie an Ihre Familie. Wenn Sie erwischt werden, wird Ihnen die Firma alles wegnehmen." Am Donnerstag hatte das Bundeskartellamt Büros der Stahlsparte von ThyssenKrupp in Duisburg durchsucht. Es bestehe der Verdacht, dass der Konzern mit anderen Unternehmen die Preise für Stahl-Lieferungen an die Autoindustrie abgesprochen hat.
Hiesinger warnte vor einem Imageschaden für das Essener Traditionsunternehmen. "Das ist immer ein Schlag für den Ruf eines Unternehmens", räumte der Konzernchef ein. Es sei ein "verheerendes Signal" gewesen, dass in der Vergangenheit Mitarbeiter im Unternehmen bleiben durften, obwohl sie gegen Wettbewerbsregeln verstoßen hatten. Zuletzt war Thyssen-Krupp durch das "Schienen-Kartell" in die Schlagzeilen geraten. Hiesinger stellte mit Blick auf mögliche Preisabsprachen klar: "Wir wollen diese Geschäfte nicht."
Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, droht ThyssenKrupp erneut eine schmerzhafte Strafe. Zum Umfang der möglicherweise betroffenen Geschäfte könne er noch nichts sagen, erklärte Hiesinger. Dafür sei es noch zu früh. Insofern kann auch über eine mögliche Strafzahlung nur spekuliert werden.
Hiesinger kann Vergangenes nicht ungeschehen machen
Auf die Frage, wie viele Bußgelder sich ThyssenKrupp noch leisten könne, antwortete Hiesinger: "Ich hätte für jeden Euro eine andere Verwendung." Er denke beispielsweise an Geld für "Forschung und Entwicklung". Er könne Versäumnisse der zurückliegenden Jahre nicht ungeschehen machen, sagte Hiesinger. "Was in der Vergangenheit passiert ist, ist nicht mehr korrigierbar." Zugleich mahnte Hiesinger einen Kulturwandel im Konzern an: "Wir brauchen generell eine neue Geisteshaltung im Unternehmen."
Er wolle auch das "überkommene Privilegiensystem im Konzern" abschaffen, kündigte Hiesinger an. "Da geht es etwa um die Größe oder Möblierung des Büros oder um Einladungen zu bestimmten Veranstaltungen", sagte Hiesinger. Wenn in der Vergangenheit der Besuch eines Konzernchefs in der Fabrik anstand, habe dies oft an einen Staatsakt erinnert. Das passe heute nicht mehr in die Zeit und verursache unnötige Kosten.