Essen. Roland Berger sitzt im Fiat-Aufsichtsrat, er hält Kontakt zum Wirtschaftsminister – und Bergers Firma berät GM. Opposition und Gewerkschaften bezweifeln, dass Berger da seine Unabhängigkeit bewahren kann.
Er sitzt im Aufsichtsrat von Fiat. Das nach ihm benannte Beratungsunternehmen beliefert den europäischen Zweig des amerikanischen Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) mit Strategiepapieren und Sanierungskonzepten. Und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wollte ihn als Vermittler in Sachen Opel gewinnen.
Gemeint ist Roland Berger. Kaum jemand in Wirtschaft und Politik ist derart gut vernetzt wie die 71-jährige Beraterlegende. Angesichts der Fülle von Bergers Kontakten lauern Interessenkonflikte – insbesondere beim Themenfeld Opel.
Wie unabhängig kann Berger sein?
Als Fiat-Chef Sergio Marchionne kürzlich der Bundesregierung seine Übernahmepläne für die Traditionsmarke unterbreitete und im Maserati Quattroporte durch Berlin kurvte, war Berger immer mit dabei. Auch wenn Minister Guttenberg an diesem Wochenende zu Gesprächen nach Abu Dhabi reist, fährt Berger mit – ein Indiz dafür, dass es bei Guttenbergs Gesprächen mit den Scheichs auch um Opel gehen wird.
Opposition und Gewerkschafter treibt dagegen die Frage um: Kann Roland Berger mit seinen vielfältigen Verbindungen zu Fiat, GM und der deutschen Regierung überhaupt unabhängig sein?
Der Interessenkonflikt in diesem Fall bekomme „ungeheuerliche Züge”, schimpfte kürzlich der Frankfurter IG Metall-Bezirksleiter Armin Schild, der für die Arbeitnehmerseite im Opel-Aufsichtsrat sitzt.
"Es macht ihm einfach Spaß"
Berger selbst sieht kein Problem. Es gebe schlicht das „Phänomen von Personen, die als Vermittler geeignet erscheinen, die über gewissen Sachverstand in einer bestimmten Materie verfügen und an die man sich deswegen wendet”, zitierte ihn das Wirtschaftsblatt FTD. Er habe sich diese Aufgabe nicht ausgesucht. „Ich werde dafür nicht mal bezahlt, weder von Fiat noch von General Motors noch von der Regierung.”
Doch was sind eigentlich Bergers Beweggründe für einen Beraterjob ohne offiziellen Auftrag? „Es macht ihm einfach Spaß”, sagt jemand, der ihn kennt. „Er reist so viel wie vor zehn Jahren. Von Ruhestand ist wenig zu merken.”
Zu Italien und seinen Unternehmen hat Berger eine enge Bindung. Nach seinem Studium ging Berger nach Mailand zur dortigen Strategieberatungsfirma Gennaro-Boston Associati. Er lernte die italienische Sprache. Ende der 60er Jahre übernahm Berger einen Beratungsauftrag für den Pasta-Hersteller Barilla.
Berater für mehrere Seiten
Bei „Roland Berger Strategy Consultants” fungiert der Unternehmensgründer, der über knapp 3,5 Prozent der Firmenanteile verfügt, noch als Aufsichtsratschef. Diese Funktion hat Berger auch bei der Firma WMP Eurocom, die auch Fiat-Chef Marchionne in Medienbelangen unterstützen soll.
In Bergers Umfeld heißt es, es sei völlig alltäglich, dass Beratungsunternehmen für verschiedene Unternehmen einer Branche arbeiten. Jedenfalls beweist Fiat-Aufsichtsrat Berger bei der Wahl seines Privatautos Unabhängigkeit: Er fährt einen Porsche.