Essen. . Schon wieder Wirbel um Karstadt: Erst kündigt der Warenhauskonzern Stellenabbau an, nun gibt es Spekulationen über eine Zerschlagung. Ein Dementi konnte die Diskussionen kaum stoppen. Ärger droht Karstadt-Eigentümer Berggruen auch mit der Gewerkschaft Verdi.
Als Jared Bluestein seine Mail in Sachen Karstadt verschickte, waren die Spekulationen schon einige Stunden alt. Soll der Warenhauskonzern wirklich zerschlagen werden? Was ist dran an den Gerüchten, Firmeneigentümer Nicolas Berggruen lasse den Verkauf der konzerneigenen Luxus-Kaufhäuser und der Karstadt-Sporthäuser vorbereiten? Bluestein, ein Vertrauter des deutsch-amerikanischen Milliardärs, ließ jedenfalls ausrichten: „Nicolas Berggruen ist ein langfristig orientierter Investor und dementiert entschieden, dass Teile des Karstadt-Geschäfts verkauft werden sollen.“
Bluestein sollte es wissen, schließlich ist er Aufsichtsratschef von Karstadt. Außerdem steht er selbst im Zentrum der Spekulationen. Bluestein verhandle persönlich mit der Qatar Holding und dem kanadischen Familienunternehmen George Weston Limited über einen Verkauf der Premium-Häuser, hatte der „Der Spiegel“ berichtet. Außerdem gebe es Pläne, die Sporthäuser an den Konkurrenten Sportscheck zu veräußern. „Unwahr“ seien diese Behauptungen, konterte Bluestein.
„Sicher wie das Amen in der Kirche“
Mit seinem Dementi konnte er aber nicht verhindern, dass wieder über die Zukunft von Karstadt diskutiert wird. „Der Verkauf der Premium-Häuser und der Sporthäuser wird so sicher kommen wie das Amen in der Kirche“, meint Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Am Ende werde wohl ohnehin die „Deutsche Warenhaus AG“ stehen – ein Zusammenschluss von Karstadt und der Metro-Tochterfirma Kaufhof.
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Arbeitnehmervertreter wie Johann Rösch, der für Karstadt zuständige Experte der Gewerkschaft Verdi, zeigen sich alarmiert. „Für die Beschäftigten von Kaufhof und Karstadt wäre ein solcher Zusammenschluss ein ganz schlechtes Geschäft“, warnt Rösch. „Es würde mehr als 10 000 Arbeitsplätze in Gefahr bringen.“
Berggruen hatte den Essener Karstadt-Konzern 2010 aus der Insolvenz heraus übernommen und versprochen, das Unternehmen als Ganzes zu erhalten. Als der schillernde Investor bei Karstadt einstieg, wurde er von der Belegschaft als großer Hoffnungsträger gefeiert. Doch mittlerweile sind die Sorgen zurückgekehrt. Vor wenigen Tagen kündigte Andrew Jennings, der für Berggruen als Karstadt-Chef die Geschäfte führt, massiven Stellenabbau an. Bis Ende 2014 sollen rund 2000 von etwa 18 000 Vollzeitstellen wegfallen.
„Gift fürs Unternehmen“
Die Gewerkschaft Verdi kritisiert die Pläne mit scharfen Worten. „Das ist Gift fürs Unternehmen“, sagt Rösch. Seinen Berechnungen zufolge wäre der Stellenabbau größer als vermutet. „Es geht um bis zu 4000 Arbeitsplätze“, erklärt Rösch. Hintergrund: Im Handel arbeiten vergleichsweise viele Frauen und Männer in Teilzeitjobs. Außerdem sollen befristete Verträge nicht verlängert werden.
Karstadt atmet auf
Insgesamt zählt Karstadt rund 24 000 Beschäftigte in 86 Warenhäusern, 28 Sportfilialen, drei „Luxushäusern“ (KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg, Oberpollinger in München) sowie in der Essener Firmenzentrale.
Betriebsräte planen Widerstand
Verdi kündigt nun Widerstand an. „Wir werden mit allen uns rechtlich zustehenden Mitteln gegen diesen Arbeitsplatzabbau vorgehen“, sagt Rösch. Möglich sei zum Beispiel, die Mitarbeiter zu „Infoveranstaltungen“ einzuladen. In der Konsequenz müssten die Kaufhäuser wohl mehrere Stunden geschlossen bleiben. Verdi setzt auch auf den Einfluss der Betriebsräte, die vor Ort Mehrarbeit oder Arbeitszeitverschiebungen absegnen müssen. Wie der Widerstand im Detail aussieht, könnte sich Ende des Monats entscheiden.
Am 28. und 29. August treffen sich Karstadt-Betriebsräte aus ganz Deutschland in Willingen im Sauerland. Neben Karstadt-Manager Jennings haben die Betriebsräte auch Firmeneigentümer Berggruen eingeladen. Ob der Milliardär, der regelmäßig in Luxussuiten übernachtet, auch einen Tag im Hotel „Sauerland-Stern“ verbringen wird? Zweifel sind erlaubt.