Düsseldorf. Versetzungen, Teilzeitmodelle, Aufhebungsverträge: Der ThyssenKrupp-Konzern ist gewillt, den am Freitag verkündeten Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. Man wolle auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, sagte ein ThyssenKrupp-Sprecher. Über 2000 Jobs sind betroffen.

ThyssenKrupp will beim geplanten Stellenabbau möglichst auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. "Wir gehen davon aus, dass die notwendigen Personalabbau-Maßnahmen sozialverträglich erfolgen", sagte ein Sprecher von ThyssenKrupp Steel Europe am Wochenende. Mitarbeiter könnten etwa innerhalb des Konzerns versetzt werden. Zudem sollten den Beschäftigten Teilzeitarbeits- oder Aufhebungsverträge angeboten werden. Auch Altersteilzeit oder Arbeitszeitverkürzungen seien möglich. "Dann erwarten wir, dass - sofern diese Maßnahmen in ausreichendem Maße greifen - betriebsbedingte Kündigungen nicht notwendig werden."

Der angeschlagene Konzern hatte am Freitag angekündigt, rund 2000 der 27.600 Stellen im europäischen Stahlgeschäft zu streichen. Darüber hinaus könnten 1800 Jobs durch den Verkauf von Bereichen wegfallen. Damit ist in der Sparte jeder siebte Arbeitsplatz gefährdet.

Stellenabbau bei ThyssenKrupp soll alle Standorte treffen

Die IG Metall, der Betriebsrat und der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin hatten einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen gefordert. Der IG Metall zufolge werden wohl alle Standorte vom Stellenabbau betroffen sein. Arbeitsplätze sollen auch in der Verwaltung in Duisburg wegfallen.

Der Konzern will durch den Stellenabbau im europäischen Stahlgeschäft die Kosten um rund 500 Millionen Euro bis zum Geschäftsjahr 2014/2015 drücken. Die Summe ist Teil des Sparziels von rund zwei Milliarden Euro, das Vorstandschef Heinrich Hiesinger im vergangenen Jahr ausgegeben hatte. Der operative Gewinn (Ebit) der Sparte war im Geschäftsjahr 2011/12 auf 188 Millionen Euro eingebrochen, nach 1,1 Milliarden Euro im Jahr zuvor. Verkaufen könnte Hiesinger Teilbereiche bei Electrical Steel, vermuteten Insider. Die Sparte unterhält Werke in Bochum und Gelsenkirchen sowie in Frankreich, Italien und Indien.

Der ThyssenKrupp-Konzern steckt in der größten Krise seit der Fusion 1999

Der Konzern steckt in der größten Krise seit der Fusion von Thyssen und Krupp 1999. Für das abgelaufene Geschäftsjahr 2011/12 (per Ende September) wies ThyssenKrupp einen Verlust von fünf Milliarden Euro aus. Dazu trugen auch die Probleme bei den Stahlwerken in Übersee maßgeblich bei, die Hiesinger möglichst schnell losschlagen will.

Für die Stahlwerke in den USA und Brasilien schmieden einige Bieter Insidern zufolge Bündnisse. Der japanische Stahlkocher JFE Steel und der Konkurrent U.S. Steel wollten eine gemeinsame Offerte vorlegen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Damit folgten sie einem gemeinsamen Vorgehen von Weltmarktführer ArcelorMittal mit Nippon Steel aus Japan und den Bemühungen des brasilianischen Stahlkonzerns CSN um finanzielle Schützenhilfe der staatlichen Entwicklungsbank BNDES. Die Frist für bindende Angebote laufe am 28. Februar ab. Durch die Bündnisse könnten die Bieter die milliardenschwere Transaktion leichter stemmen. Die Übersee-Werke stehen noch mit insgesamt 3,9 Milliarden Euro in den Büchern von ThyssenKrupp.

Thyssen schweigt zum Stand des Verfahrens

ThyssenKrupp wollte sich am Sonntag nicht näher zum Stand des Verfahrens äußern. "Der Bieterprozess verläuft planmäßig", sagte ein Sprecher lediglich. Der Konzern sei weiter zuversichtlich, bis Ende September eine Lösung zu finden. Von JFE Steel und US Steel war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Mitte Januar hatte Reuters von mit der Situation vertrauten Personen erfahren, dass ArcelorMittal 1,5 Milliarden Dollar (rund 1,1 Milliarden Euro) für die Anlage in den USA bietet. CSN wolle 3,8 Milliarden Dollar (2,6 Milliarden Euro) für das Werk in den USA und für eine Mehrheit an dem Stahlwerk in Brasilien hinblättern.

Einblick in seine Geschäftsentwicklung wird ThyssenKrupp am Dienstag bei der Vorlage seiner Zahlen zum ersten Quartal des Geschäftsjahres 2012/13 geben. Am Nachmittag will sich das Management den Fragen der Analysten stellen. (rtr)