Dortmund. Der Autoverkehr hat fast im gesamten Dortmunder Stadtgebiet abgenommen. Das soll sich künftig stärker auf den Fahrrad- und Nahverkehr auswirken.

Das Minus ist deutlich: um zwölf Prozent ist der motorisierte Verkehr in Dortmund zurückgegangen, in der Innenstadt sogar noch stärker. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Stadt. Kommt diese Entwicklung überraschend? Und was könnte sie für die künftige Verkehrsplanung bedeuten?

Im Abstand weniger Jahre hat die Verwaltung den Verkehr zählen lassen – zuletzt im April und Mai 2023. In die jetzt veröffentlichte Statistik sind Daten von mehr als 100 Knotenpunkten im gesamten Stadtgebiet eingeflossen.

Verkehr in Dortmund: Vor allem in der Innenstadt fahren weniger Autos

Das Ergebnis in Kürze: Das Verkehrsaufkommen soll auf dem Wall und in dessen direkter Umgebung seit 2016 um 14 Prozent gesunken sein. Das entspräche einem Rückgang um 5800 Fahrzeuge pro Tag. Abseits des Wallrings kommt die Stadt auf ein Minus von acht Prozent. Das Gesamtergebnis von minus zwölf Prozent ergibt sich aus dem Umstand, dass sich mehr als die Hälfte der betrachteten Knotenpunkte in der Innenstadt befanden.

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Stellenweise waren jedoch auch mehr Fahrzeuge unterwegs als bei vorangegangenen Zählungen. Ein Beispiel ist der Bereich rund um die Gneisenauallee in Derne mit Zunahmen um mehr als 20 Prozent. Die Fachleute im Rathaus begründen dies mit dem wachsenden Gewerbegebiet, aber auch dem Vollanschluss der A2 im Jahr 2022 in Lünen-Nord.

Gestiegen sei das Verkehrsaufkommen außerdem am Stadtrand von Nette oder rund um das Gewerbegebiet auf Phoenix-West. Dennoch habe die gezählte Verkehrsmenge auch in den Außenbezirken tendenziell abgenommen.

Homeoffice und Trend zu Onlinekäufen sorgen für weniger Verkehr

Wie ist diese Entwicklung zu erklären? Die Stadt vermutet als Ursachen insbesondere den Trend zum Homeoffice, der die Corona-Pandemie überdauert hat, aber auch Zuwächse beim Fahrradverkehr.

Die Stadt Dortmund hat einen Rückgang des Verkehrs auf ihren Straßen um insgesamt zwölf Prozent festgestellt.
Die Stadt Dortmund hat einen Rückgang des Verkehrs auf ihren Straßen um insgesamt zwölf Prozent festgestellt. © Funke Medien NRW | Christian Schmitt

Christian Bexen von der Dortmunder „Planersocietät“ teilt diese Einschätzung. „Die Homeoffice-Quote im Dienstleistungsbereich macht ernorm viel aus“, so der Mobilitätsexperte. Aber auch der Trend zu Onlinekäufen beim täglichen Bedarf trage dazu bei. Der erzeuge zwar neue Lieferverkehre, hole andere aber wiederum von der Straße.

Zu den Gründen zählt Christian Bexen außerdem das steigende Umweltbewusstsein in der Bevölkerung, bessere Angebote für Bus und Bahn – etwa das Deutschlandticket –, mehr Sicherheit auf Radwegen sowie Sharingangebote.

Verkehrsexperte: Mobiliätswende ist ein langer Prozess

Die Planersocietät hat sich auf Verkehrsentwicklung spezialisiert, berät bundesweit Städte bei der Mobilitätswende. Überrascht ist Christian Bexen von den Ergebnissen der Analyse nicht, sieht Dortmund vielmehr im Trend liegen: „Wir sehen auch in anderen Städten, dass die Zahlen stagnieren oder leicht zurückgehen.“

Der Rückgang um zwölf Prozent sei jedenfalls „ein guter Wert“, zumal die mit der Mobilitätswende verknüpften Ziele viel Zeit benötigten: „Es kann mehrere Jahre dauern, bis Menschen ein neues Angebot wahrnehmen und sich Effekte bemerkbar machen.“

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Und wie steht Dortmund im Vergleich zu anderen Orten da? Mit Vergleichen tue er sich schwer, sagt Christian Bexen. „Ein so umfangreiches Monitoring wie Dortmund haben viele Städte gar nicht.“ Auch die Stadt selbst weist in ihrer Analyse auf begrenzte Vergleichsmöglichkeiten hin.

Radfahrer sehen Dortmunds Verkehrspolitik kritisch

Werner Blanke vom ADFC dagegen hat solche Zahlen nicht erwartet: „Ich habe eher den Eindruck, dass es nach Corona auf den Straßen wieder voller geworden ist“, so der Ehrenvorsitzende des Dortmunder Kreisverbands. Doch die Analyse der Stadt sei schlüssig.

„Vielleicht motiviert das die Verwaltung zu Schritten, denen sie sich bislang verweigert hat“, hofft der Fahrradaktivist jetzt. Denn zufrieden mit Dortmunds Verkehrspolitik ist Blanke nicht. Als Beispiel nennt er die vom ADFC lange geforderte Wegnahme einer Fahrspur auf der Märkischen Straße zugunsten des Radverkehrs.

Autos, Fußgänger und Radfahrer.
Der ADFC hält die Radwege in Dortmund für längst nicht sicher genug. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Viele Radfahrer haben Angst“, sagt Werner Blanke und spricht von „Pseudo-Radwegen“ – oft zu schmal und gerade an Kreuzungen schlecht in die Gesamtverkehrsführung integriert. Bestätigt sieht er seine Enschätzung durch den „Fahrradklima-Test“ des ADFC, in dem Dortmund im Vorjahr auf dem vorletzten Platz landete.

Stadt Dortmund will klimafreundliche Mobilität weiter fördern

Auch beim Nahverkehr besteht für Blanke noch Nachholfbedarf, gerade am Wochenende in den frühen Morgenstunden – „das ist nicht großstadtgerecht“. Die Investitionen in diesem Bereich nehme er aber durchaus zur Kenntnis.

Das Fazit der städtischen Verkehrsanalyse könnte ihm jedenfalls Anlass zur Hoffnung sein. Durch den Rückgang des Verkehrs erhöhe sich „der Spielraum, Änderungen von Straßenräumen zu Gunsten des Radverkehrs und des ÖPNV vorzunehmen“. Dieser Trend solle fortgesetzt und klimafreundliche Mobilität weiter gefördert werden, heißt es am Ende des achtseitigen Dokuments.