Essen. Thomas Middelhoff holt seine Vergangenheit ein. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt gegen den ehemaligen Arcandor-Chef wegen des Verdachts der Untreue. Middelhoff soll von Immobiliengeschäften des Konzerns persönlich profitiert haben.
Wegen des Verdachts der Untreue hat die Essener Staatsanwaltschaft ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen den einstigen Top-Manager Arcandor-Chef Thomas Middelhoff eingeleitet, wie eine Sprecherin der Anklagebehörde am Freitag mitteilte. Hintergrund sind Beteiligungen Middelhoffs und seiner Ehefrau an Immobilienfonds, die Gebäude zu außergewöhnlich hohen Mieten an den zu Arcandor gehörenden Karstadt-Konzern verpachtet haben sollen.
Die Staatsanwaltschaft hatte bereits Anfang der Woche wegen des Untreue-Verdachts Vorermittlungen gegen den 56-Jährigen aufgenommen. Ausgelöst worden waren die Untersuchungen durch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die in einem Brief an ihre nordrhein-westfälische Ressortkollegin Roswitha Müller-Piepenkötter eine juristische Prüfung über die Immobiliengeschäfte Middelhoffs verlangte. Das Düsseldorfer Justizministerium hatte daraufhin die zuständige Staatsanwaltschaft in Essen eingeschaltet.
Middelhoff hat Interessenskonflikte stets bestritten
Nach einer erneuten Prüfung gehe man nun davon aus, dass das Schreiben nicht nur als Anregung, sondern als Strafanzeige zu bewerten sei, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Dies habe die Eröffnung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens nötig gemacht. Neue Erkenntnisse bezüglich des Sachverhalts gebe es nicht. Wann es bei dem Verfahren zu einem Abschluss komme, sei noch unklar.
Middelhoff hatte sich schon vor seiner Berufung an die Spitze des inzwischen insolventen Essener Touristik- und Handelskonzerns an den Immobilienfonds beteiligt. Um die erdrückende Schuldenlast Arcandors abzubauen, hatte er die Immobilien des Unternehmens verkauft, einige kauften die Fonds. Interessenkonflikte hatte Middelhoff stets bestritten und beteuert, im Zweifel habe immer Arcandor Vorrang.
Die Vorermittlungen hatte Middelhoff begrüßt. Die Untersuchung würde «den jetzt aus der Anonymität heraus vorgetragenen Angriffen den Boden entziehen», hatte er laut einem Bericht erklärt. Tatsächlich ist der Vorgang seit Jahren bekannt und beschäftigte wiederholt die Hauptversammlungen des Unternehmens.
Auch gegen Eick wird ermittelt
Middelhoff hatte 2005 die Führung von Arcandor - damals noch KarstadtQuelle - übernommen. Im März 2009 wurde er von dem früheren Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick abgelöst. Gegen Eick ermittelt die Essener Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung. Auslöser war die Strafanzeige eines Privatmanns gegen den Manager. Allerdings beruhe die Anzeige lediglich auf Zeitungsartikeln zur Krise des Essener Touristik- und Handelskonzerns. In dieser Sache werde man abwarten, bis sich der vorläufige Insolvenzverwalter einen Überblick über das Unternehmen gemacht habe, erklärte die Sprecherin.
Arcandor hatte am Dienstag Insolvenz anmelden müssen, nachdem die Bundesregierung Staatshilfen für den maroden Konzern abgelehnt hatte. Betroffen sind insgesamt 43.000 Arbeitsplätze beim Mutterkonzern, aber auch bei den Tochterunternehmen Karstadt und Quelle. (ap)
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