Essen. Weniger Stress, mehr Grün: Eine Studie zeigt, was sich die Deutschen für ihre Städte wünschen. Eine Ruhrgebietsstadt verfehlt knapp die Top 10.

Einzelhändler kämpfen mit der Konjunkturkrise, Ladengeschäfte stehen leer, Experten fordern einen Wandel. Und auch Einwohnerinnen und Einwohner sind mit den Innenstädten des Ruhrgebiets oft unzufrieden. Was helfen kann, zeigt nun die „Deutschlandstudie Innenstadt 2024“.

Das Institut CIMA Beratung+Management GmbH veröffentlicht die Studie bereits zum zweiten Mal in Kooperation mit dem Handelsverband Deutschland (HDE). Befragt wurden bundesweit rund 5000 Bürgerinnen und Bürger zu ihrer Zufriedenheit mit deutschen Innenstädten. Während die Durchschnittsnote ähnlich wie 2022 ausfällt, überrascht 2024 das Ranking der beliebtesten Innenstädte Deutschlands: Eine Ruhrgebietsstadt hat nur knapp die Top 10 verfehlt.

„Eine Schere, die sich auftut“: Mehr gute und mehr schlechte Innenstädte

Nicht gut, nicht mangelhaft, einfach bloß „befriedigend“. So bewerteten die Deutschen laut der „Deutschlandstudie Innenstadt“ schon 2022 ihre Innenstädte, daran hat sich nichts geändert. Allerdings gibt es sowohl von den Innenstädten mit guter bis sehr guter Bewertung als auch von jenen mit Schulnoten 5 oder 6 mehr.

„Wir haben auch hier, wie in unserer Gesellschaft, eine Schere, die sich auftut“, sagt CIMA-Geschäftsführer Roland Wölfel beim Vorstellen der Studie. Städte, die ohnehin besser aufgestellt seien, hätten auch das Potenzial, ihre Innenstädte voranzubringen.

Positive Beispiele im Ruhrgebiet: So kann Innenstadt funktionieren

Aber auch im Ruhrgebiet, wo den Kommunen vergleichsweise geringe finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, gibt es laut Wolfgang Haensch von der CIMA aus Köln positive Beispiele der Innenstadtförderung: Die Neuen Höfe in Herne vereinen etwa Büroräume, Gastronomie, Einzelhandel und Fitnessstudio. Im Husemann Karree in Bochum hat sich die Stadtverwaltung in ähnlicher Manier mit angesiedelt.

Dass das funktioniert, ist kein Zufall: Die „Deutschlandstudie Innenstadt 2024“ zeigt, dass Menschen das Shoppen in der Stadt am häufigsten mit Arbeit verbinden – sie statten ihren Lieblingsläden dann vor oder nach der Arbeit einen Besuch ab. Auf Platz zwei in Verbindung mit Shoppen folgt Gastronomie, dahinter Leute treffen, Bildung (etwa der Schul- oder Unibesuch) und Fitness. Ein multifunktionales Gebäude wie in Herne oder Bochum beherbergt zwar weniger Ladenlokale für den Einzelhandel, fördert jedoch jenen „dynamischen Funktionsmix“, der laut CIMA „Arbeit, Shopping und Genuss vereint“.

Eine Ruhrgebietsstadt verfehlt knapp die Top 10

Doch sind es weder Bochum noch Herne, die es unter die beliebtesten deutschen Innenstädte geschafft haben. Tatsächlich ist es keiner Ruhrgebietsstadt gelungen, unter die Top 10 zu kommen. Nach einer Doppelspitze aus Hamburg und München sowie Berlin auf Platz 2 sind aus Nordrhein-Westfalen Köln auf Platz 3, Düsseldorf auf Platz 4 und erstmals Münster auf Platz 10 vertreten.

Knapp hinter Münster folgt Dortmund jedoch bereits auf Platz 13 der deutschen Innenstädte. Und damit nicht genug: Schon 2022 wurde das Dortmunder Gastronomieprojekt „Geschmackstalente“ im Rahmen des Programms „Stadtimpulse“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen als Best Practice gekürt. Der Dortmunder Wettbewerb sucht nach gastronomischen Nachwuchstalenten und hilft diesen, ihr eigenes Lokal zu gründen.

Die Top 3 Innenstädte des Ruhrgebiets:

Für das Innenstadt-Ranking hat CIMA knapp 5000 Teilnehmende nach ihren liebsten deutschen Städten gefragt. Während 14,1 Prozent der Befragten Hamburg und München nannten und 10,5 Prozent für Berlin stimmten, nimmt die Zahl mit jedem Platz immer weiter ab. Bei den Ruhrgebietsstädten liegen die Stimmen dann schon bei unter 100 Personen.

  • Dortmund: Platz 1 im Ruhrgebiet, bundesweit Platz 13 mit 1,7 Prozent der Stimmen
  • Essen: Platz 2 im Ruhrgebiet, bundesweit Platz 15 mit 1,2 Prozent der Stimmen
  • Bochum: Platz 3 im Ruhrgebiet, bundesweit Platz 35 mit 0,4 Prozent der Stimmen

Ruhrgebiet: Gute Innenstädte für Einheimische und Besucher, für jung und alt

Mit guten Innenstädten, verdeutlicht CIMA, könnten Ruhrgebietsstädte nicht nur die eigenen Einwohnerinnen und Einwohner anlocken, sondern auch Touristen, die von außerhalb kommen. Den Ergebnissen der Umfrage zufolge zieht es zwei Drittel der Deutschen während ihres Urlaubs in Innenstädte, etwa zum Essen und Kaffee trinken, sich dort aufzuhalten oder einzukaufen.

Darüber hinaus sollten erfolgreiche Innenstadt-Konzepte auch generationenübergreifend funktionieren. Denn während Menschen im Alter von 15 bis 19 Jahren die City neben einem Ort für den Einkauf vor allem als Treffpunkt nutzen – also auf eine hohe Aufenthaltsqualität abseits von Geschäften angewiesen sind –, besuchen Menschen über 65 Jahre gern Restaurants und Cafés.

Stressfreiere und grünere Innenstädte im Ruhrgebiet

Generell wünschen sich die Deutschen stressfreiere und grünere Innenstädte. „Alles, was stresst, muss aus den Innenstädten verschwinden“, fasst es Roland Wölfel während der Pressekonferenz zur „Deutschlandstudie Innenstadt 2024“ zusammen. Dazu gehört laut Studie zu viel Gewusel, zu wenig Auswahl und eine schlechte Parksituation.

Noch dringender als Parkplätze wünschen sich die Menschen laut der Umfrage jedoch bessere Fußwege und bezahlbare ÖPNV-Anbindungen. Parkplätze und Straßenausbau für bessere Autowege zur Innenstadt stehen hintenan. Das deckt sich mit der realen Anreise in die Innenstadt: Autos werden heute seltener genutzt als noch vor zwei Jahren. Zugenommen hat jedoch nicht etwa die ÖPNV-Nutzung, sondern der Fuß- und Radverkehr.

Für einen angenehmeren Aufenthalt wünschen sich Besucher außerdem eine grünere Stadt: Besonders beliebt sind laut Umfrage grüne Klimaoasen, Stadtbäume und im Sommer der Schatten, den sie spenden.

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