Bochum. . Annington, der Immobilienkonzern aus NRW, hat bundesweit rund 200.000 Wohnungen – und knapp vier Milliarden Euro Verbindlichkeiten. Eine erste Einigung mit wichtigen Gläubigern gibt es. Aber noch ist die Finanzierung nicht unter Dach und Fach.

Die Themen, mit denen sich Wijnand Donkers befasst, erinnern an Doku-Soaps aus dem Privatfernsehen. „Raus aus den Schulden“ und „Mieten, Kaufen, Wohnen“ – darum geht es auch bei einem der größten deutschen Immobilienkonzerne.

Die Deutsche Annington, deren Chef der niederländische Manager Donkers ist, verfügt über bundesweit rund 200 000 Wohnungen, jede zweite davon befindet sich in NRW. Wenn ein Unternehmen dieser Größenordnung mit seinen Gläubigern über die Umschichtung der Schulden verhandelt, geht es rasch um Millionenbeträge. Bei der Deutschen Annington handelt es sich sogar um Verbindlichkeiten von knapp vier Milliarden Euro, die der Konzern bei rund 100 Investoren hat. Innerhalb von fünf Jahren muss der Wohnungsriese die Schulden begleichen. Allein im ersten Jahr soll er rund eine Milliarde Euro in die Hand nehmen.

Zähe Verhandlungen mit Banken

„Es gibt keinerlei Zweifel an der Einhaltung der bestehenden Kreditverpflichtungen durch die Deutsche Annington“, sagte Donkers bei einer eilig anberaumten Telefonkonferenz. Nach zähen Verhandlungen hatte sich der Konzern mit Sitz in Bochum mit wichtigen Gläubigern wie der Bayerischen Landesbank, JP Morgan und der Landesbank Baden-Württemberg geeinigt. Damit die Finanzierung unter Dach und Fach kommt, müssen noch weitere Geldhäuser zustimmen. Die Annington strebt einen Sanierungsplan nach britischem Recht („Scheme of Arrangement“) an. Auf ein solches Verfahren, bei dem 75 Prozent der Gläubiger zustimmen müssen, greifen auch deutsche Schuldner immer dann gerne zurück, wenn absehbar ist, dass die nötige Zustimmung aller Gläubiger nicht zu schaffen wäre. Donkers betonte, das Geschäft des Wohnungskonzerns laufe gut. Zu schaffen macht dem Unternehmen allerdings die angespannte Lage an den Finanzmärkten.

Angst um eine Siedlung

Die historische Arbeitersiedlung Flöz Dickebank.
Die historische Arbeitersiedlung Flöz Dickebank. © WAZ FotoPool
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Randvoll gefüllt - der Pfarrsaal von St. Joseph.
Randvoll gefüllt - der Pfarrsaal von St. Joseph. © WAZ FotoPool
Stadtverordneter Udo Brückner (SPD), Baurat Michael von der Mühlen, Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund, Hans-Joachim Härtling von der Deutschen Annington, Bezirksbürgermeister Bernd Lemanski, selbst Anwohner der Siedlung, Werner Wöll und Günther Brückner (beide CDU) bildeten das Podium.
Stadtverordneter Udo Brückner (SPD), Baurat Michael von der Mühlen, Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund, Hans-Joachim Härtling von der Deutschen Annington, Bezirksbürgermeister Bernd Lemanski, selbst Anwohner der Siedlung, Werner Wöll und Günther Brückner (beide CDU) bildeten das Podium. © WAZ FotoPool
Blick in die Straße Flöz Dickebank
Blick in die Straße Flöz Dickebank © WAZ FotoPool
Rund 150 Anwohner kamen am Mittwoch, dem 23.02.2012, ins Pfarrheim der katholischen Kirche St. Joseph in Gelsenkirchen - Ückendorf, um sich über den geplanten Verkauf der historischen Arbeitersiedlung Flöz Dickebank zu informieren. Die Deutsche Annington will die Häuser , die u.a. zur Route der Industriekultur zählen, an die Häusser Bau verkaufen. Die Mieter der insgesamt 317 Wohnungen fürchten nun, das sie nach einer weitergehenden Einzelprivatisierung auf die Straße gesetzt werden könnten.Foto: Martin Möller / WAZ FotoPool / 23.02.2012
Rund 150 Anwohner kamen am Mittwoch, dem 23.02.2012, ins Pfarrheim der katholischen Kirche St. Joseph in Gelsenkirchen - Ückendorf, um sich über den geplanten Verkauf der historischen Arbeitersiedlung Flöz Dickebank zu informieren. Die Deutsche Annington will die Häuser , die u.a. zur Route der Industriekultur zählen, an die Häusser Bau verkaufen. Die Mieter der insgesamt 317 Wohnungen fürchten nun, das sie nach einer weitergehenden Einzelprivatisierung auf die Straße gesetzt werden könnten.Foto: Martin Möller / WAZ FotoPool / 23.02.2012 © WAZ FotoPool
Rückfront der Häuser
Rückfront der Häuser © WAZ FotoPool
Baurat Michael von der Mühlen, Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund, Hans-Joachim Härtling von der Deutschen Annington sowie Bezirksbürgermeister Bernd Lemanski, selbst Anwohner der Siedlung.
Baurat Michael von der Mühlen, Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund, Hans-Joachim Härtling von der Deutschen Annington sowie Bezirksbürgermeister Bernd Lemanski, selbst Anwohner der Siedlung. © WAZ FotoPool
Virchowstraße
Virchowstraße © WAZ FotoPool
Nachdenkliche Minen.
Nachdenkliche Minen. © WAZ FotoPool
Hinweistafeln informieren  über die historische Bedeutung der Siedlung.
Hinweistafeln informieren über die historische Bedeutung der Siedlung. © WAZ FotoPool
Sie ist städtbaulich und siedlungshistorisch die wichtigste Arbeitersiedlung der Stadt.
Sie ist städtbaulich und siedlungshistorisch die wichtigste Arbeitersiedlung der Stadt. © WAZ FotoPool
Blick hindurch zwischen zwei Häusern auf ein Garagentor, das mit dem Signet der Veltins Arena bemalt ist.
Blick hindurch zwischen zwei Häusern auf ein Garagentor, das mit dem Signet der Veltins Arena bemalt ist. © WAZ FotoPool
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Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund moderierte die lebhafte Diskussion im Saal.
Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund moderierte die lebhafte Diskussion im Saal. © WAZ FotoPool
Bereits in den 1970er Jahren hatten die Anwohner von Flöz Dickebank für den Erhalt gekämpft.
Bereits in den 1970er Jahren hatten die Anwohner von Flöz Dickebank für den Erhalt gekämpft. © WAZ FotoPool
Blick in die Virchowstraße
Blick in die Virchowstraße © WAZ FotoPool
An einem Haus in der Ottilienaustraße Kohlebriketts geliefert.
An einem Haus in der Ottilienaustraße Kohlebriketts geliefert. © WAZ FotoPool
Die Häuser teils in einem stark renovierungsbedürftigem Zustand.
Die Häuser teils in einem stark renovierungsbedürftigem Zustand. © WAZ FotoPool
Der Putz fällt von den Wänden.
Der Putz fällt von den Wänden. © WAZ FotoPool
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Bezirksbürgermister Bernd Lemanski, selbst Anwohner, und der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt, Werner Wöll.
Bezirksbürgermister Bernd Lemanski, selbst Anwohner, und der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt, Werner Wöll. © WAZ FotoPool
Rund 150 Anwohner kamen am Mittwoch, dem 23.02.2012, ins Pfarrheim der katholischen Kirche St. Joseph in Gelsenkirchen - Ückendorf, um sich über den geplanten Verkauf der historischen Arbeitersiedlung Flöz Dickebank zu informieren. Die Deutsche Annington will die Häuser , die u.a. zur Route der Industriekultur zählen, an die Häusser Bau verkaufen. Die Mieter der insgesamt 317 Wohnungen fürchten nun, das sie nach einer weitergehenden Einzelprivatisierung auf die Straße gesetzt werden könnten.Foto: Martin Möller / WAZ FotoPool / 23.02.2012
Rund 150 Anwohner kamen am Mittwoch, dem 23.02.2012, ins Pfarrheim der katholischen Kirche St. Joseph in Gelsenkirchen - Ückendorf, um sich über den geplanten Verkauf der historischen Arbeitersiedlung Flöz Dickebank zu informieren. Die Deutsche Annington will die Häuser , die u.a. zur Route der Industriekultur zählen, an die Häusser Bau verkaufen. Die Mieter der insgesamt 317 Wohnungen fürchten nun, das sie nach einer weitergehenden Einzelprivatisierung auf die Straße gesetzt werden könnten.Foto: Martin Möller / WAZ FotoPool / 23.02.2012 © WAZ FotoPool
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Kreuzung Flöz Dickebank / Otttilienaustraße.
Kreuzung Flöz Dickebank / Otttilienaustraße. © WAZ FotoPool
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Hinter der Deutschen Annington steckt der britische Finanzinvestor Terra Firma, der in der Vergangenheit auch den Autobahnraststättenbetreiber Tank & Rast und die Musikfirma EMI gekauft und wieder verkauft hatte. Terra Firma muss nun eine halbe Milliarde Euro in den Bochumer Immobilienkonzern stecken. Offenbar war diese Eigenkapitalspritze eine Bedingung der Gläubigerbanken.

In absehbarer Zeit will die Annington an die Börse gehen. Das Ziel bleibe bestehen, sagte Donkers, doch über einen möglichen Zeitpunkt wollte er „nicht spekulieren“. Nach Einschätzung von Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist ein rascher Börsengang unwahrscheinlich: „Die Zeit für Börsengänge ist sehr schlecht. Das Risiko ist zu groß, dass sich ein Unternehmen unter Wert verkauft.“

Zu Lasten der Mieter

Für die Mieter werde sich vorerst nichts ändern, beteuerte Firmenchef Donkers. „Diese neue Refinanzierung wird nicht auf Kosten oder zu Lasten der Mieter gehen.“ Auch an der bisherigen Strategie zum Verkauf von Wohnungen halte der Konzern fest. Es sei geplant, jährlich zwischen zwei bis drei Prozent des Immobilienbestands abzugeben. Die Mieten in den Wohnungen der Deutschen Annington sollen – wie bisher – jedes Jahr ungefähr um zwei Prozent steigen.

„Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lagen die jährlichen Preissteigerungen bei der Kaltmiete zuletzt bei einem Prozent“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. „Insofern fällt der Anstieg bei der Deutschen Annington deutlich höher aus.“ Ein privates Wohnungsunternehmen „will beziehungsweise muss“ eben höhere Renditen erwirtschaften als beispielsweise Wohnungsgenossenschaften oder städtische Immobilien-Gesellschaften, gibt Ropertz zu bedenken. Denn natürlich wollen nicht nur die Gläubiger, dass ihr Geld eine ordentliche Rendite erwirtschaftet. Auch Terra Firma dürfte zu einem günstigen Zeitpunkt Kasse machen.