Dortmund. Dortmunds OB Westphal kämpft wie schon 2020 für den Erhalt von Karstadt. Betriebsrat kritisiert Hinhaltetaktik von Galeria und der Sanierer.

Mit großer Sorge blicken die 17.400 Beschäftigten der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof auf die kommende Woche. Dann sollen nach Informationen des Gesamtbetriebsrats der Insolvenzplan im Ende Januar auslaufenden Schutzschirmverfahren und die Liste der Filialen präsentiert werden, die Sanierer Arndt Geiwitz schließen will. Am Mittwoch haben sie in Dortmund damit begonnen, Unterschriften für den Erhalt von Karstadt auf dem Westenhellweg zu sammeln.

Oberbürgermeister Thomas Westphal lässt es sich an diesem verregneten Morgen nicht nehmen, als erster seinen Namen auf die Liste zu setzen. Der SPD-Politiker weiß um die Bedeutung von Galeria für seine Innenstadt. „Die Dortmunder hängen an ihrem Karstadt-Gebäude. Unser klares Ziel ist der Erhalt des Warenhauses“, sagt Westphal nach einer Sitzung des Runden Tisches. Eingeladen hatte er Bundestagsabgeordnete, Gewerkschafter, Betriebsräte und Handelsvertreter.

Betriebsrat befürchtet Schließung von 90 Filialen

Westphal ist davon überzeugt, dass Dortmund gute Karten hat. Die Galeria-Filiale am Westenhellweg gehöre zu den 20 umsatzstärksten unter den bundesweit 131 Häusern. „Im Weihnachtsgeschäft lag Dortmund sogar vorn“, weiß der Oberbürgermeister. Das Konzept Warenhaus hat nach seiner festen Überzeugung Zukunft. „Dafür brauchen wir aber nicht nur eine Reduzierung der Kosten. Die Kunden müssen auch gern im Warenhaus einkaufen“, reagiert Westphal auf Informationen des Betriebsrats, der die Schließung von bis zu 90 Galeria-Filialen und die Streichung Tausender Arbeitsplätze befürchtet.

Das passt zu Informationen des Handelsblatts, denen zufolge es im Insolvenzplan nur für 40 Filialen eine Bestandsgarantie geben solle. Bei einigen weiteren hänge das Überleben an den laufenden Mietverhandlungen, die anderen sollen an Interessenten abgegeben oder geschlossen werden. Galeria-Chef Miguel Müllenbach hatte bereits Ede Oktober in einem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angekündigt, dass es dabei auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen werde.

Der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal hat zum Erhalt von Galeria einen Runden Tisch einberufen.
Der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal hat zum Erhalt von Galeria einen Runden Tisch einberufen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Ein großer Kostenfaktor sind für die Essener Warenhauskette die Mieten, über die gerade bundesweit verhandelt wird. In Dortmund scheint das Thema einen besonderen Stellenwert zu haben. „Wir haben hier eine sehr, sehr hohe Miete. Sie ist unser Hauptproblem“, sagt der Dortmunder Betriebsratsvorsitzende Joffrey-Marc Kallweit, der die Summe kennt, aber nicht öffentlich darüber reden darf. Ob sich die Eigentümer der mehrfach sanierten Warenhaus-Immobilie in bester City-Lage zu einem spürbaren Mietnachlass bewegen lassen, ist unbekannt. Die Dortmunder Wirtschaftsförderin Heike Marzen erklärt, dass es schwer sei, mit der Eigentümergemeinschaft, die über einen Fonds in Luxemburg gemanagt werde, ins Gespräch zu kommen. „Die Eigentümerstruktur ist weit verästelt“, sagt sie.

Ohne Karstadt würden der City Sortimente fehlen

Marzen, die vor ihrem Wechsel nach Dortmund das Mülheimer Rhein-Ruhr-Zentrum geleitet hatte und als ausgewiesene Kennerin des Einzelhandels gilt, sorgt sich um die Innenstadt, sollte Galeria aus Dortmund verschwinden. „Uns würden Sortimente fehlen, die es bislang nur bei Karstadt gab“, sagt sie und bedauert, dass das Warenhaus beim Personal so sehr gespart habe.

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Das kann der Betriebsratschef nur bestätigen. Bei der letzten Krise 2020 arbeiteten noch mehr als 250 Menschen bei Galeria in Dortmund. Bis Ende des 2022 seien es 184 gewesen und inzwischen nur noch 164, berichtet Kallweit. „Viele Kolleginnen und Kollegen sind wegen der unsicheren Lage gegangen“, nennt der Betriebsrat den Grund und nimmt kein Blatt vor den Mund: „Wir gehen auf dem Zahnfleisch. Die Situation ist sehr belastend. Wir wissen nicht, ob wir auf der Schließungsliste stehen werden.“

Mülheimer Betriebsrat: Einige halten den Druck nicht aus

Auch bei Galeria in Mülheim beobachtet Betriebsratsvorsitzende Andrea Grisail, dass zahlreiche Beschäftigte kündigen. „Einige halten den Druck nicht mehr aus und kündigen. Einige sind auch krank geworden, weil sie die psychische Belastung nicht mehr ertragen können“, sagt sie.

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In der nächsten Woche könnte es mehr Klarheit geben. Nach Informationen unserer Redaktion tagt am 18. Januar der Aufsichtsrat. Es wird erwartet, dass Sanierer Geiwitz dann über die Verhandlungsergebnisse mit Vermietern und Lieferanten berichten wird. Bis zum 30. Januar hat er Zeit, seinen Insolvenzplan vorzulegen. Zu den Gläubigern gehören freilich auch die 17.400 Beschäftigten. Für Gerd Löbke, Mitglied der Verdi-Bundestarifkommission, ist es der sechste Sanierungstarifvertrag, den er erst bei Karstadt und nach der Fusion mit Kaufhof bei Galeria auszuhandeln hat. „Es ist uns bislang nicht gelungen, den Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zu bekommen“, beklagt der Gewerkschafter. „Wir haben keine Zahlen und keine Informationen.“

Verdi kritisiert Eigentümer Benko als „knallhart“

Michael Kötzing, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Westfalen, spricht von einer „Hinhaltetaktik“. Der Galeria-Eigner René Benko versuche „knallhart“, im Schutzschirmverfahren das Beste für sich herauszuholen und etwa bei den Vermietern „jeden Euro herauszupressen“. Ein Zukunftskonzept für Galeria, so Kötzing, kenne man bis heute nicht.

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Doch genau das fordert der Runde Tisch in Dortmund ein. Oberbürgermeister Westphal kündigt an, dass das Gremium auch weiter für den Erhalt des Warenhauses kämpfen werde, sollte Dortmund auf der Schließungsliste bleiben. Im Insolvenzverfahren 2020 hatten sie mit dieser Strategie Erfolg: Karstadt in Dortmund und das Sporthaus konnten vor der Schließung bewahrt werden. Nur der Kaufhof ist seither aus dem Stadtbild verschwunden.