Bochum. Die Innenstadt verliert ein weiteres Fachgeschäft. Die Warnung der Inhaberin ist drastisch. Vor allem für eine Gruppe müsse mehr getan werden.
In der Bochumer City gibt ein weiteres inhabergeführtes Fachgeschäft auf. Nach mehr als 40 Jahren schließt das Wohnstudio van der Vis an der Grabenstraße. „Sehen wir es realistisch: Die Innenstadt stirbt“, sagt Tine van der Vis.
Nach 43 Jahren ist Schluss: Pächter in der Innenstadt geben auf
43 Jahre ist die Junior-Chefin. Exakt so alt wie das Geschäft, das ihre Mutter Inge 1981 in der Sparkassen-Galerie am Dr.-Ruer-Platz eröffnete (heute Amplifon Hörgeräte). 1998 erfolgte der Umzug in das benachbarte Ladenlokal unterhalb der Sparkassen-Hauptstelle.
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Die Stammkunden folgten gern. Als „Modell Frauenglück und Männerschreck“ beschreibt Tine van Vis das hochwertige Sortiment. Marken-Porzellan, Bekleidung, Schmuck, Deko aller Art und manches mehr: „alles, was man nicht unbedingt braucht, aber Spaß macht.“
Händlerin: Gerade für Familien muss mehr getan werden
Spaß hätten der Familie die vergangenen Jahre nur noch bedingt bereitet, konstatiert Tine van der Vis, die seit 2005 im Wohnstudio tätig ist. Personal zu finden, sei zuletzt „unmöglich“ geworden. Die Umsätze seien stetig gesunken.
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Ein Problem, das sie auch auf den Zustand der Bochumer Innenstadt zurückführt. Deren Zugkraft, gerade bei jüngeren Kundinnen und Kunden, habe massiv nachgelassen. Das neue Husemann-Karree werde daran aller Voraussicht nach nichts ändern. „Immer häufiger höre ich: ,Wir kaufen lieber im Ruhrpark ein.‘“ Die Entwicklung sei bedrohlich, warnt die Mutter zweier Kinder (drei und sechs Jahre) und mahnt Verbesserungen insbesondere für Familien an. Die Einkaufsmöglichkeiten und der Service in der City seien für diese wichtige Zielgruppe „miserabel“.
Teile des Sortiments werden künftig bei den „Jungs“ angeboten
Für ihr Geschäft sieht Tine van der Vis keine Zukunft mehr. Mutter Inge geht mit 67 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand. Anlass für die Familie, die Grabenstraße zu verlassen. Seit Jahresbeginn läuft der Räumungsverkauf mit reduzierten Preisen. Traurig, mitunter schockiert seien viele Kundinnen und Kunden, berichtet Tine van der Vis. „Einige haben Tränen in den Augen und sind betrübt. Alle sind betrübt, dass wieder ein alteingesessener Laden verschwindet.“
Am 27. April ist der letzte Verkaufstag. Die Sparkasse werde das 200 Quadratmeter große Ladenlokal künftig selbst nutzen, bestätigt eine Sprecherin auf WAZ-Anfrage. An einem Konzept werde derzeit gearbeitet.
Tine van der Vis und Teile des Sortiments bleiben der Bochumer City erhalten. Die 43-Jährige wechselt zu ihrem Stiefvater Guido Wallek (53), der am Hellweg mit zwei Geschäftspartnern das Sportswear-Fachgeschäft „Die Jungs“ betreibt. Künftig werden die „Jungs“ auch Porzellan, Lampen und weiteres Wohn-Accessoires anbieten. Tine van der Vis wird mit im Verkauf tätig sein.
Wirtschaftsentwicklung: Leerstände bewegen sich im normalen Rahmen
Die Bochumer Wirtschaftsentwicklung (WEG) hat der Darstellung einer Niedergangs der Innenstadt zuletzt immer wieder vehement widersprochen. Aktuell seien 60 Einzelhandelsflächen nicht vermietet. Das bewege sich im Rahmen, sagt WEG-Citymanager Jürgen Knoth. Mit einer Leerstandsquote zwischen sechs und sieben Prozent stünde Bochum im Vergleich zu vielen anderen Städten in Nordrhein-Westfalen gut da.
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Sowohl für Einzelhändler als auch für Gastronomen sei 2023 ein schwieriges wirtschaftliches Jahr gewesen. Dennoch: „Wir halten seit drei Jahren unsere Zahl von knapp 60 Leerständen“, so Knoth. Insgesamt verfüge die Innenstadt über fast 900 Ladenlokale inklusive Nebenlagen.