Essen. 2000 Arbeitsplätze will Karstadt streichen. Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Andrew Jennings, sagt: “Wir haben keine andere Wahl“. Betriebsbedingte Kündigungen seien laut Betriebsrat nicht auszuschließen. Die Arbeitnehmervertreter des Kaufhauskonzerns Karstadt sind von dem geplanten Stellenabbau überrascht worden.

Der angekündigte Stellenabbau beim Warenhauskonzern Karstadt stößt bei der Gewerkschaft ver.di auf massive Kritik. "Das ist ein völlig falsches Signal gegenüber Beschäftigten und Kunden", sagte ver.di-Sprecher Christoph Schmitz am Dienstag der Nachrichtenagentur dapd. Am Montagabend hatte das Unternehmen bekanntgegeben, bis 2014 etwa 2.000 von bundesweit 25.000 Stellen streichen zu wollen.

Der Arbeitsplatzabbau soll demnach so "sozialverträglich wie möglich" gestaltet und vor allem über Frühpensionierungen und die Nichtverlängerung befristeter Verträge erreicht werden. Ob es zu betriebsbedingten Kündigungen komme, sei noch offen, sagte der Betriebsratsvorsitzende der Karstadt-Hauptverwaltung in Essen, Arno Leder, auf dapd-Anfrage.

Karstadt kämpft mit Folgen der Euro-Krise

Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Andrew Jennings, habe aber deutlich gemacht, dass diese "nicht geplant und nicht gewollt" seien, sagte Leder. Ausdrücklich ausgeschlossen habe Jennings sie jedoch nicht. Die Karstadt-Mitarbeiter seien erst am Dienstagmorgen von der Geschäftsführung über die Pläne informiert worden.

Jennings hatte betonte, der Stellenabbau sei schmerzhaft, aber notwendig. "Wir machen das nicht, weil wir das wollen, aber aus geschäftlicher Sicht haben wir keine andere Wahl", sagte er laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" am Dienstagvormittag in der Essener Konzernzentrale an die Adresse der Mitarbeiter.

Karstadt-Mitarbeiter demonstrieren

Bundesweit gingen heute Karstadt-Beschäftigte auf die Straße.
Bundesweit gingen heute Karstadt-Beschäftigte auf die Straße. © AP
Vor der Arcandor-Zentrale ...
Vor der Arcandor-Zentrale ... © AP
... in Essen ...
... in Essen ... © AP
... demonstrierten ...
... demonstrierten ... © AP
... mehr als tausend Arbeitnehmer der Karstadt Hauptverwaltung.
... mehr als tausend Arbeitnehmer der Karstadt Hauptverwaltung. © AP
In einem Schweigemarsch waren ...
In einem Schweigemarsch waren ... © Ulrich von Born / WAZ Bildredaktion
... die Beschäftigten zur Hauptverwaltung in Essen-Bredeney gezogen.
... die Beschäftigten zur Hauptverwaltung in Essen-Bredeney gezogen. © Ulrich von Born / WAZ Bildredaktion
Der angeschlagene Handelskonzern Arcandor ...
Der angeschlagene Handelskonzern Arcandor ... © AP
... steht kurz vor der Insolvenz und forderte Staatshilfen.
... steht kurz vor der Insolvenz und forderte Staatshilfen. © AP
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Per Megaphon sprach Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick ...
Per Megaphon sprach Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick ... © AP
... zu den demonstrierenden Beschäftigten.
... zu den demonstrierenden Beschäftigten. © AP
Auch vor dem neu gebauten Einkaufszentrum Limbecker Platz in Essen ...
Auch vor dem neu gebauten Einkaufszentrum Limbecker Platz in Essen ... © Ulrich von Born / WAZ Bildredaktion
... demonstrierten die Mitarbeiter für die Rettung des Konzerns.
... demonstrierten die Mitarbeiter für die Rettung des Konzerns. © Ulrich von Born / WAZ Bildredaktion
Aus Protest verhüllen Karstadt-Mitarbeiter die Schaufenster ...
Aus Protest verhüllen Karstadt-Mitarbeiter die Schaufenster ... © WR RALF ROTTMANN
... der Filiale in Dortmund.
... der Filiale in Dortmund. © WR RALF ROTTMANN
Auch in Duisburg machten die Karstadt-Mitarbeiter auf ihr Schicksal aufmerksam und ...
Auch in Duisburg machten die Karstadt-Mitarbeiter auf ihr Schicksal aufmerksam und ... © WAZ
... sammelten Unterschriften.
... sammelten Unterschriften. © WAZ
Mehrere tausend Bürger haben schon unterschrieben.
Mehrere tausend Bürger haben schon unterschrieben. © WAZ
Auch in Berlin sammelten Verkäufer Unterschriften für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.
Auch in Berlin sammelten Verkäufer Unterschriften für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. © AP
Dort erwarteten die Mitarbeiter eine Entscheidung. Die fiel allerdings anders als erwünscht aus.
Dort erwarteten die Mitarbeiter eine Entscheidung. Die fiel allerdings anders als erwünscht aus. © AP
Denn anders als von den Mitarbeitern gefordert, hat der zuständige Lenkungsausschuss der Bundesregierung ...
Denn anders als von den Mitarbeitern gefordert, hat der zuständige Lenkungsausschuss der Bundesregierung ... © AP
... den Antrag des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor auf eine Staatsbürgschaft abgelehnt.
... den Antrag des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor auf eine Staatsbürgschaft abgelehnt. © AP
Solidaritätsunterschriften sammelten auch die Mitarbeiter in der Freiburger Filiale.
Solidaritätsunterschriften sammelten auch die Mitarbeiter in der Freiburger Filiale. © AP
Vor dem Kaufhaus hielten Mitarbeiter eine Mahnwache.
Vor dem Kaufhaus hielten Mitarbeiter eine Mahnwache. © AP
Sie wollen, dass Karstadt bestehen bleibt.
Sie wollen, dass Karstadt bestehen bleibt. © AP
Aufmerksamkeitswirksam haben sie die Schaufenster mit Papier verhüllt.
Aufmerksamkeitswirksam haben sie die Schaufenster mit Papier verhüllt. © AP
In Frankfurt beteiligten sich über 600 Mitarbeiter an dem Protest.
In Frankfurt beteiligten sich über 600 Mitarbeiter an dem Protest. © ddp
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In Erfurt zeigten sich die Verkäufer selbstbewusst und ...
In Erfurt zeigten sich die Verkäufer selbstbewusst und ... © AP
... machten plakativ deutlich, welche Folgen eine Insolvenz haben würde.
... machten plakativ deutlich, welche Folgen eine Insolvenz haben würde. © AP
Die Mitarbeiter stehen hinter dem Konzern.
Die Mitarbeiter stehen hinter dem Konzern. © AP
Ähnliche Bilder gibt es aus Düsseldorf. Die Beschäftigten appelieren an die Solidarität und ...
Ähnliche Bilder gibt es aus Düsseldorf. Die Beschäftigten appelieren an die Solidarität und ... © AP
... zeichnen ein düsteres Bild für die Zukunft der Innenstädte ohne Karstadt.
... zeichnen ein düsteres Bild für die Zukunft der Innenstädte ohne Karstadt. © AP
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Mit einer Menschenkette haben 150 Mitarbeiter ...
Mit einer Menschenkette haben 150 Mitarbeiter ... © AP
... in Dresden für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert.
... in Dresden für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. © AP
Sie machen die Kunden auf die drohende Schließung aufmerksam.
Sie machen die Kunden auf die drohende Schließung aufmerksam. © AP
Die Konzerne Metro und Arcandor beraten über eine Fusion ihrer Warenhaustöchter. In der Innenstadt von Hannover liegen die Filialen von Kaufhof und Karstadt in unmittelbarer Nähe.
Die Konzerne Metro und Arcandor beraten über eine Fusion ihrer Warenhaustöchter. In der Innenstadt von Hannover liegen die Filialen von Kaufhof und Karstadt in unmittelbarer Nähe. © AP
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Protest in Köln.
Protest in Köln. © AP
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Besonders Frauen wären von einer Insolvenz des Kaufhauskonzerns betroffen.
Besonders Frauen wären von einer Insolvenz des Kaufhauskonzerns betroffen. © AP
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Zur Begründung führte er neben den "herausfordernden Marktbedingungen der Eurokrise" strukturelle Probleme bei der erst 2010 aus der Insolvenz geretteten Kaufhauskette Karstadt an. Sein Unternehmen leide unter "komplexen und ineffizienten Altstrukturen", sagte Jennings der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Nun gehe es darum, das Geschäftsmodell des Kaufhauses zu vereinfachen. Die Schließung von Filialen sei nicht vorgesehen.

Verdi hält den Stellenabbau bei Karstadt für "völlig verfehlt"

Bei Verdi stießen die geplanten Einschnitte auf Unverständnis. Gerade ein Warenhaus sei "auf engagierte und motivierte Mitarbeiter angewiesen, damit die Kunden fachlich fundierte Beratung bekommen", sagte Verdi-Sprecher Schmitz. Die Beschäftigten hätten in der Vergangenheit "erhebliche Summen in die Sanierung des Unternehmens gesteckt", indem sie auf tarifliche Leistungen verzichtet hätten, betonte der Sprecher.

Karstadt atmet auf

Karstadt-Investor Nicolas Berggruen will am Freitag seine Freude nicht verbergen. Er ist am Ziel: Die Mietverhandlungen sind unter Dach und Fach. Und auch das Amtsgericht Essen hat grünes Licht für den Karstadt-Kauf gegeben.
Karstadt-Investor Nicolas Berggruen will am Freitag seine Freude nicht verbergen. Er ist am Ziel: Die Mietverhandlungen sind unter Dach und Fach. Und auch das Amtsgericht Essen hat grünes Licht für den Karstadt-Kauf gegeben. © REUTERS
Berggruen lobt bei einer Pressekonferenz in Berlin das diplomatische Geschick von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Von der Leyen dürfte selbst höchstes Interesse an einer Rettung gehabt haben. Schließlich standen 25.000 Arbeitsplätze auf der Kippe.
Berggruen lobt bei einer Pressekonferenz in Berlin das diplomatische Geschick von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Von der Leyen dürfte selbst höchstes Interesse an einer Rettung gehabt haben. Schließlich standen 25.000 Arbeitsplätze auf der Kippe. © ddp
Berggruen gab sich in Berlin bodenständig. Er bezeichnete sich als Arbeiter für Karstadt. Die Mitarbeiter ...
Berggruen gab sich in Berlin bodenständig. Er bezeichnete sich als Arbeiter für Karstadt. Die Mitarbeiter ... © ddp
... nahmen ihn symbolisch in ihrer Mitte auf, indem sie ihm ein Namesschild anhefteten.
... nahmen ihn symbolisch in ihrer Mitte auf, indem sie ihm ein Namesschild anhefteten. © ddp
Nach der Pressekonferenz traf sich Berggruen zum Mittagessen unter anderem mit Altkanzler Gerhard Schröder (SPD).
Nach der Pressekonferenz traf sich Berggruen zum Mittagessen unter anderem mit Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). © AFP
Die Mitarbeiter in der Berliner Filiale, in der Bergruen und von der Leyen vor die Presse getreten waren, lauschten gespannt den Worten ihres neuen Chefs. Anschließend ...
Die Mitarbeiter in der Berliner Filiale, in der Bergruen und von der Leyen vor die Presse getreten waren, lauschten gespannt den Worten ihres neuen Chefs. Anschließend ... © REUTERS
... feierten sie. Für die Beschäftigten ist nun die einjährige Zitterpartie beendet.
... feierten sie. Für die Beschäftigten ist nun die einjährige Zitterpartie beendet. © AFP
Auch in Dortmund machten die Karstadt-Angestellten regelrechte Luftsprünge, als sie von der Rettung erfuhren.
Auch in Dortmund machten die Karstadt-Angestellten regelrechte Luftsprünge, als sie von der Rettung erfuhren. © Knut Vahlensieck
Auch in Dortmund knallten die Sektkorken.
Auch in Dortmund knallten die Sektkorken. © Knut Vahlensieck
Filialleiter Jochen Keller stieß mit den Betriebsräten Udo Halsband und Anja Herzog an.
Filialleiter Jochen Keller stieß mit den Betriebsräten Udo Halsband und Anja Herzog an. © Knut Vahlensieck
Bereits am Donnerstag zogen Karstadtmitarbeiterinnen vor die Deutsche Bank in Berlin und feierten, da war die Übernahme noch gar nicht in trockenen Tüchern. Die Deutsche Bank spielte eine gewichtige Rolle bei den Verhandlungen. Sie ist einer der beiden Haupteigner von Highstreet.
Bereits am Donnerstag zogen Karstadtmitarbeiterinnen vor die Deutsche Bank in Berlin und feierten, da war die Übernahme noch gar nicht in trockenen Tüchern. Die Deutsche Bank spielte eine gewichtige Rolle bei den Verhandlungen. Sie ist einer der beiden Haupteigner von Highstreet. © ddp
Die Mitarbeiter unterstrichen mit ihrer Demonstration am Donnerstag die Verantwortung der Verhandlungspartner für die 25.000 Arbeitsplätze.
Die Mitarbeiter unterstrichen mit ihrer Demonstration am Donnerstag die Verantwortung der Verhandlungspartner für die 25.000 Arbeitsplätze. © ddp
Derweil wartete am Donnerstag Nicolas Berggruen (l.) mit Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg gespannt auf das Ergebnis der Mietverhandlungen in London.
Derweil wartete am Donnerstag Nicolas Berggruen (l.) mit Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg gespannt auf das Ergebnis der Mietverhandlungen in London. © ddp
Berggruen zeigte Kundennähe. Ob er den Nerv der Kunden auch künftig trifft, muss er nun beweisen.
Berggruen zeigte Kundennähe. Ob er den Nerv der Kunden auch künftig trifft, muss er nun beweisen. © ddp
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Der Konzern war 2009 in die Insolvenz geschlittert und ein Jahr später von dem US-Investor Nicolas Berggruen übernommen worden. 2010 hatten die Mitarbeiter zeitlich befristet auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet, um sich an der Unternehmensrettung zu beteiligen. Vor diesem Hintergrund sei es "völlig verfehlt, jetzt mit Stellenabbau zu drohen", sagte Schmitz.

1,5 Millionen Kunden täglich bei Karstadt

"Wir sind uns der Opfer bewusst, die unsere Mitarbeiter gebracht haben", sagte Jennings der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dennoch sei der Personalabbau nach Prüfung aller Optionen unausweichlich.

"Gegen die Nichtverlängerung von befristeten Verträgen kann man wenig tun", räumte Gewerkschafter Schmitz ein. "Wie das konkret aussehen soll, werden wir uns zusammen mit Betriebsräten genau ansehen", kündigte er an.

Karstadt hatte zu dem im Sommer 2009 insolvent gegangenen Essener Arcandor-Konzern gehört. Mehr als 1,5 Millionen Kunden pro Tag besuchen nach Firmenangaben die Filialen des Unternehmens.