Oberhausen. Nach dem wahrscheinlichen Verlust von 20 Millionen Euro der Stadtsparkasse Oberhausen bei einem einzigen Geschäft lässt die Bankenaufsicht Bafin nach Informationen der WAZ-Mediengruppe weitere 20 größere Kredite des Instituts prüfen. Sie beleuchtet, ob die Sparkasse systematisch Risiken von Darlehen unterschätzt und nachlässig gehandhabt hat.

Der historisch einmalig hohe Kreditverlust der Stadtsparkasse Oberhausen von 20 Millionen Euro im Geschäftsfall des Königshardter Sportartikelhändlers „Sport-Concept“ ist rein wirtschaftlich betrachtet verkraftet: Im Bilanzjahr 2010 schrieb die Sparkasse ohne besondere Info an die Öffentlichkeit satte 11 Millionen Euro ab. Die Restsumme in einstelliger Millionenhöhe schlägt im Bilanzjahr 2011 gewinn-mindernd zu Buche. Doch zur Tagesordnung schreiten können die 600 Mitarbeiter noch lange nicht.

Das Vertrauen der oberen Sparkassenangestellten untereinander ist angesichts interner Auseinandersetzungen in der Vergangenheit über den Geschäftsverlauf mit der mittlerweile Pleite gegangenen Firma „Sport-Concept“ gestört: Während die einen schon früh vor den Risiken des Geschäftsmodells warnten und Kredite nicht genehmigen wollten, fühlten sich andere zur absoluten Loyalität gegenüber dem Vorstand verpflichtet, der den Geschäftsvorgang lange Zeit befürwortete - sie verschwiegen ihr Unbehagen.

Auch rechtlich wird der Fall die Sparkasse noch lange belasten: Es ermitteln derzeit Insolvenzverwalter, die Bankenaufsicht Bafin, der Sparkassenverband, die für Wirtschaftskriminalität zuständige Staatsanwaltschaft Düsseldorf; es klagt der fristlos entlassene Sparkassen-Chef Karlheinz Merzig gegen seine Kündigung; es fordert der Verwaltungsrat vom Vorstand Schadenersatz wegen groben Fehlverhaltens, weswegen die Haftpflichtversicherung des Vorstandes, die Provinzial, ebenfalls ermittelt, ob sie den Schaden begleichen muss.

Weitere Überprüfung von Krediten angeordnet

Die Bafin hat nun die Überprüfung von 20 weiteren größeren Krediten angeordnet – sie will erforschen, ob die Sparkasse in der Vergangenheit systematisch Risiken von Darlehen unterschätzt und nachlässig gehandhabt hat.

Die Staatsanwaltschaft hat in der Sparkassen-Zentrale Stapel Unterlagen und Dateien mitgenommen – sie ermittelt wegen Untreue gegen Merzig, wegen Betrugs und Insolvenzverschleppung gegen den mutmaßlichen „Sport-Concept“-Hintermann Rolf Hoffmann und gegen den „Sport-Concept“-Geschäftsführer Hartmut Bischofs.

Dabei treffen alle Ermittler auf ein verworrenes Firmen-Geflecht mit hochtrabenden Namen wie „Global Development Corporation GmbH“ und Treuhandverträgen, die nach ersten Erkenntnissen der Ermittler die Aufgabe gehabt haben sollen, die wahren Eigentümer zu verschleiern. Zu erkennen ist nun aber, dass Stefan Hoffmann, der Sohn von Rolf Hoffmann, über Treuhandverträge und über die Firma „Global Development“ 65 Prozent der Anteile gehörten, Friedhelm Denne auf diese Art 5 Prozent besaß und 30 Prozent der Anteile die Familie Bischofs über den Umweg zweier anderer Firmen inne hatte.

Das Geschäftsmodell von „Sport-Concept“ mit rund 40 Mitarbeitern war einfach: Weltweit Turnschuhe und Trikots von Großhändlern günstig einkaufen, diese an Discounter (Lebensmittelhändler) zum Abverkauf an Privatkunden abgeben, die nicht verkaufte Restware zurücknehmen, sie neu zusammenstellen und wieder als Aktionsware über Discounter anbieten.

Rolf Hoffmann trat offiziell nie in Erscheinung, war aber nach Auskunft vieler Quellen der Hauptakteur der Firma, von Geschäftsführer Bischofs als „wichtiger Berater“ bezeichnet. Mit ihm soll der fristlos entlassene Sparkassenchef Karlheinz Merzig hauptsächlich verhandelt haben.

Hoffmann weist eine bewegte Vergangenheit auf: Er ging mit seiner Firma „Sport Hoffmann“ pleite und ist in diesem Zusammenhang 2006 wegen Betrugs zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden.

Lagerbestände als Sicherheit für Großkredit

Als sich der Risikoausschuss 2008 erstmals mit dem seit Ende 2007 über 6 Millionen Euro liegenden Großkredit von „Sport-Concept“ beschäftigte, fragten Mitglieder neben weiteren Punkten auch kritisch nach der Vergangenheit von Hoffmann. Merzig soll entgegnet haben: „Jeder Mann hat eine zweite Chance verdient.“

Als Sicherheit für den Großkredit dienten nur Lagerbestände, nicht aber persönliche Sicherheiten der Eigentümer – das ist nach Darstellung von Bankern für eine GmbH mit einer Haftung von nur 25.000 Euro sehr ungewöhnlich.

Der Risikoausschuss soll dies früh 2008 bemängelt haben, trotzdem änderte sich daran bis zuletzt nichts. Bis März 2011 zeichneten Sparkassen-Vorstand und Risikoausschuss schnell steigende Kreditvolumina ab. Erst bei 17 Millionen Euro wurde die Kreditlinie nicht mehr verlängert.